Kapitel 30

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Nach dem wir mit den Autos zu dem riesigen Haus von Levi gebracht worden waren, gab mir Vivienne was zum Essen, denn mein Magen knurrte unglaublich laut, was wahrscheinlich an der ganzen Aufregung lag. Nun saß ich im Wohnzimmer auf dem Sofa und wartete, während Vivienne unruhig hin und her tigerte und sich ständig die Haare raufte.

Ich war nicht weniger nervös und hoffte, dass alle heil und munter zurückkamen. Mein Bein wippte auf und ab und ich betete innerlich, dass alle verschont waren.

Als die Eingangstür klapperte, sprang ich auf und rannte ihnen entgegen. Vivienne folgte mir. Aber es waren nicht Levi, Blake und all die anderen, die endlich zurückkamen, sondern ein Mann, mit streng zurückgegelten Haaren und einem eisigen Blick, bei dem mir ein Schauer über den Rücken lief. Obwohl ich ihn noch nie in meinem Leben gesehen hatte, wusste ich sofort wer er war, denn seine Gesichtszüge waren ähnlich zu denen der Geschwister.

Der Mann war der Vater von Levi, Blake und Vivienne. Und wie es aussah, war er gar nicht begeistert mich zusehen. Genau das schien Vivienne auch aufzufallen, denn ihre Augen weiterten sich erschrocken.

"Vater, ich dachte du wärst für ein paar Tage weggefahren", murmelte sie und blickte mich kurz an. Langsam schob ich mich Richtung Haustür, um unbemerkt herauszuschleichen. Irgendwie schüchterte der Mann mich ein. Doch als ich schon fast draußen war, stieß ich mit noch jemandem zusammen.

Die Frau sah genau so aus, wie ich mir die Frauen von Mafiabossen vorstellte. Ihre Kleidung schrie nach teurer Designermarken, die sie mit passenden Accessoires kombiniert hatte. Auf ihrer Nase thronte eine große Brille, die sie nun etwas hochschob, um mich mustern zu können. In ihren Augen lag etwas hartes. 

Ihr Blick wanderte an meinen ausgelatschten Turnschuhen bis zu meiner Jeans, die an den Knien etwas ausgeleiert war und dann in mein Gesicht. Anschließen hob sie eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen, ehe sie sich an den Vater von Vivienne wandte. 

"Du hast nicht gesagt, dass wir eine neue Haushälterin haben", näselte sie.

"Mom, Noelani ist keine Haushälterin", meinte Vivienne peinlich berührt. "Sie ist eine Freundin von mir."

Das war also die Mutter von den Geschwistern. Jetzt spitzte sie ihre rot bemalten Lippen, ehe sie an mir vorbei ins Haus stöckelte. 

"Ich hab dir doch gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst."

"Tut mir Leid, Mutter", entschuldigte sie sich sofort. "Wenn ihr Levi sucht, er ist gerade für eine Weile weg." Und er kommt vielleicht gar nicht mehr zurück. Du dummes Gehirn! Seit wann dachte ich so? Natürlich kommen sie alle wieder zurück! 

"Wo ist er?", donnerte der Vater laut und ich zuckte etwas zusammen, bei der wütenden Tonlage seiner Stimme. 

"Er muss was wichtiges erledigen", versuchte Vivienne ihn zu verteidigen, denn der Mann sah nicht sehr glücklich aus. 

"Sieh zu, dass er jetzt gleich wieder nach Hause kommt!", zischte er, wandte sich um und rauschte davon. Wahrscheinlich ging er gerade in sein Büro. Die Mutter warf mir noch einen komischen Blick zu, ehe sie ebenfalls davonstöckelte. Die Absätze ihrer Schuhe knallten energisch auf den Boden und sie hinterließ eine Parfümwolke, die meinen Kopf etwas benebelte, weil so viel aufgetragen worden war. 

"Es tut mir so Leid", entschuldigte Vivienne sich sofort schuldbewusst, sobald ihre Eltern aus dem Raum waren.

"Hey, alles ist gut", beruhigte ich sie und lächelte sie an. "Aber ehrlich gesagt hab ich jetzt ein kleines bisschen Angst vor deinen Eltern. Dein Vater sah irgendwie wütend aus."

"Ja, ich denke Levi wird was erleben, sobald er nach Hause kommt." Vivienne seufzte. "Aber das wird ihn wahrscheinlich sowieso nicht interessieren, denn sobald er denkt, er hätte etwas richtig gemacht, kann ihn nichts mehr von seiner Meinung abbringen. In dem Fall hat er dich gerettet."

Sie nahm mich in eine feste Umarmung und drückte mich an sie.

"Und ich bin so froh, dass es dir gut geht."

"Danke, dass ihr wegen mir so eine ganze Aktion gemacht habt."

"Nichts zu danken. Das ist doch klar gewesen, dass wir dich aus der Hölle herauskommen. Ein Wunder, dass du es dort überhaupt so lange ausgehalten hast, ohne verrückt zu werden."

Ich stockte kurz.

"Was meinst du mit: so lange", fragte ich skeptisch nach. Eine Weile der Stille. 

"Du weißt nicht, wie lange du dort warst?" Vivienne war entsetzt. Das konnte ich an ihrem ungläubigen Blick sehen. Langsam schüttelte ich den Kopf. 

"Du warst ganze drei Tage dort eingesperrt."


Angel's beating heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt