Kapitel 10

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10.


„Okey, du darfst schaun!", sagte Jojo und ich machte die Augen auf.

„Wow!", sagte ich überwältigt und befeuchtete mir die Lippen mit der Zunge. Meine Frisur sah atemberaubend aus. Sie sah aus, als hätte Jojo viele kleine Knoten in meine Haare gemacht, diese irgendwie geflochten und zum Schluss hochgesteckt. Ich würde gerne öfters so ein tolles Haargeflecht tragen, wäre da nicht der Anlass. Der der war – schrecklicherweise – meine Hochzeitsnacht. Dieses Wort würde auf jeden Fall in die Liste der Hasswörter gepackt werden. Zusammen mit Dessous und durchsichtig! , fügte ich hinzu und sah an mir herunter. Das war der andere Nachteil. Ich war in hauchdünne, halbdurchsichtige Seide gehüllt. Und bei der sah man wirklich alles durch. Es war mir furchtbar peinlich, so vor den anderen zu stehen. Ich glaube, dass wussten sie, ansonsten hätte es ihnen meine roten Wangen verraten. Denn diese waren Feuerwehrautorot. Noch mehr und ich sähe aus wie eine zerplatzte Tomate. Und mal ganz ehrlich, dass will doch niemand.

„Jap! Das passt!", sagte Amy und Cece gab mir ein anderes Kleid, dass ich netterweise – man beachte die Ironie – noch überziehen durfte. Dann führten sie mich durch eine kleine Türe und brachten mich irgendwie ungesehen nach oben vor eine Zimmertüre.

„Will wartet drinnen!", sagte Amy noch, und dann ließen mich die drei alleine. Na toll, und was soll ich jetzt machen?Einfach klopfen und in das Zimmer stolzieren? Und was wenn er nicht mehr da wäre? Wenn er keine Lust mehr hatte, darauf zu warten, mich zu sehen und wieder runter zur Party gegangen war?

Aber ich konnte ja schlecht die ganze Nacht hier vor der Türe verbringen, also nahm ich schließlich all meinen Mut zusammen und klopfte vorsichtig an die Türe...


*** 


Am nächsten Morgen erwachte ich so ausgeruht wie lange nicht mehr. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, auf Wolke sieben zu schweben. Das Bett auf dem ich lag, war wunderbar weich, durch das geöffnete Fenster zog warme Luft und ich hörte die Vögel draußen im Garten  zwitschern. Alles in allem versprach es, ein wundervoller Frühlingstag zu werden. (Wenn du dich jetzt wunderst, warum es Ende Dezember schon Frühlingstemperaturen hat, dann kommt hier die Erklärung: Nach dem großen Krieg, dem dritten Weltkrieg, waren einige Regionen  und Länder der Welt nicht mehr bewohnbar, da vor allem Atomwaffen eingesetzt worden waren.  Deswegen wurden die Bewohner dieser Städte in anderen Ländern oder gar Kontinenten untergebracht. Für den Transport wurden Straßennetze gebaut, und Fahrzeuge benötigt. Dadurch hatte sich der CO2-Gehalt enorm erhöht, und die Temperaturen sind angestiegen. Mittlerweile existiert nur noch Frühling, Sommer und Herbst, der Winter ist nur seltenst noch vorhanden. Als die Regierung das Problem bemerkte war es bereits zu spät; der Regenwald und fast alle anderen Wälder waren komplett abgeholzt. Deswegen wurden in den Radioaktiv verseuchten Ländern Bäume gepflanzt, die in einem Labor gezüchtet wurden, sodass sie gleichzeitig auch ein Gegenmittel zu der Radioaktiven Strahlung beinhalteten. Dies half bis zum heutigen Tag enorm, weswegen die Chance auf einen Winter zu Greifen nahe gekommen ist.)

Ich streckte mich langsam und drehte mich dann mit einem Lächeln im Gesicht auf die andere Seite. Und sah geradewegs in zwei dunkelgrüne Augen, die mich anblickten.

„William!", quietschte ich erschrocken und räusperte mich unhörbar.

„Catherine!", sagte dieser mit unhörbarem Genuss in der Stimme. Ich erschauderte, auch wenn ich den Blick seiner Augen nicht zu deuten vermochte.

„Was machst du hier?" Hilfe! Warum klang meine Stimme immer noch so piepsig?

„Ich hatte eine erfüllte Nacht mit dir!"

„W-was?", stotterte ich. Wovon sprach er?

„Unsere Hochzeitsnacht, hast du die etwa schon wieder vergessen?" Holy... Jetzt wusste ich wieder wovon er redete. Allerdings erinnerte ich mich nicht mehr daran, mit ihm geschlafen zu haben.

„Naja, ist ja auch kein Wunder, so betrunken wie du warst!", sagte er scheinbar gleichgültig und erhob sich – nackt. Schnell wandte ich den Blick ab. Ich war auch schon, ohne, dass ich das genauestens betrachtet hatte rot genug.

Und schließlich war ich geschockt über das, von dem ich nicht wusste, ob ich es wirklich gehört hatte.

„Bitte was?"

„Du warst betrunken! Hast du was auf den Ohren?"

„A-aber ich habe doch kaum was getrunken!" Ich hatte doch nur den Sekt probiert, oder was immer das war. Oder etwa nicht?

„Was an das erinnerst du dich auch nicht mehr?" Er drehte sich halb in meine Richtung, während er sich – endlich – etwas überzog.

„Schätze nicht...", erwiderte ich verunsichert, auf seine leicht amüsierte Frage.

„Du hast eine ganze Flasche Wein alleine ausgetrunken.", erklärte er nüchtern.

„ICH HAB WAS?!", schrie ich beinahe, worauf mein Kopf gefährlich zu pochen anfing.

„Du. Hast. Eine. Ganze. Flasche. Wein. Allein. Ausgetrunken."

„U-Und woher hatte ich die?" Langsam stieg der Verwirrtheitsgrad von 100% auf 200%.

„Die stand hier rum!" Er hatte sich nun fertig angezogen und drehte sich mit einer Sonnenbrille auf der Nase zu mir um. Er wirkte gelassen, während er mir davon erzählte. Das stand im krassen Gegensatz zu mir, ich zitterte wie Espenlaub.

Leider fiel mir im Moment einfach keine schlagfertige Erwiderung ein. Doch die wurde auch nebensächlich, als William sagte, oder wohl eher befahl, dass ich, wenn ich mir etwas angezogen hatte runter kommen solle, damit wir „nach Hause fahren können". Wo auch immer das liegen mag...

Aber jetzt hatte ich mich erst mal mit ein wichtigeren Problem zu befassen: Was sollte ich anziehen??

Natürlich etwas Freizügiges!

Spinnst du?!

Nein! Irgendwie musst du den Kerl doch reizen! Ansonsten verlässt er dich schon morgen!

Aber nicht mit freizügigen Sachen!

Doch na klar!

Da zeigt man viel zu viel Haut!

Er hat dich doch schon nackt gesehen!

Trotzdem nicht!

Doch mach jetzt! , stritten sich meine beiden inneren Stimmen. Sie waren mir beide keine Hilfe, eher im Gegenteil. Deswegen sah ich erstmal in den Kleiderschrank, was er so herzugeben hat. Und ich vermutete, dass die Mädels das eingekauft hatten; Es waren quasi nur leicht nuttig wirkende Kleider, die extra kurz waren uns meistens nicht einmal Träger besaßen. Da würde es sicher viel Spaß machen mich umzuziehen. Denn offensichtlich hatten sie dieselbe Meinung wie meine „Böse" innere Stimme...JE FREIZÜGIGER, DESTO BESSER!



Cat & WillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt