Kapitel 16

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Abigail

An diesem abend schliefen wir getrennt. Nicht als wenn wir die paar Nächte davor beisammen geschlafen hatten, jedoch hatte ich die leichte Hoffnung, dass er bleiben würde. Er war stillschweigend gegangen, nachdem ich gesagt hatte, ich liebte ihn nicht. Das war aber die Warheit. Ich konnte niemanden nach nicht mal drei Tagen lieben. Das ging erstens nicht in meinen Kopf rein und zweitens war ich eigentlich noch verheiratet.

Ich zog mich langsam und träge an, eigentlich schon gar keine Motivation einen weiteren Tag ohne selbstbestimmung Leben zu können, und ging die Treppe herunter. Meine Sinne wurden von dem betörenden durft von Kaffee benebelt. Und der herbe Duft nach Moschus, welcher von Nathan aus ging. Er stand in der Küche und kochte Frühstück für uns. Meine Mitte fing wieder wie wild an zu pochen als ich in seinem Umkreisradius von zwei Metern eintrete. Auch er schien meine Anwesenheit sofort zu bemerken, denn er drehte sich ruckartig um, mit dem Kochlöffel und der Schürze.

Ich nahm mir Zeit in näher zu betrachten. Jeder normaldenkende Mensch würde ihn als überdurchschnittlich gutaussehend bezeichnen. Seine Arme glichen meinen Oberschenkeln, stahlhart und durchtrainiert. Jedoch zeichnete sein Gesicht neben der härte von seinem gesammten Körper etwas weiches aus. Er hatte harte Kieferknochen, jedoch waren seine Augen irgendwie weich. Eine Mischung aus Erd-braun und Honig. Sie glänzten in der Sonne so hell und ich schien mich in ihnen zu verlieren.
Erst jetzt bemerkte ich, dass er mich die ganze Zeit intensiv angeschaut hatte. Wie hätte ich auch sonst seine Augen so genau sehen können?

"Essen ist fertig, wenn du möchtest." bot er mir die Pancakes an.
"Danke." nahm ich sie still an. Ich hasste die Stille zwischen uns. Sie ließ mich unwohl fühlen, wie die Stille nach einem heftigen Streit, was ja im Prinzip das war was wir hatten.
"Was hast..."
"Du wolltest..." fingen wir beide gleichzeitig an. Ich schmuzelte leicht und er sah mich nur aus traurigen und leeren Augen an. Es schmerzte mich obwohl ich nicht wusste wieso.

"Bitte, sag was du sagen wolltest." bot ich ihm an. Er blickte mich träge aus dunkel braunen Augen ohne jeglichen Glanz an.
"Du hast gestern nach der Warheit gefragt."
"Genau. Bist du bereit sie mir zu sagen?" fragte ich ihn.
"Erst wenn du von deinem "Ehemann" erzählst" spuckte er mir das Wort entgegen. Ich holte tief Luft. Warum interessierte er sich für ihn. Wollte er aus seinen Fehlern lernen? Sollte ich davon erzählen, dass ich ihn anfangs mochte?

"Es ist etwas schwer für mich."
"Hat er dich Misshandelt?" War die erste Frage, welche aus Nathans Mund schoss. Er hielt seine Gabel fest umklammert, beinahe schon ängstlich oder wütend über meine folgende Antwort.

"Nein, nein zum Glück nicht. Es war eher psychischer Terror." er schnaubte
"Unsere Heirat war nicht freiwillig. Mein Vater stand mit unserer Firma beinahe vor dem Bankrott. Er wollte mich damals anscheinend, und gestand meiner Familie große Anteile an seiner Firma ein, die ich durch die Ehe bekommen sollte. Meine Eltern haben mich eigentlich an ihn verkauft." er hielt seine Gabel wieder fest umklammert, als wenn er nicht hören konnte, dass ich verheiratet bin.

"Am Anfang war eigentlich alles super. Er war ehrlich nett zu mir und behandelte mich beinahe wie eine Prinzessin. Ich habe ihn gemocht." Die Gabel verbog sich.
"Doch irgendwann fing er an mein Leben kotrollieren zu wollen. Er kontrollierte mit wem ich mich umgab, er sagte mir wann ich zu welcher Veranstalltung gehen musste. Ich hatte eigentlich nie einen Tag, welcher nicht vorher von ihm geplant wurde. Ich war kein bisschen Eigenständig und das hasste ich. Ich versuchte mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, doch irgendwann durfte ich auch nicht mehr arbeiten." die Nasenlöcher von Nathan waren so aufgebläht wie ein Hefeteig und er zitterte so voller Wut.

"Bitte Nathan, beruhige dich. Warum regst du dich so auf?"
"Weil du ihm gehört hast. Er hat dich kontrolliert, er war da, nicht ich."
"Ich verstehe nicht ganz. Das ist doch genau das, was ich nicht will. Ich will nicht, dass jemand mein Leben kontrolliert."
"Bitte, Abigail. Ich kann aber nicht anders als dich zu kontrollieren."
"Warum willst du überhaupt, dass ich bei dir bleibe? Ich sehe keinen Grund bei dir zu bleiben."
Er sprang auf und lief hektisch durch den Raum.
"Hör auf. Sag das nicht." er schrie nicht, doch die Art und Weise wie er es mir befahl machte mir erneut Angst. 

"Bitte, sag mir warum es nich geht Nathan. Bitte. Ich kann nicht so leben."
"Ich kann es nicht sagen."
"Wenn du es nicht aussprechen kannst, dann zeig es mir."
"Das willst du nicht."
"Ich will dich verstehen."
Er lief im Raum wie ein eingeengtes Tier. Er tat mir leid, wie er so krampfhaft versuchte, seine Aggression für mich unter Kontrolle zu halten. Es tat mir weh, ihn so gequält zu sehen und erneut wusste ich nicht warum jemand mir so wichtig war.

The Evil - Stay with me little MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt