Fluch und Heilung

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Das Ticken der Zeit war ein Phänomen, dass seit jeher die Lebewesen in Angst und Panik versetzte. Dennoch raste sie an uns vorbei wie eine vereinzelte Sternschnuppe, die den Weg in unsere Welt gefunden hatte, nur um dann wieder zu verglühen. Der Tod folgte uns mit jedem Schritt, den wir bestritten. Darum betrachtete ich ihn als natürlich und normal. Er gehörte zum Leben dazu. Vielleicht lag es an meiner Erfahrung als ehemaliger Soldat, der im Kampf mehr Leben genommen und Leichen begraben, als eine Person gerettet hatte. Dennoch machte es mich nervös, wenn ich nicht beschützen konnte.

Während sich die seltsamen Gedanken in meinem Kopf ausbreiteten, unterrichtete mich die Hexe in Kräuterheilkunde. Ich stellte verschiedene Salben her und lernte alle Arten von Giften, um sie auseinander zu halten und sie zu neutralisieren. Da ich wusste, dass ein langer, harter Weg auf mich wartete, sog ich jedes Wort von der Hexe auf und setzte sie praktisch um.

"Du bist geschickter als du aussiehst", fing sie stirnrunzelnd an, "ein wirklich guter Zuhörer, der die Sache ernst nimmt. Leider bist du dennoch zu verspannt und zu ernst. So werden dir die Pflanzen nicht auf Dauer helfen."

Das war die einzige Essenz, die ich nicht begriff, auch wenn ich ihr lauschte. Die Pflanzen hatten ein Eigenleben. Das bedeutete, dass ich mir ihr Einverständnis verdienen musste, um ein Teil von ihnen verwenden zu dürfen. Wenn sie mich akzeptierten, dann würden die Pflanzen für mich nicht giftig sein, andernfalls könnte ich mein Leben verlieren.

Als ich mich einer Alraune vorsichtig näherte, wackelte sie neugierig auf den Boden umher, ehe sie kreischend hinter einer Wand aus Efeu verschwand. Mein Trommelfell litt sehr unter ihrem Laut. Es ging durch Mark und Bein. Mein Zwerchfell stand auf. Dennoch hatte sie mir keinen Schaden zugefügt.

"Sie sind sehr schreckhaft, da sie oft in der Wildnis für allerhand an schwarzer Magie missbraucht wurden. Glücklicherweise existieren keine Magier mehr oder jene, die die Fluchmagie ausüben konnten. Bedauerlicherweise ist die Anzahl der Alraunen auch seit jeher geschrumpft."

Ihre Erzählungen machten mich wütend, aber auch neugierig. Es bedeutete, dass die Schergen der Götter verschwunden waren. Möglicherweise hatten sie diese weggeworfen, nachdem sie keine Verwendung mehr für sie hatten. Götter zogen dennoch weiter in den Krieg, um die Menschen zu unterwerfen und zu töten. Machten sie sich jetzt eigens die Hände schmutzig? Ich musste die Wahrheit mit eigenen Augen sehen.

"Womöglich stammt dein Fluch auch von einem ihresgleichen. Das kann natürlich die Angst der Alraunen verstärken." Ihr Blick hatte einen geheimnisvollen Glanz.

"Was wissen Sie über meinem Fluch?", hauchte ich atemlos. Gespannt wartete ich auf ihre Erklärungen.

"Er wurde höchstwahrscheinlich von einem starken Magier ausgesprochen. Möglicherweise von einem Halbgott, der genug Macht besaß, um Fluchmagie anzuwenden."

"Halbgott", murmelte ich leise vor mir hin und erinnerte mich daran, dass mein letzter Gegner auch göttlich war.

"Es wird deinen Körper langsam zerfressen bis du gänzlich zu einem Sklaven der Götter wirst und dabei dein Leben lässt." Ich lachte leise auf, als ich die unbeschönigten Worte vernahm. Sie klangen hart und rau, während sie meine Thesen bestätigten.

"Klingt nach einem wundervollem Dasein", sagte ich zynisch. Mein Blick glitt weiter zur Alraune, die vorsichtig unter der Schar an Efeu herauslugte. Sie beobachtete mich genau.

"Hör auf mit deinem Sarkasmus. Wie unangebracht. Weißt du eigentlich, dass du tot gewesen wärst, wenn ich euch nicht verarztet hätte? geh nicht so leichtsinnig mit deinem Leben um." Sie untermalte ihre aufbrausende Art mit Vorwürfen. Mein Mund öffnete sich und schloss sich im nächsten Augenblick wieder. Ihre fürsorgliche, raue Art ließ mich stumm schmunzeln.

Was mir einst wichtig warWo Geschichten leben. Entdecke jetzt