Blut und Dunkelheit

2.3K 210 13
                                    

Obwohl Blake recht früh wieder zuhause ankam, war Ria schon im Bett. Anscheinend mied sie ihn noch. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sie in die Nähe des Kommissars zu lassen. In einem ungewöhnlichen Anflug von Fürsorglichkeit deckte er sie wieder zu. Im Schlaf hatte sie sich wie so oft aus der Decke gestrampelt. Vorsichtig strich er ihr die Haare aus dem Gesicht. Heute war er dem Drahtzieher sehr dicht auf den Fersen gewesen. Leider war der Kerl verdammt gut und clever. Keine Spuren, kein Garnichts. Aber irgendwann würde er ihn finden und dann gnade ihm Gott. Niemand verfolgte seine Leute und schon gar nicht sein Mädchen, ohne dafür zu bezahlen.

Da Ria schon schlief, wollte er sich noch einmal mit dem Stellvertreter seines künftigen Opfers auseinandersetzen. In der Hoffnung, dass sich diese Sache sehr bald erledigt haben würde.

Langsam öffnete er die Kellertür. „Erzählst du mir jetzt, wo sich dein Boss verkriecht? Oder wie ich ihn erreichen kann?"

Halbermann verzog spöttisch die Mundwinkel. „Nur um dann zu sterben?"

Blake zog eine Augenbraue hoch. „Nun ja, du kannst weiterhin so tun, als würdest du zu ihm halten, nur um noch weiter gefoltert zu werden oder du rückst mit der Sprache raus und musst nicht ganz so viele Schmerzen ertragen."

Betont lässig lehnte er sich mit dem Rücken an die geschlossene Tür.

Der Gefangene musterte ihn eingehend. „Sie wissen, welchen Ruf Sie haben?"

„Natürlich."

Halbermann hustete verächtlich. „Dann ist doch klar, dass ich nichts sage."

„Dann solltest du wissen, dass es ratsam ist, gleich auszupacken." Träge ließ er seine Knochen knacken. Mit Genugtuung registrierte er, dass der Andere ängstlich zusammenzuckte. „Hör mal, bislang war das die Schonpackung. Soll ich die Kleine bitten, sich um deine Fußnägel zu kümmern?"

Er hatte zwar nicht vor, Ria noch einmal auch nur in die Nähe des Kellers zu lassen, aber die Drohung schien zu wirken. Anscheinend hatte sie bei ihm Eindruck hinterlassen. In Anbetracht ihrer schlechten Laune war es schon möglich, dass sie Halbermann richtig übel mitgespielt hatte. Dennoch gab es ihm zu denken, wie brutal und gewissenlos sie dabei vorgegangen sein musste. Sie war doch erst neunzehn Jahre alt. Seufzend schob er die Gedanken an Ria beiseite und konzentrierte sich auf den leicht in Mitleidenschaft genommenen Mann vor sich. 

Am nächsten Morgen wachte Ria früher auf als gewöhnlich. „Blake, was machst du denn hier?"

Überrascht schloss er die Zimmertür wieder. Er war gerade dabei gewesen, das Zimmer zu verlassen. „Ich stehe auf. Das ist immer noch unser Schlafzimmer. Guten Morgen, Süße."

Ein wenig verwirrt sah sie sich um. „Stimmt ja", stöhnte sie müde, „ich bin ja nicht im Wohnzimmer eingeschlafen. Guten Morgen."

„Da du schon wach bist, können wir auch gleich reden." Ohne sie aus den Augen zu lassen, setzte er sich auf die Bettkante.

Mit großen, müden Augen folgte sie jeder seiner Bewegungen.

„Ich möchte, dass du dich komplett vom Keller fern hältst." Er blickte ihr ernst in die Augen. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass ich dich weiterhin mit einbeziehe." Sein Tonfall sagte eindeutig, dass er nicht bereit war, darüber zu diskutieren.

Müde legte sie ihr Gesicht in ihre Hände. „Okay. Aber ich werde mich nicht wie ein kleines, hilfloses Püppchen behandeln lassen."

Seine Mundwinkel zuckten ganz leicht zu einem leisen Lachen. „Abgemacht. Weißt du schon, welches Auto du haben willst?"

Ria traute dem Braten zwar nicht ganz, dennoch war es eine Übereinkunft, die ihr den ersehnten Frieden geben würde. Bei Blake gab es immer einen Haken.

Rot wie Blut [Schattenseelen 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt