Kapitel 24

592 33 1
                                    

"Verpiss dich", knurrte direkt eine Stimme. Blake saß auf einem kleinem Sofa, dass überhaupt nicht zu dem großen Zimmer passte, weil man es fast übersehen konnte. In seiner Hand hielt er einen Kontroller. Auf dem Fernseher vor ihm, sah man eine Gestalt, die gerade einem Mann das Messer in den Rücken rammte. Dieser fiel wie ein nasser Sack um. Sein lebloser Körper knallte auf den Boden und überschlug sich, bevor er endgültig liegen blieb. Über dem Kopf des Mannes leuchtete eine Schrift auf.

tyranx02 dead

Als Blake bemerkte, dass niemand sein Zimmer wieder verlassen hatte, zog er sich die Kopfhörer vom Kopf und ließ sie um seinen Hals hängen, während er sich mit wütender Miene zu mir umdrehte. Als er mich bemerkte, entgleistem ihm zuerst die Gesichtszüge, ehe er sich wieder fing und ein gleichgültiges Gesicht aufsetzte. Mit mir hatte er wohl nicht gerechnet.

"Levis Zimmer ist vier Türen weiter", sagte er, drehte sich dann aber um, um weiter zu spielen.

"Das wusste ich nicht, aber ich wollte nicht zu ihm", erwiderte ich und wartete auf eine Reaktion von ihm, als aber nur ein knappes "Aha" kam, schloss ich die Tür hinter mir.

"Was spielst du?", fragte ich interessiert und trat näher zu ihm, um besser das Geschehen zu verfolgen.

"Kennst du nicht", sagte er nur.

"Ich weiß, deshalb frage ich ja."

Und als Levis Figur aus einem fahrendem Auto lehnte und mit einer Pistole eine Frau abballerte, die gerade mit einem Kinderwagen spazieren ging, fügte ich noch hinzu: "Sieht sehr...", ich suchte das passende Wort.

"...Brutal aus."

Blake schnaubte und als eine andere Gestalt abrupt vor ihm auftauchte, drückte er hektisch auf seinem Kontroller herum. Ein Schwert, oder sowas ähnliches, tauchte in der Hand von seinem Charakter auf und er trennte mit einem einzigen Hieb den Kopf seines Gegenübers ab, welcher auf den Boden fiel. Ich schluckte. Ich hatte mir Videospiele anders vorgestellt. Nicht so brutal, sondern mit Münzen, die man einsammeln musste, oder Sachen, die man suchen musste. Das man auch töten konnte, wusste ich nicht.

"Willst du nicht gehen?", fragte Blake genervt, nachdem ich ihm ein paar Minuten lang zu guckte.

"Levi macht gerade was zu essen, wenn du willst, dann kannst du mit uns essen", schlug ich ihm vor.

"Ich glaube, Levi wäre nicht sehr begeistert."

"Ah was, er ist froh, mit dir etwas Zeit zu verbringen."

"Hab schon gegessen", brummte er.

"Chips und Cola zählen nicht", ich betrachtete die leere Tüte, die auf dem Boden neben dem Sofa lag.

Er biss die Zähne zusammen und ich bemerkte, dass er sich sehr zusammenriss, mich nicht anzufahren.

"Ich bin übrigens No-"

"Ich weiß", ließ er mich nicht ausreden, aber es störte mich nicht.

"Du hast übrigens ein sehr schönes Zimmer", ich sah mich um. Auch wenn es etwas weniger luxuriös wirkte, als alles andere, war es trotzdem sehr modern in schwarz gehalten. Mit einem riesigem Bett und hohen Regalen, die ich bewunderte, denn sie waren von oben bis unten voll mit Büchern.

"Du hättest mal meins sehen sollen. Ich teile mir mein Zimmer mit meinem Zwillingsbruder, was manchmal echt nervig sein kann, weil er ständig schnarcht und im Schlaf redet. Aber es ist auch echt schön, weil ich weiß, dass ich ihn auch nerven kann. Nikolay ist echt anstrengend, er behandelt mich, als wäre ich ein Kleinkind, obwohl ich drei Minuten älter bin als er", ich verdrehte meine Augen und strich über die Buchrücken, die nach Fabre sortiert waren.

"Wegen ihm ist unser Zimmer ein reines Chaos! Überall liegen seine Klamotten herum und es sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, aber genau das macht das Zimmer so gemütlich", schwärmte ich und lächelte leicht.

"Er weiß sogar, wo alles liegt, trotz der Unordentlichkeit. Das müsstest du sehen! Ich weiß manchmal nicht, wo die Tür ist und er findet sich dort einfach zurecht. Er weiß, wo sein Ladekabel liegt, obwohl es unter Klamotten begraben ist. Er muss nicht suchen, wenn ich frage, wo mein Rucksack ist, weil er weiß, dass es unter seinem Bett lieg."

Mittlerweile sitzt Blake mit verschränkten Armen auf dem Sofa, weit nach hinten gelehnt und sein Kontroller neben sich. Ich weiß nicht, ob ihn interessiert, was ich erzähle, oder ob er nur aus Höflichkeit zuhört, aber ich erzähle weiter.

"In Sachen Ordentlichkeit kommt er nach meiner Mom. Sie ist genauso, manchmal sogar schlimmer. Du müsstest unsere Küche sehen! Gabeln und Pfannen stehen manchmal im selben Schrank zusammen mit einer Packung Mehl. Mein Dad ist da komplett anders. Er hat früher in einer Werkstatt gearbeitet, bevor er gekündigt wurde. Sein Werkzeug lag immer ordentlich an seinem Platz und alles war sauber mit Kärtchen beschriftet", ich plapperte wie ein Wasserfall. 

"Das klingt so, als wäre es nervig und schön zugleich", sagt Blake langsam.

"Ja. Ja, dass ist es. Aber hauptsächlich ist es schön", ich nickte.

"Wieso wurde dein Dad gekündigt?"

"Ich weiß es nicht. Vielleicht hat sein Chef ein paar neue Arbeiter gefunden, die ihre Arbeit besser erledigen. Vielleicht sind sie schneller. Mein Papa hat immer langsam, aber sorgfältig gearbeitet. Er hat es genossen, an den Autos herumzuschrauben. Er hat sich nie beeilt, wie die anderen."

Ich lächelte ihn an.

"Ich werde jetzt nicht weiter stören. Das Angebot mit dem Essen steht immer noch", ich zwinkerte ihm zu und ging aus seinem Zimmer raus und ging los, bis ich merkte, dass ich nicht wusste, wohin ich gehen musste. Ich kratzte mir am Kopf und sah mich um. Wie hat mich Vivienne hierhin geführt? Musste ich jetzt geradeaus oder eher nach links? Oder war es rechts?

"Ich bring dich in die Küche."

Heftig zuckte ich zusammen, weil ich Blake nicht gehört hatte. Schnell folgte ich ihm, damit ich ihn nicht aus den Augen verlor.



Angel's beating heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt