Alte Freunde

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Leise fiel die Tür ins Schloss. Der Mann an der Wand zuckte heftig zusammen. Dabei stieß er einen schwachen Wimmerlaut aus.

Ria schnaubte verächtlich. „Das Mitleidsbarometer ist ganz unten, mein Lieber. Was hattest du mit dem kleinen Mädchen vor, das du in deiner Abstellkammer versteckt hattest?"

Der an die Wand Gekettete lächelte sie selbstgefällig an. „Sie ist so ein süßes Ding. Du nicht, du bist zu alt."

Mit einem widerlichen Knacken traf Rias Faust auf seinen Brustkorb. Auf ihren Lippen zeigte sich ein abfälliges Lächeln. „Ich bin ja auch keine zwölf mehr. War schon verdammt dämlich von dir, so herum zu prahlen."

Verächtlich spuckte er ihr vor die Füße. „Du hast gar keine Ahnung von der Welt und willst mir sagen, was ich besser tue und was nicht?"

Ihr nächster Schlag landete in seiner Magengegend. Dem Mann verging das dumme Grinsen und er stieß einen nicht gerade leisen Schmerzensschrei aus.

„Wirklich? Nun ja, ich weiß immerhin wie man nicht auffällt, wenn man auf der Flucht ist. Aber du scheinst es nicht ganz ausgehalten zu haben."

Bitterböse funkelte er sie an. „Wenn mein Boss herausfindet, was du mit mir machst, wirst du dich auf einiges gefasst machen müssen."

Schulterzuckend schnappte sie sich ihr Messer und besah sich seine Finger. „Mein Gott, wann warst du denn das letzte Mal bei der Maniküre?" Sie ließ von ihrem bittersüßen Lächeln ab und funkelte ihn boshaft an. „Nur so, bevor ich dir eine kostenlose Behandlung zukommen lasse: Du kannst mir auch gleich sagen, wo dein Boss ist. Niemand weiß, wo du bist. Es gibt keine Spuren."

Sie gab ihm zwei Minuten, um es sich anders zu überlegen. Das tat er allerdings nichts. Summend wandte sie sich dem CD-Spieler neben der Tür zu und schaltete ihn an. „Ah, nervtötend, nicht wahr? In den Neunzigern gab es schon komische Musik. Aber ich höre sie ab und zu ganz gerne."

Spöttisch verzog er den Mund. „Na, da habe ich aber Glück, kein Musik-Freak zu sein."

Sie schenkte ihm ein Schmerzen versprechendes Lächeln. „Ja, was für ein Glück. Und was für ein Glück, dass ich heute besonders miese Laune habe."


Verwundert nahm Blake das blutbesprenkelte blaue Kleid in seine Hand. Anscheinend hatte Ria sich den Code gemerkt, als er sie letztes Mal mit in den Keller gelassen hatte. Das Geräusch des rauschenden Wassers im Bad verstummte. Er knüllte das Kleid in seiner Hand zusammen. Dieses Mädchen. Er hatte es ihr doch ausdrücklich untersagt.

Als Ria aus dem Bad kam, saß er angespannt in dem Sessel neben dem Bett. „Blake." Überrascht sah sie ihn an. „Was machst du denn hier?"

Langsam erhob er sich. Sie verspannte sich mit jedem Schritt, den er gemächlich auf sie zu geschlendert kam, mehr. Nur Zentimeter vor ihr blieb er stehen. „Warum warst du bei ihm?" Seine Stimme klang gefährlich ruhig.

Ria musste schwer schluckten. „Ich musste mich abreagieren", behauptete sie fester Stimme.

Blake schnaubte. „Ja sicher. Ich habe dir gesagt, dass du dich von ihm fernhalten sollst."

Fröstelnd schlang sie ihr Handtuch ein wenig enger um ihren Körper. „Du bist zu nahe, Blake."

Die Augen verdrehend griff er nach ihrem Handgelenk. „Du hast nichts zu verbergen, was ich nicht schon gesehen habe, Süße. Da ändern die knapp zwei Wochen, die du mir jetzt schon aus dem Weg gehst, auch nichts dran."

Mit schlechtem Gewissen wich sie ein paar Schritte zurück. Am besten wechselte sie das Thema. „Er hat versucht, Dimi umzubringen", versuchte sie sich im leicht anklagenden Ton zu verteidigen.

Rot wie Blut [Schattenseelen 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt