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Olivia öffnete stöhnend ihre Augen und schloss sie direkt wieder. Es war viel zu hell. Ihr Kopf schmerzte und jedes Geräusch um sie herum dröhnte in ihren Ohren. Sie stöhnte und wappnete sich für einen zweiten Versuch, sich umzusehen.

Sie lag nicht in ihrem Schlafsaal. Blinzelnd drehte sie ihren Kopf langsam zur anderen Seite. Ihrem Magen, der sich anfühlte, als würde er flüssiges Blei in sich herumtragen, traute sie keine schnellere Bewegung zu.

Die Vorhänge an den beiden Betten im Raum waren grün. Wie war sie nur in einem Slytherin-Schlafsaal gelandet?

„Na, Schlafmütze? Wie geht es dir an diesem wunderschönen Morgen?", ertönte da eine amüsierte, viel zu gutgelaunte Stimme neben ihr.

Olivia fuhr erschrocken herum, was sowohl in ihrem Magen, als auch in ihrem Kopf gleichermaßen unangenehme Empfindungen auslöste.
Sebastian grinste auf sie herab. Er trug nicht seine Schuluniform, sondern lediglich eine leichte Leinenhose und ein weißes Shirt. Olivia musste zugeben, dass er überaus attraktiv aussah. Und um einiges frischer, als sie sich fühlte. Ihr kam es vor, als hätte sie der Krake verschluckt, zerkaut und wieder ausgespuckt.

„Wieso habe ich hier übernachtet?", sagte sie monoton und versuchte vorsichtig, sich aufzurichten.

Sebastian lachte fröhlich.

„Wenn du jetzt wirklich sagen willst, dass du dich an gar nichts von gestern erinnerst, bin ich aber gekränkt", sagte er in gespielt verletztem Ton.

Olivia runzelte verwirrt die Stirn und versuchte, verschwommene Erinnerungen von gestern zu sortieren.

Sie wurde von der Türklinke abgelenkt, die langsam heruntergedrückt wurde. Fast öffnete sich die Tür und Ominis betrat den Raum. Er versuchte offensichtlich, so leise wie möglich zu sein. In der Hand hielt er ein Zaubertrankfläschchen und Olivia hoffte inständig, dass darin das war, was sie sich wünschte.

„Du musst nicht leise sein, unsere verkaterte Freundin ist grade aufgewacht", sagte Sebastian immer noch grinsend.

„Oh", sagte Ominis und stand einen Moment unschlüssig im Raum, bevor er zu ihrer Matratze trat und sich neben sie kniete. Olivia bemerkte säuerlich, dass auch um Ominis Mund ein leichtes Schmunzeln spielte. War sie wirklich so betrunken gewesen? Nun – ihrem Kater nach wohl schon. Sie sah Ominis an, dessen Gesicht immer so viel zugänglicher und noch viel schöner wirkte, wenn er lächelte.

„Ich schätze, ich hab hier etwas für dich, was du brauchen könntest?", sagte er belustigt und lachte schnaubend auf, als Olivia ihm den Anti-Kater-Zaubertrank aus den Händen riss und ihn in einem Zug herunterstürzte.

„Ganz wie gestern", konnte Sebastian sich einen Kommentar nicht verkneifen und Olivia schaute ihn böse an, während sie wartete, dass die Wirkung des Tranks einsetzte.

Als die Kopfschmerzen und die Übelkeit sich langsam verflogen hatten, seufzte Olivia erleichtert auf. Ominis war aufgestanden und zu seinem Bett gegangen. Sie betrachtete, wie er sich setzte und erinnerte sich mit einem Mal an gestern Nacht. Kurz bevor sie sich hingelegt hatte, hatte Ominis genauso ausgesehen. Als würde er in den Raum hinein horchen, um zu spüren, was Sebastian und Olivia als nächstes tun würden.

Mit dieser Erinnerung kamen alle anderen von der gestrigen Party zurück. Das Tanzen, das Spiel, Raphaels dämliche Aufgabe. Sebastian, der ihr seine Gefühle offenbarte. Die Entschuldigung, die sich so gewünscht hatte. Und Sebastian, der sich ihr langsam näherte.

Im Schatten der BlutlinieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt