Kapitel 11

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11.

Am Ende kam mich mein super gut gelaunter Ehemann (Achtung Ironie!) holen und drückte mir stocksauer das nächstbeste in die Hand. Nachdem mit selbst keine Alternativen zu der ausgesuchten Kleidung einfielen, zog ich mich schließlich damit ins Bad zurück und zog mich an. Es war eine schlechte Entscheidung gewesen.

Das Stoffbündel in meinen Armen entpuppte sich als hautenges, kurzes Kleidchen, bei dem wohl an Produktionskosten gespart werden sollte, indem so wenig Stoff wie irgend möglich verwendet wurde.

Das ‚Kleid' hatte dünne Spagettiträger und ging mir bis knapp unter den Po. Zudem bestand es aus fast durchsichtigem rosafarbenen Stoff, der mit Spitze verziert war. Ich war heilfroh, wenigstens ein Höschen zu tragen, auch wenn das Kleid mehr zeigte, als dass es verdeckte.

Nachdem ich mir die Zähne geputzt, das Gesicht gewaschen, mich dezent geschminkt und die Haare gemacht hatte, kam ich schließlich in den Raum zurück, wo William schon ungeduldig wartete.

Doch bei meinem Anblick wurden seine Augen groß. Er scannte mich von Kopf bis Fuß, und blieb an meinen Brüsten und an meinen Beinen hängen. Beschämt strich ich mir meine Haare ins Gesicht (und über meine Brüste) und sah auf den Boden. Er sollte seine Meinung zu diesem Kleid einfach für sich behalten. Und wenn er dazu schon nicht im Stande war, dann sollte er wenigstens aufhören, mich mit diesem glühenden Blick anzusehen.

Mir wurde abwechselt heiß und kalt. Die Stille zwischen uns wurde langsam unangenehm. In der Entscheidung, etwas gegen sein Starren tun zu müssen, schnippte ich mit den Händen auf Höhe meiner Brüste, auf die William starrte und sagte: „Hey! Meine Augen sind hier oben!" Dann zeigte ich auf meine Augen und wartete die paar Sekunden ab, bis sein blick in mein Gesicht zurückwanderte.

„Gehen wir!" Der Befehlston in seiner Stimme ging mir langsam aber sicher auf die Nerven. Mein Gott, dass er es nicht mal schaffte, normal zu reden, zeugte wirklich von einem schlechten Charakter. Mit der Zeit nervte er mich immer mehr. Und das sollte wohl etwas bedeuten, da wir uns ja erst seit circa einer Woche kannten.

Ich folgte ihm nach unten, doch überraschender Weise begegnete uns niemand auf dem Weg. Vor der Tür stand ein Auto. Obwohl, so schnell wie dieses Gefährt aussah, konnte man es kaum noch als Auto bezeichnen. William, der meinen Blick auf sein Auto wohl bemerkt hatte, klärte mich auf: „Das ist eine Corvette Stingray (C7), Baujahr 2015. Das Baby hier ist auf 725 PS frisiert, der Originalmotor wurde durch ..." An diesem Punkt seiner Ausführungen machte ich dicht. Dieses ganze Faktenzeugs war nichts für mich. Ein einfaches „Das ist ein Sportwagen von 2015 mit 725 PS" hätte mir gereicht. Sie ganzen Details danach interessierten doch sowieso niemanden. Anstatt dass ich William - der gerade begeistert von seinem Auto schwärmte, als wäre er ein Vier-jähriger Junge, der mit dem Gesicht am Süßigkeiten Laden klebte – zuhörte, ging ich um das Auto herum und sah meinem Ehemann von der anderen Seite aus zu, wie er wild gestikulierend alle Details erläuterte. Ich wollte ihn nicht unterbrechen, weil sein Gesicht so sehr strahlte, und ich diesen Gesichtsausdruck einfach zu süß an ihm fand.

Nach einer Weile hörte er auf zu reden, und wir stiegen ein. Natürlich nicht, ohne dass ich ihm meine Meinung zu der Corvette mitteilen sollte, die ein ‚Ähm' und ‚echt cool' umfasste. Ich hatte schließlich keine Ahnung, was er die ganze Zeit erzählt hatte.

Aber schlussendlich schafften wir es loszufahren, und ich war aufgeregt, wie noch nie in meinem Leben. Ich schwieg die ganze Autofahrt über, war mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt und meinem Mann neben mir ging es ähnlich. Zum Ersten Mal seit wir uns kannten, herrschte einvernehmliches Schweigen zwischen uns.

***

Ich war wohl eingeschlafen, denn das nächste was ich hörte, waren Williams Worte an mich: „Catherine wach auf, wir sind da!" Ich öffnete meine Augen und was ich sah war absolut verblüffend. Bei dem Anblick meines neuen Zuhauses wurden meine Augen tellergroß, meine Kinnlade klappte runter und ich war völlig unzurechnungsfähig, alles was ich sah, war dieses große Anwesend. Ein Kiesweg führte zu einer runden Einfahrt, in deren Mitte Blumenbeet angelegt waren. Überhaupt waren hier überall Blumen; Rosen in allen erdenklichen Farben, Veilchen, Geranien, Glyzinien, und Tulpen, um ein paar zu nennen. Das Haus entpuppte sich als riesige Villa, die viele Fenster enthielt, und ich erspähte sogar eine Glasfront, ganz oben unterm Dach.

Als wir vor der Treppe, die nach oben führte parkten, kam sogar ein Butler, der mir die Türe öffnete und uns ein „herzliches Willkommen in Ihrem neuen Zuhause" wünschte. Ich bedankte mich und stieg langsam die Treppe nach oben. Die Flügeltüren meines neuen Heims standen offen, und gaben einen Blick ins Innere der Villa preis. Ich erspähte weißen Marmor, der sich in unregelmäßigen Abständen mit schwarzen Fliesen abwechselte. Zwei lange, gewundene Treppen führten nach oben in den zweiten Stock.

Doch bevor ich meinen Blick schweifen lassen konnte, legte William seinen Arm um meinen Rücken und schob mich vollends in die Eingangshalle.

Tosender Applaus empfing uns. Ich hatte nicht bemerkt, dass vor uns eine ganze Ansammlung an Menschen stand. Ein paar strahlten, andere lächelten höflich. Mir fiel eine Frau auf, die nur ganz langsam klatschte, dann die Augen verdrehte und zu uns kam. Daraufhin fixierte ich ihre perfekte Figur und bemerkte darüber gar nicht, dass das Personal aufgehört hatte zu klatschen und uns interessiert zusah.

„Mein Lieber William", sagte sie mit französischem Akzent und warf ihre Haare gekonnt nach hinten. Dieser ließ mich los, damit er sie auf französische Art - Küsschen links, Küsschen rechts – begrüßen konnte. Sie umfasste dabei seine Oberarme und presste dabei ihren Körper auf ganzer Länge an seinen. Dann flüsterte sie ihm so ins Ohr, dass ich es auch ja verstehen konnte: „Das mit deiner 'ochzeit tut mir unendlisch leid. Ausgereschnet du, wie deine Eltern dir das antu'en können, ist mir ein Rätsel!" Dann lächelte sie ihn flirtend an und sah zu mir. Doch ich war weg. Ich hatte mir gedacht, dieses Liebesgesülze nicht länger ertragen zu können und war zu dem Personal gegangen, um es näher kennen zu lernen. Ich ging zu einer hübschen, jungen Frau und gab ihr die Hand. Sie knickste und stellte sich als „Jenny Donavan, Küche" vor. So ging ich die Reihe durch und musterte jeden meiner neuen Mitarbeiter besonders gut.

Ich war gerade bei „Paolo Belissimo, ich arbeite im Garten, Ma'am" angekommen, als William neben mich trat, beiseite zog und mir zu zischte „wir begrüßen das Personal nicht!" In dem Gedanken scheuerte ich ihm eine und flehte Gott um Beistand an, als ich ihm einen Kuss auf den Mund hauchte und laut „Schatz, du musst dich doch nicht schämen" zu ihm sagte. Dann drehte ich mich um und entschuldigte mich bei dem Personal mit einem gestammelten: „Bitte entschuldigen Sie mich, meine Damen und Herren. Ich werde den Rest von Ihnen später noch begrüßen." Dann drehte ich mich zu William um, nahm ihn am Arm und ging mit ihm die Treppe nach oben.

Miss France klatschte in die Hände, rief „An die Arbeit" und kam uns hinterher.

Als mein Mann sicher war, dass uns niemand außer diesem Akzentmonster hinterher kam oder uns sehen konnte, presste er mich urplötzlich gegen die Wand und legte seinen Unterarm auf meinen Hals. Dann presste er zu, und ich bekam es mit der Angst zu tun. Ich bekam noch Luft, doch der Schock presste mir den Hals noch zusätzlich zu, sodass ich kaum atmen konnte. Ich versuchte ihn zu schlagen, treten oder irgendetwas zu machen, damit er aufhörte, doch er war zu stark. Aus dem Augenwinkel erhaschte ich einen Blick auf die Französin, die zufrieden lächelnd neben uns stand.

„Was. Hast. Du. Dir. Dabei. Gedacht?!?!", fragte mich der Typ, der mit wutverzerrtem Gesicht vor mir stand. Seine Augen funkelten, und schon sah ich nur noch im Tunnelblick seine Augen. Ich riss meine auf, und sah das Begreifen in seinem Gesicht, als er bemerkte, dass die Luft in meinem Hals zu wenig war. Ich schnappte ein letztes Mal nach Atem, dann brach die Dunkelheit über mich ein.


Cat & WillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt