Jahr für Jahr rennen die Tribute am Füllhorn in ihren Tod. Jahr für Jahr zählen die Spielemacher die Toten erst nach dem Gemetzel, weil sie selbst keine Übersicht haben. Wer am Boden liegt wird liegen gelassen.
Die meisten Tribute holen sich, was sie kriegen können und suchen dann das Weite. Die Karrieros sammeln sich am Füllhorn, inspizieren ihre Beute und jagen dann den anderen Tributen nach. Niemand bleibt am Füllhorn zurück, weil sowieso alle weggelaufen sind.
Soweit die Theorie.Ich bleibe so lange liegen, bis ich sicher bin, dass niemand mehr da ist. Ich habe die Karrieros belauscht. Sie sind sich sicher, dass alle Tribute tot oder weg sind. Ich liege da, bis die Kanonen ertönen. Sechs Mal. Ich habe keine Ahnung, ob ich mitgezählt bin oder nicht. Ich muss mich jetzt bewegen, nicht dass ich von einem Hovercraft aus dem Spiel genommen werde. Vorsichtig hebe ich den Kopf und sehe mich um. Es ist niemand da. Ich drücke mich hoch und stehe auf, sprinte zum Füllhorn und durchforste die Ausrüstung. Ich bin mir jeder einzelnen Kamera bewusst, die mich verfolgen, während Panem entweder aufjubelt oder mich in die Hölle verflucht.
Ich gehe schnell vor. Einen Ruckssck stopfe ich mit Proviant voll, einen zweiten mit Werzeugen, Messern, Kletterausrüstung, Drähten, einem Erste-Hilfe-Kasten und einem Schlafsack. Einer Eingebung vollgend, ziehe ich zwei toten Tributen die Schuhe aus und packe die Extrasocken in den Rucksack. Dem Mädchen aus Distrikt 6, das ungefähr so groß ist wie ich, ziehe ich den Pullover aus und binde ihn mir um die Hüfte. Zurück im Füllhorn stecke ich mir Messer in den Gürtel. Ein silberner Speer erweckt meine Aufmerksamkeit. Er schreit praktisch, dass er mein Speer ist. Ehrfürchtig nehme ich ihn in die Hand und wiege ihn ab. Er ist gut.Draußen höre ich Schritte.
Scheiße.
Der Junge aus Distrikt 2 steht im Eingang des Füllhorns. Sein Pullover ist von Tannennadeln übersäht. Er kommt also aus dem Wald.
"Also doch", sagt er und lehnt sich gegen die Tür, Schwert in der Hand.
"Was denn?", frage ich liebenswürdig und prüfe die Schärfe der Speerspitze.
"Ich habe sieben Tote gezählt, aber nur sechs Schüsse. Die Anderen wollten nicht hören, deswegen bin ich allein zurück."
Gott, dieser Junge redet sich um Kopf und Kragen. Vielleicht ist er aufmerksamer als die anderen, aber dieses Geplapper ist wirklich dumm. Er gibt mir alle Informationen die ich brauche.
"Die Anderen?", frage ich unschuldig.
"Tribute aus 1, 2 und 4. Alle außer dir. Du kommst nicht zufällig, um dich anzuschließen?"
Ich lächele.
"Nein", sage ich und werde dann kalt, "Ich gebe dir jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder machst du mir den Weg frei und du überlebst den ersten Tag oder du stirbst. Jetzt und hier."
Der Junge sieht mich finster an.
"Du wirst das Füllhorn nicht verlassen", sagt er.
"Schade", sage ich, "der Tag fing doch so gut an."Und dann stürzt er auf mich zu. Mit dem Speer wehre ich sein Schwert ab. Er ist nicht so groß, wie Hunter, weswegen es mir leichter fällt, ihn zu überwinden. Ich drücke seinen Schwertarm nach oben und rutsch unter ihm hindurch, damit ich ins Freie komme. Erstens, damit ich mehr Platz mit dem Speer habe, zweitens, damit die Kameras bessere Sicht auf das Geschehen haben. Ich muss den Sponsoren zeigen, was ich kann.
Ich hätte ihn schon zwei Mal töten können, aber ich ziehe es hin, um zu zeigen, was ich kann. Parieren, angreifen, rechts, links, von vorne, von hinten, über oben und unten. Selbst der Junge registriert, dass ich mit ihm spiele. Als die Verzweiflung in seine Augen tritt, stoße ich meinen Speer durch seinen Hals. Er kippt zu Boden und bleibt liegen. Ich steige über ihn und hole meine Sachen aus dem Füllhorn. Als ich den Rucksack aufsetze ertönt die Kanone.Ich renne ein ganzes Stück an der Klippe entlang, versuche nur auf die Steine zu treten, um keine Spuren zu hinterlassen. Nach zwei Stunden aus einer Mischungs aus wandern und rennen, finde ich weiter unten in der Klippe eine Höhle. Ich benutze die Kletterausrüstung und seile mich und die Rucksäcke vorsichtig nach unten ab.
Die Höhle ist geräumig genug, dass ich sie kurzerhand zu meinem Versteck erkläre. Vor der Höhle ist ein kleiner Felsvorsprung, den man von oben sehen kann, wenn ich aber einige Schritte in die Höhle mache, bin ich von der Klippe aus unsichtbar.
Ich baue mein Lager auf und knüpfe aus einigen Drähten ein Netz und baue mir eine Angel, die ich beide ins Meer auswerfe und festmache.
Meine Ausrüstung lasse ich dort stehen, als ich mich, nur mit einem leeren Rucksack, ein paar Messern und dem Speer ausgerüstet, wieder an den Aufstieg mache.
Ich wandere vorsichtig durch die trostlose Landschaft und halte auf die Bäume zu. Ich sammele trockene Zweige, Äste und Wiedel um einen Feuerholzvorrat zu haben. Merkwürdigerweise läuft mir nicht ein Tier über den Weg. Der Wald ist vollkommen still. Nicht mal ein Vogel zwitschert irgendwo. Es wirkt unheimlich auf mich.
Sobald ich genug Holz für zwei bis drei Tage gesammelt habe, gehe ich zurück zu meiner Höhle am Meer, wo ich wenigstens die Wellen gegen die Felsen schlagen höre.In meinem Netz finde ich zwei Fische, die ich zwar nicht kenne, die aber durchaus essbar wirken, nehme sie aus und entfache dann ein kleines Feuer, über dem ich die Fische brate. Ich stelle fest, dass die Höhle ein Windfänger ist. Eine Böe nach der anderen heult über die Steine und zerrt meine Haare aus dem Knoten, aber es stört mich nicht. Ich bin durchaus bereit, etwas Wind zu ertragen, wenn das bedeutet, sicher schlafen zu können.
Gerade als ich anfangen will meine Fische zu essen, ertönt die Hymne. Ich gehe auf den Felsvorsprung um die Gefallenen zu sehen: Als erstes ist da der Junge aus 2 am Himmel, dann der Junge aus 3, beide aus 5, das Mädchen aus 6 und das Mädchen aus 12. Dann wird der Himmel dunkel. Ich esse die Fische, die etwas sauer schmecken, aber genießbar sind und ziehe mich dann mit dem Schlafsack und den Extraklamotten so weit es geht in die Höhle zurück und versuche zu schlafen.
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Games of the Sea (Tribute von Panem ff)
ФанфикAls Alyssas Name bei der Ernte fällt, horcht ganz Panem auf. Finnick Odairs kleine Schwester wird in den Hungerspielen antreten! Das Kapitol ist begeistert, doch für Alyssa zählt nur der eine selbstsüchtige Gedanke, dass sie überleben will. Und so b...