LIV - Saying goodbye

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Chan Pov

Heute Abend war es so weit.

Wir würden Felix einen Ort für die Ewigkeit geben.

Nur noch wenige Stunden. Stumm saß ich in dem Zimmer, das Minho für mich und Seungmin eingerichtet hatte. Er hatte diese ganze Veranstaltung organisiert und das alles nur für meinen Sklaven, der nicht mal mehr unter uns weilte. Sanft wiegte ich Felicia in meinen Armen. Der Arzt meinte, es sein ein Wunder, dass die Kleine alles überstanden hatte und das ohne irgendwelche Haken. Ihr ging es wunderbar, sie hatte keine bleibenden Schäden von der Vergewaltigung ihrer Mutter, naja, ihres Vaters Felix getragen.

Lächelnd blickte ich auf das unschuldige Wesen in meinen Armen.

„Glaub mir Süße, ich werde besser auf dich aufpassen als auf ihn." Schon wieder quollen Tränen aus meinen Augen, als sie ihre winzigen Hände nach mir ausstreckte und mit diesen unbeholfen meine Nase betastete. Es schien, als würde sie meine Tränen wegwischen. Doch nun stupste sie meine Nasenspitze an und ließ ein Glucksen hören, was mein Herz wieder ein bisschen reparierte. Ich wollte keine Sekunde meines Lebens mehr ohne sie verbringen.

..........

„Chan, du kannst jetzt kommen, es ist bereit." Seufzend stand ich auf und trug mein Baby die Treppe hinunter, wo Jisung sie mir abnahm.

„Du wirst das schaffen, Chan, es ist alles zu seinem und deinem Besten, dann kann er in Frieden ruhen." Schweren Herzens nahm ich die Trage hoch und brachte diese zusammen mit Minho in den Garten, wo ein großer Holzhaufen aufgeschichtet worden war. Wir legten Felix darauf.

Seungmin führte die Reinigungsrituale durch, gewaschen hatte ich mich davor natürlich selbst. Er sprach ein kurzes Gebet, dann wand ich mich wieder meinem Freund zu.

Mit zusammengepressten Lippen gab mir Minho eine Fackel, während sich alle anderen um den Scheiterhaufen versammelten.

„Es tut mir leid." Wisperte ich, drückte meinem Geliebten einen Kuss auf die Stirn, dann entzündete ich den Holzhaufen mit der Fackel und wendete den Blick ab, so wie es das Ritual besagte. Jedoch hörte ich hinter mir das Feuer zischen, die knackenden Äste und auch die schnell verbrennenden Blätter, von welchen mir eins glühend auf den Fuß fiel. Aber ich ertrug die Qual, blieb einfach dort stehen, wo ich nun war. Schluchzend blickte ich auf den Boden, als Minho abermals zu mir trat, doch diesmal ging er an mir vorbei.

Verrücktes Zischen ertönte hinter mir und ich erkannte, dass die züngelnden Flammen ein wenig schwächer wurden, bevor sie mit neuer Kraft aufflammten. Die Zeremonie war es nun, Parfüm auf den Haufen zu spritzen, genauso wie darauf Alltagsgegenstände zu verbrennen. Doch er hatte ja nichts. Das mit Blumen besetzte Gewand konnte ich nicht verbrennen, es war praktisch heilig für mich.

Einige Stunden später konnten wir den Haufen Asche dann ablöschen, was wir mit Wein taten. Weinend sammelte ich die Überbleibsel ein, die eigentlich nur aus dem schwarzen bis dunkelgrauen Pulver bestanden, welches das Feuer zurückgelassen hatte.

Heiße Tränenflüssigkeit fiel auf die Asche, die nun nochmals in der Urne einparfümiert wurde. Schließlich stellten wir sie in eine Art selbstgebauter Höhle. Mit Steinen war dieser kleine Schrein erbaut worden, von zwei kleinen Bäumen eingefasst und davor Blumen gepflanzt. Auf der Urne standen folgende Worte.

-Felix- Seinen vollen Namen wusste keiner, auch Wooyoung nicht. Danach folgten ein kleines Kreuz und das Datum seines Todes.

Ich ließ mich vor seinem Grab auf die Knie sinken und blieb dort sitzen, bis ich einfach nicht mehr weinen konnte. Niedergeschlagen stand ich auf. Seungmin hielt mir zum Abschluss noch einen Olivenzweig vor die Nase, von welchem einige Tropen Wasser perlten, die mich genauso wie alle hier reinigen sollten.

„Vale." Dies war die Verabschiedung eines Toten, die wir alle zusammen sprachen.

Nun war es an der Zeit, Felicia zu füttern. Schmerzverzerrt lächelte ich das kleine Wesen an, welches mich so unwissend anblinzelte.

„Ich liebe dich Süße." Sie gluckste leise so gut es ihr möglich war und nuckelte dann an ihrer Flasche.

......

Einige Wochen später, besser gesagt genau zwei, saß ich wieder vor Felix' Grab. Noch immer vergoss ich Tränen, wahrscheinlich würde ich in einigen Jahren noch nicht mit ihm abgeschlossen haben. Es war einfach schlimm, wie sehr er mir fehlte. Seine leuchtenden Augen, die sanften Berührungen, seine Liebesgeständnisse, die weichen Lippen, die mich immer wieder um den Verstand gebracht hatten.

Jede Nacht flammte das Bild von ihm vor meinem inneren Auge auf. Wie konnte man einem so unschuldigen und schönen Menschen so etwas antun? Wie? Die vielen Offenen, nicht behandelten Wunden, das zerbrochene Herz auf seinem Schenkel. Das alles verfolgte mich und würde für immer bleiben. Jemand anderes kam nicht in Frage, oder?

„Felix, du glaubst nicht, wie sehr ich dich liebe, so sehr konnte ich dir das nie zeigen, bitte, komm wieder zu mir." Schluchzte ich auf dem Boden hockend.

„Ich liebe dich auch, mein Liebling. Pass gut auf Felicia auf, ich werde immer bei dir sein." Flüsterte eine geheimnisvolle Stimme aus dem Nichts. Konnten Engel mit einem sprechen oder war ich einfach schon komplett verwahrlost? Egal von wem diese Worte kommen mochten, ich sollte sie annehmen.

„Vale" Langsam erhob ich mich und ging nach drinnen, wo mich Seungmin erwartete.

„Chan? Ich muss etwas mit dir besprechen." Er führte mich auf unser gemeinsames Zimmer. „Ich denke wir können uns gegenseitig helfen." Ich nickte ihm zu.

„Und wie?"

„Wir können uns verstehen, denn wir haben beide jemanden verloren. Ich meinen Master und du Felix." Meinte er mit gesenktem Kopf.

„Was ist eigentlich mit ihm passiert?"

„Das, was dir hätte passieren können. Hyunjin kam zu mir, als ich schon verkauft werden sollte, er hat mich gerettet, doch dann haben sie ihn gefunden und umgebracht. Vor meinen Augen." Seungmin schniefte leise, was mich dazu brachte, ihn an meine Brust zu ziehen.

„Also haben sie ihn getötet, weil er von Brutus gestohlen hat? Der dich kaufen wollte?"

„Richtig. Hyunjin hatte schon einige Sklaven gerettet, doch ich bin weggelaufen, einige Jahre nachdem er mich aufgenommen hatte. Ich weiß nicht, was in dieser Nacht in mir vorging, er war fast immer gut zu mir, er hat mich geliebt, doch dann hat er dafür bezahlt. Es tut mir so schrecklich weh, dass ich ihn so in Gefahr gebracht habe." Er weinte in meinen Armen und auch mich riss der Fluss der Gefühle mit.

„Und ich habe meine Liebe nicht zügeln können, mein Vater hat davon mitbekommen und er ist verkauft worden, nur um ihn zu vergewaltigen."

„Wir sollten mehr miteinander reden Chan, das hat mir wirklich geholfen." Wieder stimmte ich zu, als er mir tief in die Augen blickte. Sie waren gefüllt mit Reue, mit Angst und Schrecken, doch gerade waren sie so verdammt schön, dass man sich in ihnen verlieren konnte. Doch ich sollte das nicht tun.

............

YoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt