Kapitel 2

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2.

4.24 Uhr, 28. Dezember 2124

Am nächsten Morgen stand ich früh auf. Ich konnte nicht länger schlafen, denn heute war mein Geburtstag. Ich war jetzt 18 Jahre alt! 18! Endlich!

Ich konnte mein Glück kaum fassen! Oh mein Gott, ich war volljährig, 18, konnte endlich selbst über mein Leben entscheiden, meine eigenen Entscheidungen treffen und den Tag, den Monat, nein, mein ganzes Leben genießen, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen, Rücksicht auf Andere zu nehmen und konnte endlich eigene Verantwortung übernehmen. 

Aufgeregt tappte ich auf Zehenspitzen, um meine Mutter nicht aufzuwecken, ins Wohnzimmer. Auf unserem winzigen Tisch standen zwei Teller und ein Großes Paket. Darauf lag eine kleine Schatulle. Neben dieser stand ein Muffin, mit einer hellen rosa Kerze darin. Die Glasur des Muffin sagte mir, dass es ein Schokoladen-Muffin war, meine Lieblingssorte.

Lächelnd nahm ich eine Streichholzpackung, die ich aus meinem Zimmer mitgenommen hatte aus meiner Tasche und zündete damit die Kerze an. Auf der Packung stand: "Catherine Marie Finigan 2106 bis 2124". Und darunter: "18 Stück enthalten!"

Leise sagte ich: "Du musstest lange warten! Aber heute ist auch dein Tag gekommen."

Plötzlich fing der Signalsender der Kom-Ec in Moms Zimmer an zu läuten. Meine Mutter sagte einmal, früher gab es Apparate, die nur Telefonieren und Nachrichten schreiben konnten. Man nannte sie Telefone oder so. Ein Kom-Ec ist so etwas, wie so ein Telefon, nur kann man mit ihnen auch in das Internet. Früher hießen solche Apparate Handy oder Computer. Heute gibt es nur noch Kom-Ecs. Sie sehen aus wie zwei schmale, kurze Papierrollen. Wenn man telefoniert, dann drückt man als erstes den Finger auf die rechte Rolle, dann hält man das sich ans Ohr. Wenn man surft, dann scannt man wieder erst seinen Fingerabdruck ein, dann zieht man die Stöcke auseinander. Dort ist eine dünne Schicht, auf der dann die Bilder oder Texte erscheinen. Also, das einzig Blöde ist, dass Frauen erst ab 18 so ein Teil benutzen dürfen. Genauer, erst, wenn sie verheiratet sind. Männer jedoch dürfen es immer benutzen und bekommen sogar als Kinder schon ihre eigenen geschenkt. Meine Mutter hatte ein eigenes, das ich ab heute auch benutzen dürfen würde. Ich nahm es in die Hand.

Gähnend kam meine Mutter aus dem Zimmer. Sie streckte fordernd die Hand aus und ich legte das Kom-Ec vorsichtig hinein. Schnell scannte sie ihren Fingerabdruck und hielt sich dann das Gerät ans Ohr.

"Hallo?", sagte sie verschlafen. Dann schwieg sie, und ich hörte am anderen Ende eine hohe Stimme sprechen.

"WAAS?!", rief meine Mutter plötzlich entsetzt. Dann schwieg sie wieder, bevor sie sagte:

"Gut ... Ja! ... Ja! ... Machen wir! ... Ich mel- ... Ja! ... Nein! .... Wir entscheiden uns und ... Ja! ... Natürlich! ... Ich melde mich später und teile ihnen dann die Entscheidung von mir und meiner Tochter mit! ... Ja! ... Auf Wiederhören! ... Ja! Tschüss!"

Meine Mom ließ sich auf einen Stuhl fallen. Zögernd ging ich zu ihr. "Mom, alles in Ordnung?" Mom seufzte und sagte : "Nein Schatz, Nichts ist in Ordnung. Das ... Das eben war ... Jacqueline. Sie ist ... die Frau von ... Michael, ... dem ältesten Sohn von ... David. Sie teilte ... mir mit,... dass David ... tot ... ist. Sie haben ihn ... anscheinend ... heute morgen ... tot in seinem ... Bett aufgefunden." Ihre Stimme brach. Ich sah Tränen in ihren Augen aufblitzen.

Ich ging vor ihr auf die Knie. "Oh, Mom, das ist so schrecklich! Tut mir leid!" Ich stand auf und umarmte sie vorsichtig. Ich war total entsetzt. Er ist tot? Er ist TOT?!?!?!?! TOT?!?!?! TOT?!?!?! Wie konnte das nur passieren? Irgendwie war ich auch erleichtert.

Am schlimmsten aber war, dass ich mich irgendwo tief in mir drinnen darüber freute. Schließlich musste ich ihn ja jetzt nicht mehr heiraten, stimmt's? Ich musste niemanden aus dieser Familie heiraten, und der ihr Geld wollte ich auch nicht. Jetzt da David tot ist, musste ich doch niemanden mehr heiraten, sondern konnte mich in Ruhe nach dem Richtigen umsehen. Also, na klar, dafür hatte ich nur zwei Jahre Zeit, aber bis dahin hätte ich ihn gefunden, dachte ich mir jedenfalls. Doch mein Irrtum klärte sich mit den nächsten Worten meiner Mutter auf. Denn sie sagte müde:

"Das heißt, du wirst William heiraten, den jüngsten von Davids Sprösslingen. Er ist so etwas wie ein "Playboy"!" Sie machte um das Wort 'Playboy' Gänsefüßchen. Dann zwinkerte sie mir zu, bevor sie ernst hinzufügte:

"Du schaffst dass, Cathy, mein Liebling. Ich... ähm ... Ich habe ihn heute zusammen mit Michael und Jacqueline zu uns zum Essen eingeladen. Er wird dir dort den Heiratsantrag machen, den du AufJedenFall annehmen wirst!" Als ich etwas einwerfen wollte, sagte sie schnell: "Ich lasse dich mal mit diesem Gedanken allein." Sie stand auf und küsste mich auf den Kopf, dann ging sie aus der Tür und ließ mich allein, so dass ich mich in Ruhe mit dem Gedanken abfinden konnte, dass ich jetzt doch heiraten würde, und zwar den Playboy der Familie. Suuuuper!, dachte ich und verdrehte die Augen. Das war mal wieder typisch ,Cat!

Jetzt stellte sich mir natürlich die Frage, wie er wohl ist, also, William. Hatte Mom nicht gesagt, er wäre nur knappe 3 Jahre älter als ich. Und er wollte mit 21 Jahren schon heiraten? Dass wunderte mich aber sehr. Allerdings hegte ich den Verdacht, dass seine Familie ihn mit dieser Heirat, wenn er denn solch ein Playboy war, nur "zähmen" wollte. Nun ja, bei unserer Verlobung - Ich schauderte bei diesem Wort - würden wir uns schon kennen lernen. Zumindest hoffte ich das.

Cat & WillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt