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Olivia schlug die Augen auf und keuchte. Ihr Körper stieß Adrenalin aus, bevor sie sich orientiert hatte. Sie starrte auf die Decke über sich und erinnerte sich, woher ihr Entsetzen kam.

Vibianus Gaunt hatte angewiesen, sie zu verletzen und dann... dann hatte er Ominis gefoltert, direkt vor ihren Augen. Blankes Entsetzen rollte über sie. Seine Schreie. Er war so lange gefoltert worden.

Eine warme Hand legte sich auf ihre und sie senkte ihren Blick auf die Person, die links neben ihr saß.
Vor Erleichterung stiegen ihr Tränen in die Augen. Es war Ominis. Ihm gegenüber auf ihrer anderen Seite saß Sebastian, der sie besorgt ansah und ihre Hand nach wie vor festhielt.
Olivia schniefte und die Anspannung verließ ihren Körper. Sie hatten es geschafft. Sebastian hatte sie irgendwie rausgebracht.

Vage erinnerte sie sich daran, wie sie in seinen Armen gelegen hatte, während er durch Hogwarts gerannt war.

Ihr Blick glitt wieder zu Ominis. Bedeutete das, dass er nach seiner unendlich langen Folter ganz allein hier her gekommen war? Er war weiß wie ein Blatt und seine Hände, die er neben ihr auf der Matratze ineinander verschlang, zitterten unkontrolliert.

Olivia streckte ihre freie Hand auf und legte sie auf Ominis bebende Finger. Unwillkürlich umfasste er ihre Hand und das Zittern wurde weniger.

„Ominis... dein Vater...", sagte Olivia mit erstickter Stimme.
Ominis ließ den Kopf hängen.
„Ich weiß", sagte er und klang so schuldbewusst, dass sich Olivias Herz vor Mitleid zusammenzog, „Es tut mir so leid, Olivia. Es war meine Schuld. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass..."

„Nein", unterbrach sie ihn bestimmt, „das meine ich nicht. Was er dir angetan hat... Ominis... Es tut mir so schrecklich leid"

Ominis klammerte sich fester an Olivias Hand. Dann sagte er mit bitterer Stimme: „Das ist nichts, was ich nicht schon öfter erlebt hätte. Mach dir bitte keine Sorgen."
Olivia wollte Ominis einfach nur in den Arm nehmen. Niemand sollte von so etwas sprechen, als wäre es normal.

„Wie geht es dir, Olivia?", fragte da Sebastian laut und sie spürte voller Bedauern, wie Ominis den Griff um ihre Hand löste.
„Ging mir schon besser... aber auch schon schlechter", antwortete sie und ihr gelang ein kleines Lächeln, „Schade nur, dass wir es nicht geschafft haben, die Informationen zu bekommen, wegen denen wir überhaupt aufgebrochen sind", sagte sie bedauernd.

Statt ihr zuzustimmen, grinste Sebastian und Olivias Augen wurden groß.
„Du hast sie bekommen? Das ist ja wenigstens eine gute Nachricht!", rief sie freudig aus und bemerkte irritiert, dass Ominis finster schnaubte.

Fragend sah sie auf Sebastian, der leicht die Schultern zuckte. Er zeigte immer noch sein charmantes Lächeln, doch darunter meinte Olivia, Sorge und... Schuld zu entdecken?

Plötzlich fiel ihr Vibianus Gespräch mit Sebastian ein. Natürlich, die Untersuchung zu Solomons Tod. Sebastian musste eine riesige Angst haben. Sie suchte gerade nach den richtigen Worten, um Sebastian zu beruhigen, da erhob sich Ominis.

„Ich denke, du solltest dich jetzt ausruhen. Es ist spät."
Olivia vergaß, was sie sagen wollte und ein eigentümliches Gefühl von Verlust durchströmte sie. Sie wollte nicht, dass Ominis ging. Jetzt, in diesem Moment brauchte sie ihn in ihrer Nähe.

„Nein!", sagte sie eine Spur zu laut und Ominis blieb überrascht stehen, „Bitte geh nicht"
Zu ihrem Entsetzen stand auch Sebastian auf, ließ ihre Hand los und strich ihr sanft über die Haare.

„Er hat Recht, du musst dich ausruhen. Wir treffen uns morgen in der Krypta"
Olivia sah hilflos zu, wie Ominis gefolgt von Sebastian den Krankenflügel verließ.
„Nicht gehen", flüsterte sie noch einmal, als sie schon längst allein in dem riesigen Raum lag. Einige Minuten später war sie tief und fest eingeschlafen.

Im Schatten der BlutlinieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt