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Sebastians POV

Sebastian ließ sich nachdenklich auf das Sofa in der Krypta fallen. Als er vor einigen Minuten hier hergekommen war, war er, anders als die bisherigen Samstage, guter Laune gewesen.

Normalerweise lagen ihm die Besuche bei Anne schwer auf seiner Schulter, aber der gestrige Tag hatte ihm neue Hoffnung gegeben. 

Nun wussten sie mit Sicherheit, dass es sich bei dem Fluch um Alte Magie handelte und Olivia konnte Rat bei den Hütern einholen. Und dass er nicht länger als Verdächtiger im Todesfall seines Onkels galt, war zudem enorm erleichternd. 

Er hatte sich auf das Treffen in der Krypta gefreut, da sie endlich neue Informationen hatten, doch sobald er Ominis Gesicht gesehen hatte, wusste er, dass etwas weniger Erfreuliches geschehen war. 

Sein bester Freund sah so bekümmert und verzweifelt aus, dass er im ersten Moment das schlimmste befürchtet hatte, doch Ominis versicherte ihm schnell, dass Olivia nichts geschehen war.

Als Ominis seinen Bericht beendet und ihn direkt gebeten hatte, ein Auge auf Olivia zu haben, war Sebastian zugegebenermaßen erleichtert. Natürlich wusste er, dass mit Vibianus nicht zu spaßen war, aber er war sich sicher, dass Olivia nichts passieren würde. 

Sebastian kannte Ominis Furcht vor seinem Vater, schließlich hatte er ihm von den Folterflüchen erzählt, die er nicht nur einstecken, sondern auch ausführen musste. Dennoch ahnte Sebastian, dass Ominis ihm längst nicht alles erzählt hatte. 

„Verstehst du, wie wichtig es ist, dass sie sicher ist? Ich werde mich von ihr fernhalten müssen, damit mein Vater nicht noch aufmerksamer auf sie wird, aber du bist da, oder? Du wirst auf sie aufpassen?", fragte Ominis drängend, weil Sebastian sich bisher nicht zu seinem Plan geäußert hatte. 

Sebastian sah auf Ominis, der nicht nur besorgt, sondern regelrecht niedergeschlagen aussah, und wollte ihm gerade versichern, dass er auf ihn zählen konnte, als die Tür zur Krypta aufging. 

Als Sebastian Olivia sah, schrak er überrascht zurück. Sie sah aus, als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Ihr Gesicht war verquollen und die Haare hingen wirr und ungekämmt an ihr herunter. Ohne ein Wort lief sie zum Tisch und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen ihn. 

„Wow, hey Olivia. Ist alles in Ordnung bei dir?", fragte Sebastian unsicher. 

„Ja. Alles super, wieso auch nicht?", erwiderte sie unwirsch, „Mein persönlicher Beschützer ist ja jetzt Gott sei Dank bei mir"

Sebastian spitzte peinlich berührt die Lippen und schielte unwohl zu Ominis. Er hatte tatsächlich befürchtet, dass Olivia sich von dem Plan bevormundet fühlen würde. 

Ominis schwieg ebenso wie Sebastian, doch er schien keineswegs befangen, sondern schüttelte nachdrücklich den Kopf. 

„Ich frage mich, wie ich Rookwood und Harlow und – ach ja – den verdammten Ranrok besiegt habe, obwohl ich keinen Babysitter hatte, aber naja...", giftete Olivia weiter und Sebastian war heilfroh, dass ihre Worte eindeutig an Ominis und nicht gegen ihn gerichtet waren. Er konnte sich angenehmeres vorstellen, als sich der wütenden Olivia zu stellen. Sollte Ominis seine Idee verteidigen, schließlich kam sie ja auch von ihm. 

„Mein Vater und seine Leute sind mindestens genauso gefährlich für dich. Wenn nicht sogar gefährlicher", sagte Ominis leise und ließ sich nicht zu einem ebenso emotionalen Tonfall hinreißen. 

Olivia schnaubte ungläubig.
Bevor Olivia erneut auf Ominis losgehen konnte, entschied Sebastian, seinem Freund beizustehen. 

„Weißt du was, Olivia, ich denke, Ominis könnte Recht haben", sagte er vorsichtig und fuhr trotz dem tödlichen Blick, den sie ihm zuwarf, tapfer fort, „Als ich gestern mit Anne im Ministerium war, habe ich ihn gesehen. Vibianus. Er kam zu mir und hat gefragt, wie es dir ging. Er hätte gerade noch mit einigen Leuten über dich gesprochen"

Im Schatten der BlutlinieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt