Kapitel 35

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Das erste was ich tat, als ich am nächsten Morgen aufwachte, war mein Handy auf neue Nachrichten zu checken. Doch nichts. Ich warf es enttäuscht auf mein Kissen und seufzte. Dann schwang ich meine Beine aus dem Bett und zog mich um, weil ich immer noch in den Klamotten von vor ein paar Tagen war. 

Nikolay schlief noch, aber musste gestern Nacht noch arbeiten, weshalb ich ihn nicht weckte. Stattdessen schlich ich leise aus unserem Zimmer und ging in die Küche, in der niemand war. Meine Eltern und meine Großmutter schliefen anscheinend noch. Ich griff nach einer Tasse und machte mir einen Kaffee aus Kaffeepulver. Mit ihm setzte ich mich an den Esstisch und schlug die Zeitung auf, die darauf lag. Doch als ich sie gerade zu lesen begann, klopfte es leise an der Haustür. Ich runzelte die Stirn. Wer klopfte so früh am Morgen bei uns? 

Ich öffnete. Und erstarrte erschrocken. 

Vor mir stand Wesley. Er hatte ein blaues Auge und Blut tropfte aus seiner Nase. 

"Hast du Zeit?", fragte er mit krächzender Stimme. 

"Natürlich", meinte ich, schnappte mir den Hausschlüsseln und schloss hinter mir die Tür. Ich half ihm die Treppe runter zu humpeln. In der Nähe von unserem Hochhaus lag ein kleiner, verlassener Spielplatz. Dort gingen wir immer hin, weil dort nur sehr wenige Leute hingingen. Und auch jetzt setzten wir uns dort auf die Bank. 

"Was ist passiert?", fragte ich ihn, obwohl ich schon wusste, was er antworten würde. 

"Meine Mutter", sagte er knapp und wischte sich mit seinem Handrücken das Blut weg, welches von seiner Nase tropfte. 

"Sie ist betrunken nach Hause gekommen und hat gesehen, wie ich mich ins Haus geschlichen habe. Aber das schlimmere Problem ist, dass sie schon wieder mein Geld verspielt hat."

"Brauchst du Geld? Ich kann dir ein wenig geben. Wir haben zwar nicht sehr viel zurzeit, aber es könnte dir helfen. Wie viel brauchst du?"

"Zu viel, dass es etwas bring, wenn du mir hilfst. Fast zwanzigtausend Euro", flüsterte er erschöpft und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. 

Mein Mund klappte auf. Oh Gott, dass war schlimm. 

"Wesely, hast du schon überlegt, dass deine Mutter einen Entzug machen sollte. Also einen richtigen Entzug mit professioneller Hilfe?"

"Natürlich, Lani. Du weißt gar nicht wie oft. Aber es kostet viel Geld und Mutter ist eine Person, die keinen Ausdauer hat. Sie könnte es nicht durchziehen, glaub mir."

"Ich wünschte, ich könnte dir irgendwie helfen, Wesley."

Während ich Wesley tröstend auf die Schulter klopfte, bemerkte ich etwas Seltsames an seinem Verhalten. Seine Augen, die zuvor von Schmerz und Verzweiflung gezeichnet waren, hatten nun einen kühlen, berechnenden Glanz. 

"Noelani," begann er, seine Stimme plötzlich fest und sicher, "ich habe dir nicht die ganze Wahrheit erzählt."

Ich zog meine Hand zurück, überrascht von der Veränderung in seiner Stimme. "Was meinst du?", fragte ich, ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Mein Herz begann schneller zu klopfen.

Wesley stand auf, wischte sich das Blut von der Lippe und lächelte düster. 

"Das mit meiner Mutter ist wahr. Ein Entzug wäre in der Tat keine schlechte Idee, aber ich habe dich angelogen, was das Geld angeht. Ich brauche es nicht für sie. Ich brauche es für mich."

"Für dich? Aber warum?", stammelte ich, während ich versuchte, die Situation zu verstehen. Was war so wichtig, dass er mich dafür anlog.

"Siehst du, Lani, ich habe Schulden. Große Schulden. Bei sehr gefährlichen Leuten. Und ich habe vor, mit dem Geld, welches ich von niemand anderem als Levi Costa zu verschwinden. Weit weg von hier, von meiner Mutter, von meinen Problemen. Und du, meine liebe Lani, du wirst mir dabei helfen."

Mein Herz raste. Das konnte nicht der Wesley sein, den ich kannte. "Ich verstehe nicht. Warum sollte ich dir helfen?"

"Weil du keine Wahl hast", sagte er und zog ein kleines Gerät aus seiner Tasche. "Ich habe unser ganzes Gespräch aufgenommen. Und mit ein paar kleinen Änderungen wird es klingen, als wärst du diejenige, die mich dazu gebracht hat, das Geld von ihm zu stehlen. Du wirst mir helfen, Noelani, oder dein Leben, wie du es kennst, wird vorbei sein. Du willst doch nicht, dass deiner Familie was passiert, oder?"

Ich erstarrte, als die Erkenntnis einsank. Wesley, der Freund, dem ich vertraut hatte und der jahrelang mein bester Freund war, war in Wirklichkeit ein Manipulator, der bereit war, mich zu verraten, um seine Haut zu retten. Und dazu benutzte er mich. Und zwar gegen den Menschen, der mir höchstwahrscheinlich doch mehr bedeutete, als mir lieb war. Denn ich fing an zu weinen und konnte nicht damit aufhören. Es war der Menschen, bei dem ich dachte, dass er ein Fremder war, der aber ohne zu zögern mein Leben gerettet hatte, obwohl er sich dabei selber in Gefahr brachte. 

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AAAAHHHH LEUTE!!! DER GRÖßTE PLOTTWIST AUF ERDEN!!!! 😭😭

WER HAT ERWARTET, DASS WESLEY EINER VON DEN BÖSEN IST???

ICH AUF JEDEN FALL NICHT, DENN DIE IDEE KAM RICHTIG SPONTAN IN MEINEN KOPF!!!

Angel's beating heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt