"Dieser Mann nervt wirklich." Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Es war, als wenn ich gegen eine Wand anlaufen würde. Die ganze Konversation hatte mich nicht voran gebracht und nun hatte er uns in glitzernde Gewänder gesteckt. Es war, als hätte er uns markiert. Ich hasste diesen Halbgott. Allgemein war die Spezies nur da, um andere Rassen zu unterdrücken und in den Wahnsinn zu treiben. Die Geschichte hatte es oft genug bewiesen. Brummend lief ich wildgeworden in der Gegend herum und suchte nach meiner inneren Ruhe, doch alles was ich fand, war der Drang auf etwas einzuschlagen.
"Ach? Leuchten deine Augen deshalb so, wenn du auf ihn triffst?" Ihre schneidige Stimme ließ mich erstarren. Sie legte ihren Kopf schief und versuchte mich aus der Reserve zu locken.
"Rue, was erzählst du mir da wieder für einen Quatsch?" Ich schüttelte meinen Kopf und blickte aus dem Fenster. Da mir die Gegend unbekannt war, konnte ich nicht abschätzen, ob wir in Feindesgebiet waren oder lediglich in einem weit entfernten Bereich, an dem uns niemand finden würde. "Er ist mein Feind." Innerlich schmerzte dieses Wissen.
"Eben nicht", widersprach sie mir vorsichtig.
"Wie meinst du das? Willst du mir damit sagen, dass deine Rettungsaktion damals vollkommen sinnfrei gewesen war?", herrschte ich sie unkontrolliert an, "warum hast du mich damals dann in deine Angelegenheiten mit hineingezogen?"
Der Frust, der sich in meinem Herzen angestaut hatte, brach wie ein glühender Feuerball aus mir heraus. Trotz der Hitze wurde ich in einen tiefen Strudel negativer Emotionen gefangen und in einen dunklen Kerker gesperrt, um für alle Ewigkeit mein eigener Sklave zu sein.
"Ich muss dir etwas erzählen, Dummkopf", sagte sie mit entschlossener Stimme, während sie weiterhin Blickkontakt hielt. Die Erscheinung eines hilflosen Mädchen bröckelte in binnen von Sekunden.
"Hey, habe mehr Respekt vor meinem Alter!", brummte ich verstimmt und verschränkte meine Arme vor dem Körper. Rue schmollte und blickte empört zu Boden.
"Nicht, wenn du dich so benimmst", hauchte sie mir schwach entgegen. Meine Mundwinkel zogen sich hoch. Jetzt erinnerte sie mich mehr an das Mädchen, das ich gerettet hatte.
"Ist ja gut", beruhigte ich sie und streichelte ihren Kopf lächelnd. "ich werde nicht urteilen, ehe du mir alles, was du weißt, erzählt hast."
Sie zuckte irritiert zurück und wurde verlegen, ehe sie sich strahlend wegdrehte. Dafür, dass ich lediglich Jikai imitiert hatte, um Rue nicht zu verärgern, zeigte es erstaunlich, wie gut ich schauspielern konnte. Dennoch plagte mich im Nachhinein ein schlechtes Gewissen, da ich mit meinem Talent wirklich jeden in die Irre führen könnte.
"Du willst doch nur von ihm hören, weil er dich interessiert."
Ihre Worte ließen mich für einen Augenblick erstarren. Schnell erhielt ich die Fassung zurück und suchte weitere Phrasen, die sich nach meinem besten Freund anhörten.
"Du interessierst mich auch. Schließlich möchte ich gern erfahren, warum alle hinter dir her sind." Unbewusst verstellte sich meine Stimme und wurde kratziger und tiefer, sodass ich mich immer mehr von meinem wahren Selbst unterschied. Ehe sie sich dazu äußern konnte, tauchten hinter uns zwei Gestalten auf, die ich durch den Vorfall mit dem Halbgott gänzlich vergessen hatte.
"Die Geschichte würden wir auch liebend gern hören, doch wie es scheint, haben wir ein dringlicheres Problem, um das wir uns zunächst kümmern sollten." Die kleine Alraune sprach, als wäre sie die wichtigste Person im Raum. Ungewollt verzog ich meine Miene, als ich die beiden übernatürlichen Wesen nebeneinander sah, als hätten sie nicht vor wenigen Stunden miteinander gekämpft und uns in Gefahr gebracht.
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Was mir einst wichtig war
FantasyEine Geschichte über eine längst vergessene Welt, in der Magie, Naturgeister und Götter über die Lande geherrscht haben. Inmitten des anhaltenden Krieges zwischen Götter und Menschen macht sich der Veteran Rykar Gorian ruhelos auf dem Weg, um der Sp...