Der ewige Kampf

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"Oh", fing die Hexe nüchtern an, "da ist jemand endlich aufgewacht. Wurde auch Zeit."

Mit diesen Worten lief sie zu ihrem Kessel und rührte ihn um, ehe sie eine riesige verschnörkelte Schüssel nahm und ihn mit dem dampfendem Gebräu füllte. Es hatte seine Farbe verändert und leuchtete golden auf. Es roch nach scharfem Curry und Mango. Dabei hatte sie vor kurzem etwas anderem in dem Kessel gekocht. War er auch magisch?

Meine Finger kribbelten neugierig. Trotz der Zeit, die ich mit ihr verbrachte, verstand ich nichts. Es frustrierte mich und spornte mich zugleich mehr an.

Das Mädchen nahm einen tiefen Atemzug und fuhr überrascht hoch.

"Woher wissen Sie, dass es mein Lieblingsgericht ist?", fragte das Mädchen neugierig.

"Nur geraten." Die Hexe formte ihre Lippen zu einem schmalem Lächeln. "Nenn mich ruhig Xanta." Mit einem Mal begriff ich, dass die Chemie zwischen den beiden weitaus harmonischer wirkte als wie mit mir. Sie hatte ihr sofort den Namen verraten und lächelte. Seufzend hielt ich Abstand und fühlte mich zunehmend wie ein Außenseiter. Xanta überreichte ihr die Schüssel, die das Mädchen freudig entgegennahm.

"Ich bin Runa, aber die meisten nennen mich Rue", sagte sie mit vollem Mund. Manieren hatte sie keine beigebracht bekommen.

"Ein schöner Name."

Während ich dem Gespräch von der Seitenlinie aus beobachtete, bemerkte ich die neugierigen Pflanzen um mich herum. Die Alraune setzte sich mutig an Runas Seite.

"Du scheinst gut mit magischen Wesen auszukommen." Runa nickte und streichelte der Alraune sanft über dem Kopf. Diese schloss genussvoll die Augen und summte liebliche Klänge.

"In meiner Heimatstadt gab es viele von ihnen." Sie wirkte traurig, ehe sie seufzend den Kopf hängen ließ. "Doch die Götter nahmen mir alles..."

Der Raum verstummte und hinterließ eine Nostalgie, die alte Wunden wieder aufleben ließen. Sie war einer der Opfer, die der Krieg hervorbrachte. So wie Jikai und ich. Doch konnte ich immerhin kämpfen. Sie saßen still beieinander. Die Zeit verstrich, während jeder von uns mit unseren eigenen Schatten zu kämpfen hatte.

Xanta schreckte auf und murmelte unwirsche Worte vor sich, ehe die Ranken eine steinerne Tür zu einer engen Wendetreppe öffneten. Ich legte meinen Kopf schief. Ohne weitere Erklärungen fiel die Tür hinter sich ins Schloss. Rue war weiterhin in Gedanken versunken und bekam nichts um sich herum mit. Ihr Blick war starr auf die leere Schüssel vor ihr gerichtet.

Als ich mich erheben und der Hexe folgen wollte, verschwand die Tür hinter den Ranken und wurde eins mit der Wand. Mein Mund öffnete sich vor Entsetzen weit. Die uralte Magie hinterließ eine Gänsehaut auf meinem Körper.

In meinem Augenwinkel rührte sich etwas. Ich zuckte reflexartig in mich zusammen und schaute misstrauisch zur Seite. Eine Brennnessel wollte sich an mich kuscheln. Ich beäugte sie skeptisch. Sie klimperte mit ihren langen Wimpern. Seufzend ließ ich es über mich ergehen. Als sie meine Haut berührte, wartete ich auf das eintretende Brennen. Selbst nach einigen Sekunden fuhr kein Schmerz durch mich hindurch. Ich erinnerte mich an das Gespräch mit der Hexe und atmete erleichtert aus. Die Pflanze hatte mich akzeptiert und hatte mir deshalb keinen Schaden zugefügt.

"Du hast mich beschützt, obwohl du mich nicht einmal kennst", erklang es in der Stille. Erneut fuhr ich in mich zusammen. Das Licht der Kerzen erleuchteten ihre großen Augen. Seufzend blickte ich gen Boden und zuckte die Schultern.

"Das liegt in meiner Natur", brummte ich halbherzig. Je mehr ich mich öffnete, umso größer war die Angriffsfläche. Ein Kind, das von Göttern verfolgt wurde, konnte mich lediglich ins Verderben stürzen. Und trotzdem hatte ich sie gerettet.

Was mir einst wichtig warWo Geschichten leben. Entdecke jetzt