XLIX - Seeing the misery

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Chan Pov

Immer länger wurden meine Schritte und mein Körper war zum Zerreißen gespannt. Ich hatte schon fast Angst umzuknicken, doch diese Emotion trieb mich auch weiter. Das Wehklagen wurde lauter, plötzlich vernahm ich eine Bewegung im Augenwinkel und schnellte herum. Und dann sah ich ihn. Meine zitternde Hand fand die Zellentür und riss diese auf, sie war nicht einmal verschlossen.

Panisch eilte ich zu Felix, der am Boden lag, ein anderer Junge über ihn gebeugt. Er schien ihn wohl zu beruhigen, während mein Junge immer wieder schmerzverzerrte Laute von sich gab. Neben ihm fiel ich auf die Knie und zog ihn an meine Brust, drückte ihm meine Lippen auf. Mein Blick huschte über seine kurz über seinen Körper und das was ich sah, brachte mich zum Rasen. Doch ich bemerkte, wie schlecht es war zu warten.

Mit Leichtigkeit hob ihm hoch und packte das Handgelenk des anderen Sklaven. Was hier gefangen war würde ich retten, sie beide hatten es nicht verdient hier zu sein. Ich wollte sie nicht zurücklassen.

Verloren stolperte der Gefangene hinter mir her, bis ich kurzerhand stehenblieb. Nun hatte ich ein Problem. In den nächsten Sekunden ging alles so schnell, dass ich nur noch verwirrt und panisch dastand. Der Junge, der sich um meinen gekümmert hatte, lag hinter mir auf dem Boden. Brutus riss mir Felix aus dem Armen, bevor ich ihn fest genug an mich drücken konnte. Viel zu schnell hatte er sein Messer gezogen und hielt es meinem wimmernden Sklaven an die Kehle. Die Schneide ritzte bereits eine ganz kleine Wunde in die Haut und ich trat zurück.

„Du wirst jetzt sofort aus diesem Haus verschwinden, sonst ist es für deinen Liebhaber hier und jetzt vorbei, genauso wie für dein Kind." Mit zusammengebissenen Zähnen starrte mich der Mann an, der mein Eigentum für sich zu beanspruchen schien. Demonstrativ ließ er das Metall über die entblößte Haut seines Bauches gleiten. Dabei hinterließ er eine blutige Spur. Felix schrie, als das Messer eine andere Wunde wieder aufriss. Mit Tränen in den Augen sah er mich an, flehend nach Hilfe. Ich konnte ihn nicht im Stich lassen, wenn ich aber noch länger warten würde, dann hätte mein Besuch hier auch kein gutes Ende. Vorsichtig legte ich meine Fingerkuppen auf seinen angeschwollenen Bauch, strich über diesen, bevor ich den Gang entlangrannte. Schon jetzt bereute ich es. Hatte ich wirklich das richtige getan? Würde er ihn jetzt vielleicht nur noch mehr strafen? Was soll ich jetzt tun? Alles Fragen, die mich zum Verzweifeln brachten. Ich stürzte aus dem Haus, wo ein komplett mit Blut bedeckter Wooyoung auf mich wartete. Jetzt hatte ich ein sehr, sehr großes Problem.

Mein Liebling war da drinnen mit einem Irren allein, zusammen mit einem anderen Sklaven, den ich ebenfalls kannte. Mir hätte diese Geschichte bekannt vorkommen sollen. Ich hatte die Tochter eines bedeutenden Mannes geschlagen, ihn ebenfalls. Dazu kam noch, dass mein Begleiter gerade für mich alle seiner Wächter, die mich hatten angreifen wollen, ausgeschaltet hatte. Es konnte nicht noch schlimmer kommen.

„Lass uns besser verschwinden." Meinte Wooyoung und warf das Schwert ins Gras, welches er sich gekrallt hatte. Tränenblind schwang ich mich auf mein Pferd.

„Er hat mir gedroht, dass er ihn umbringt, ich habe versagt, Wooyoung. Ich habe versagt." Schluchzte ich verloren.

„Er hätte ihn getötet, wenn du nicht gegangen wärst?" Ich nickte. „Dann hast du das Richtige getan. Wir kommen wieder hierher und wir werden ihn retten." Wie optimistisch er jetzt noch sein konnte. Ich dürfte mich nirgends mehr blicken lassen, nachdem was passiert war. Doch ich musste nach Hause.

Als ich in den Hof ritt, erwartete mich schon jemand.

Iunia. Mein Vater stand neben ihr.

„Ihr seid jetzt verlobt." Grinste er hochmütig, wohl hatte er meine Gesichtsausdruck noch nicht studiert.

„Ich vergebe dir Channie." Meinte sie mit zuckersüßer Stimme und tat so, als würde sie mir vom Pferd helfen.

„Danke, aber ich brauche sie nicht, Vater." Meinte ich, als meine Sicht nur noch verschwommener wurde.

„CHAN!" Er rannte zu mir, seine Handfläche traf meine Wange, doch es störte mich nicht. „Du bist doch nicht etwa so schwach. Mein Sohn kann nicht weinen, hör auf so etwas zu tun, das gehört sich für einen Mann nicht. Du wirst jetzt mit ihr ins Haus gehen." Seine Fingernägel gruben sich in meine Schulter, ich befolgte seinen Befehl nicht. Ich hielt meine Gefühle nicht auf, ich konnte es nicht und ich wollte es nicht. Wieder schallten mir Felix' Worte durch den Kopf und mein Körper zitterte stark, als ich ins Haus stürmte. Ich packte einige meiner Sachen zusammen, als Iunia hereinkam.

Sie versuchte so hübsch wie möglich zu sein, doch ich wies sie ab.

„Geh wieder, ich will allein sein."

„Aber Channie, ich will dich doch nur ein wenig aufmuntern." Ihre Hände fummelten an meinem Gewand herum, doch ich stieß sie weg. Meine Furcht vor dem was kommen mochte wich und machte Wut Platz.

„Fass mich nicht an, du-du" Ich schubste sie einfach auf den Boden und rannte, die Treppen hinunter, bis in den Hof, wo schon der nächste Schock auf mich wartete. Dieser Tag würde mich noch umbringen.

Felix Pov

Meine Schmerzen wurden schlimmer, dann kam ein mir bekanntes Gesicht in mein Blickfeld.

„Master~" Versuchte ich zu wimmern, doch schon war er bei mir und versiegelte meine Lippen mit den seinen als hätte er gewusst, was ich brauchte. Augenblicklich entspannte sich mein Körper und ich hoffte, dieser Moment würde nie enden. Der weiche Stoff seines Gewandes schmiegte sich an meine Haut und ich sog seinen Duft ein.

Doch ruckartig stand er auf, was mich ein wenig stutzig machte. Dann nahm er Seungmin an die Hand und rannte den Gang entlang. Ich presste meinen Kopf an seine Brust, deshalb bemerkte ich es nicht, als plötzlich mein neuer Besitzer vor uns stand.

Urplötzlich krallten sich Hände in meine Seiten und ich wurde von Chan weggerissen, fühlte etwas Kaltes an meinem Hals. Schon rollten die ersten Tropfen Blut über meine nackte Brust.

„Master" Versuchte ich herauszupressen, als er mich so verängstigt ansah. Ich wusste nicht, was ich alles in seinem Blick deuten sollte. Das was ich sah war abgrundtiefer Hass, Angst, panische Angst und ein wenig Wahnsinn. Sorgte er sich so sehr um mich, dass er schon verrückt wurde? Tränen traten in meine Augenwinkel. Wieso musste das passieren, hätten wir nicht einfach gehen können? Ich will mein Leben mit ihm zurück, jetzt, wo er hier war, spürte ich die Sehnsucht nach seiner Nähe nur noch stärker, es war ein tiefliegendes Bedürfnis. Meine Handgelenke zitterten in ihrer Umklammerung und ich riss an ihnen, versuchte meine Finger nach ihm auszustrecken. Doch Chan war unerreichbar.

Kurz berührte seine warme, weiche Hand meinen Bauch, dann rannte er davon. Ich hatte seinen Schmerz gesehen, ich wusste, dass er dieses Haus nicht ohne mich verlassen wollte. Aber er musste.

„Knapp, kleines Dreckstück." Er schubste mich auf den Boden. „Ihr geht jetzt zurück in eure Zelle, ich kümmere mich morgen um euch."

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YoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt