Wolfsmate

32

Ich weiß nicht wie lange ich gebraucht habe, denn es hat sich angefühlt wie Minuten, ehe ich die Tür des Schulhauses erreiche und aufreiße. So schnell ich kann sprinte ich den Gang entlang und biege um ein paar Ecken, ehe ich auch schon am Ende des Ganges eine große Schülermasse erblicken und ein schmerzhaftes und erschöpftes Aufstöhnen hören kann.

Wie automatisch steuere ich die Masse der Schüler an und drängle mich zwischen ihnen, gefolgt von Carter durch, ehe wir neben Noah, ein paar Schritte im Kreis, zum stehen kommen. Die Schülermasse hat an beiden Seiten des Ganges eine Art Halbkreis gebildet. Sie alle halten abstand zu den Menschen, die in der Mitte stehen.

Meine Augen erfassen entsetzt die Szene. Jack liegt komplett blutig geschlagen und völlig ausgelaugt am Boden, neben ein paar Spinden. Der Alpha, hält einen weiteren Schüler an dessen Kehle gegen die Spinde gedrückt und knurrt ununterbrochen. Er bewegt seinen Kopf ein Stückchen auf die Seite und entblößt mir das Gesicht des Jungen. Es ist Cole.

Mein Kopf ist wie ausgeschaltet und trotzdem handle ich ohne nachzudenken und bin mit ein paar schnellen Schritten und einem lauten knurren bei Cole und dem Alpha, dessen Augen in diesem strahlenden, furchteinflößenden Rot glühen. Mit soviel Kraft die ich aufbringen kann, hole ich aus und verpasse dem Alpha einen kräftigen Kinnharken, wodurch er automatisch von meinem Bruder ablässt und ein paar Schritte nach hinten taumelt. Die Menge zieht erschrocken die Luft ein. Eine Jungwölfin, die einem Fremden Alpha eine verpasst, sieht man auch nicht alle Tage.

Cole fällt zu Boden und bleibt dort nach Luft ringend liegen. Mein Blick fliegt kurz besorgt zu ihm, ehe ich jedoch ein wütendes Knurren hören kann. Ich wende meinen Blick wieder von meinem Bruder ab und starre meinen gegenüber mit zusammengekniffenen Augen an. Sobald er ein weiteres Knurren ausstößt, reagiert mein Wolf automatisch. Mein Bruder und Jack liegen hinter mir am Boden, komplett Schutzlos, sofort wechsle ich in den Beschützermodus und knurre zurück.

Wie als hätte ich ihm nochmal eine verpasst, bleibt dieser stehen und seine Augen weiten sich schockiert. Gerade will er einen Schritt machen, als Julien sich durch die Schülermasse drückt und an ihm vorbei zu mir und Cole eilt und sich beschützend vor uns stellt.

"Aus dem Weg Alphaprinz!" knurrt der Alpha wieder. Der knurrt ja ganz schön viel...

"Lass es sein Nathan. Sie läuft nicht weg." versucht Julien ihn zu beruhigen. Ich jedoch wende mich von den Beiden ab, mein Zwilling hat die Situation anscheinend im Griff und knie mich zu Cole runter. Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, wie Noah und Carter zu Jack eilen.

Kaum das ich mich zu Cole gekniet habe, lässt dieser sich erschöpft gegen mich sinken.

"Hey, bist du okay?" flüstere ich Cole zu, welcher nur leicht nickt und sich weiter an mich lehnt, woraufhin auch schon wieder ein knurren vom Alpha ertönt.

"Das ist unser Bruder!" erklärt Julien im ernsten Ton an den Alpha gewandt, ehe er sich der Schülermasse zuwendet. "Verschwindet alle, sofort!". Kaum das die Worte durch den Gang hallen, flüchten die Schüler so schnell sie können. Nur wenige Momente später sind alle verschwunden.

"Das ist mir egal, sie ist meine Mate!" erwidert der Alpha und blickt von meinem Zwilling zu mir. Meine Augen sind schockiert geweitet. Also ist Lia's Vermutung doch richtig. Sie hatte recht. Er ist mein Mate.

Wie versteinert hocke ich neben meinem kleinen Bruder und blicke zu dem Alpha auf, er erwidert meinen Blick. Ich reiße meinen Blick von seinen nun nicht mehr roten, sondern Eis-blauen Augen los und versuche mich auf Mrs. Clark zu fokussieren, welche sich kurz neben Cole hockt und ihn betrachtet. Doch ich spüre seinen Blick an mir kleben und jede meiner Bewegungen beobachten, was mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt.

"Rose, kannst du deinen Bruder bitte zur Krankenstation bringen? Da werde ich ihn mir genauer ansehen." reißt mich Mrs. Clark aus meinen Gedanken und wendet sich ohne uns weiter zu beachten Jack zu.

"Hmm... Noah, Carter, schafft ihr es Jack zur Krankenstation zu bringen?" fragt sie die zwei Jungs.

"Ja klar." erwidert Noah und hebt Jack, ohne auch nur auf Carters Hilfe zu warten, im Brautstyle hoch.

Ich erhebe mich ebenfalls und ziehe Cole auf die Füße. Seinen Arm lege ich um meine Schulter und so machen wir die ersten Schritte, ehe wir von einer Person aufgehalten werden, die sich uns in den Weg stellt.

"Du bleibst hier." Mit ernstem Blick blickt mein Mate erst mich an, ehe er seinen Blick zu Carter schweifen lässt.

"Carter, bring ihren Bruder zur Krankenstation." befielt er ihm mit seiner Alphastimme. Der Angesprochene tritt mit gesenktem Blick vor und nimmt mir Cole ab, ehe er ihn zur Krankenstation führt. Ich blicke ihnen nur stumm hinterher. Sobald die beiden um die Ecke verschwunden sind, und nur noch Nathan, Julien und ich im Flur stehen, wende ich meine Blick ab und lasse ihn zu Julien gleiten. Dieser sieht mich erschöpft und besorgt an. Meine Füße setzen sich automatisch in Bewegung und führen mich mit einem großen Bogen um meinen angeblichen Mate, zu meinem Bruder, an dem ich erschöpft meinen Kopf anlehne und meine Arme um ihn schlinge.

"Hey, alles gut. Das wird schon wieder." flüstert mir dieser zu und streichelt mir über den Kopf.

"Nimm deine Finger von ihr!" knurrt der Alpha hinter uns wütend und bedrohlich, was mich nur dazu bringt mich noch mehr an meinen Bruder zu drücken. Normalerweise würde ich mich einer Person, die uns anknurrt selbst stellen, anstatt mich bei meinem Bruder zu verkriechen, wie ein kleiner Welpe, aber dieses Knurren, das knurren meines Mates macht mir einfach eine heiden Angst.

'Mein Mate' das ich das wirklich sage. Ich habe so gehofft gehabt, das Lia mit ihrer Vermutung falsch lag, das es einen anderen Grund hatte, warum er mich an dem Abend mitgenommen hat, doch insgeheim habe ich es auch schon befürchtet. Nach all dem was man sich über ihn erzählt, was er mit seiner Mate anstellen wird, sobald er sie gefunden hat. Es macht mir Angst. Und jetzt, habe ich sogar gesehen, das er seinen und meinen Bruder halb totschlagen würde, nur um zu mir zu kommen. Es macht mir eine Heiden Angst.

"Du hast mir gar nichts zu befehlen, erst recht nicht darüber, ob ich meine Zwillingsschwester umarmen darf. Du sagtest vor zwei Tagen, du willst sie mit zu dir nehmen, auf sie aufpassen und dafür sorgen, das sie ein glückliches Leben führen wird. Sieht meine Schwester für dich gerade glücklich aus?" scheißt Julien zurück und streicht mir weiter beruhigend über den Kopf und den Rücken.

Frustriert Atmet mein Mate aus. "Julien wendet seinen Blick von unserem gegenüber ab und blickt zu mir herab.

"Wir gehen jetzt zur Umkleide, du ziehst dich um und dann fahren wir nach Hause und besprechen die nächsten Schritte mit Dad, okay?" bietet mir Julien an. Ich nicke nur und lasse mich von ihm zu den Umkleidekabinen führen. Der Alpha folgt uns. Ich kann seinen Blick in meinem Nacken spüren, der mich bei jedem meiner Schritte beobachtet. Eine Gänsehaut überrascht mich und lässt mich mich kurz durchzucken. Ich kann mir schon sein grinsen im Gesicht vorstellen, da er mit Sicherheit meine Reaktion auf seinen Blick sicherlich bemerkt hat.

An den Umkleiden angekommen, verschwinde ich schnell in der Damenumkleide und Atme einmal kurz tief ein, sobald ich aus seiner Sichtweite bin. Ich beeile mich nicht, jedoch brauche ich nur wenige Minuten, ehe ich umgezogen und mit meiner Tasche über der Schulter wieder aus der Umkleide trete.

Die beiden Jungs lehnen mit großem Abstand zueinander an der Wand gegenüber der Tür und beschäftigen sich, am Handy. Sobald ich jedoch heraus komme, erhebt mein Mate seinen Blick und betrachtet mich von Oben bis unten, ehe er mir wieder in die Augen blickt.

"Können wir los?" unterbreche ich sein Starren und mache mich mit den beiden Jungs auf den Weg zum Parkplatz.