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Das zweite Mal an diesem Tag sitze ich schweigend in einem Auto und blicke traurig nach draußen. Wir fahren sicherlich schon seit einer halben Stunde, doch gesagt hat in dieser Zeit keiner von uns auch nur ein Wort. Die Bäume fliegen an uns vorbei. Ich schließe meine Augen und lehne meinen Kopf an die kalte Fensterscheibe. Heute ist einiges passiert, dass ich erst einmal verarbeiten muss.

Der Gedanke, dass der Alpha, der mich auf der Party entführt hat, mein Mate sein soll, ist heute zur Realität geworden. Der Fakt das mein kleiner Bruder innerhalb von wenigen Tagen das zweite mal wegen mir verletzt wurde. Die Erkenntnis, dass ich meine Familie ab jetzt nicht mehr jeden Tag sehen werde und ach ja hab ich es schon erwähnt? Die Tatsache das ich einen verdammten Mate habe. Einen Mate... einen Selenverwandten... nein... meinen Selenverwandten.

Durch meine Gedanken abgelenkt, bemerke ich nicht, wie er mir immer wieder Blicke zu wirft und auch nicht, das wir bereits vor seinem Haus zum stehen gekommen sind. Ich schrecke erst aus meinen Gedanken und öffne meine Augen, als ein klopfen gegen die Fensterscheibe ertönt und die Beifahrertüre sich öffnet. Ich schüttle Kurz meinen Kopf, um meide Gedanken ein bissel zu richten und schnalle mich ab. Nathan bietet mir seine Hand als Hilfe zum aussteigen an, welche ich jedoch einfach ignoriere und mit meinem Schuhkarton in den Armen aus dem Auto hüpfe.

Bei meiner Flucht vor ein paar Tagen habe ich nicht wirklich auf meine Umgebung geachtet gehabt, weswegen ich das Haus, vor dem wir nun stehen, interessiert betrachte. Es ist in dunklen grauen Tönen gehalten und wird von Steinwänden abgelöst. Es hat etwas abschreckendes und trotzdem gemütliches wirkendes an sich. Es erstreckt sich auf drei Stockwerke.

"Gefällt es dir?" haucht er hinter mir. Sein Atem streift meinen Nacken und hinterlässt eine angenehme Gänsehaut. Ich drehe meinen Kopf ein Stückchen nach hinten und bemerke erst jetzt, wie nah er bei mir steht. Ich nicke leicht und mache schnell ein paar Schritte, um etwas abstand zwischen uns zu bringen. Ohne auf ihn zu warten, bewegen sich meine Füße auf den Eingang des Hauses zu. Seine Schritte erklingen direkt hinter mir.

Er zieht den Schlüssel aus seiner Hosentasche und öffnet uns die Türe. Wir betreten einen kleinen Empfangsraum, an welchen auf der linken Seite Treppen nach oben führen. Ein paar Pflanzen stehen zur Dekoration im Raum, doch ansonsten ist es mit seinen weißen Wänden und den dunklen Fließen recht schlicht gehalten.

Ich folge meinem Mate zu einer Kammer an der Wand, in der er seine Jacke und seine Schuhe ablegt und tue es ihm gleich.

*

Nathan gibt mir eine kurze room-tour. Er zeigt mir das Wohnzimmer, die Küche, das Esszimmer und ein Bad im Erdgeschoss, sowie das kleine Fitnessstudio und einen leeren Raum im Keller. Im Ersten Stock eine kleine Bücherei, die gleichzeitig sein Arbeitszimmer ist, drei Gästezimmer und ein großes Bad. Sobald wir den zweiten Stock erreichen führt er mich zu erst zu einem Zimmer, in welchem ein paar Sofas stehen und alles sehr gemütlich eingerichtet ist. Er führt mich zu einem weiteren Zimmer, das ich als weiteres Schlafzimmer erkennen kann, ehe wir uns dem letzten Raum hier oben nähren.

Noch bevor ich die Türe öffne, weiß ich bereits, das sich hinter dieser Tür sein Schlafzimmer befindet, in welchem er mich letztens noch erst eingesperrt hat.

"Joa, und das ist unser Zimmer." erklärt er mir und betritt den Raum nach mir. Bei seinen Worten bleibe ich augenblicklich stehen.

"Du meinst dein Zimmer." erwidere ich und starre ihm hinterher, während er weiter in den Raum tritt.

"No mia vita. Das ist unser Zimmer." entgegnet Nathan und wendet sich mir zu. Ich stehe immer noch zwei Schritte von der Tür entfernt und starre ihn ungläubig an. Erwartet er wirklich das ich mich neben ihn ins Bett lege, nachdem was er tut?

"Ich werde mir nicht ein Bett mit dir teilen! Ich beziehe eines der Gästezimmer." Mit diesen Worten drehe ich mich um und mache mich auf den Weg, zu einem der Zimmer im ersten Stock, eines von denen welches am weitesten von ihm entfernt ist. Doch kaum das ich die Treppe erreicht habe, wird mein Handgelenk von Nathans starker Hand umfasst und ich werde herum gerissen.

"Du schläfst bei mir!" knurrt er und starrt mir mit seinen roten Augen entgegen. Angst steigt in mir auf und ich ziehe automatisch den Kopf ein bisschen ein. Doch will ich noch nicht einknicken, egal wie viel Angst ich gerade vor ihm habe.

"Bitte. Nur die ersten Nächte." Versuche ich es nochmal und blicke von unten, bittend zu ihm auf. Seine Augen färben sich wieder in ihr Eisblau zurück.

"Eine Nacht. Danach schläfst du bei mir." willigt er ein und lässt von meinem Handgelenk ab. Als Zeichen des Einverständnisses nicke ich ihm kurz zu und flüchte die Treppe in den ersten Stock hinab. Das ich vorhabe Nachts aus seinem Zimmer zu schleichen, um mich in ein anderes Bett zu legen, behalte ich lieber für mich. Ich suche mir das aller letzte Zimmer des Ganges und verschwinde darin. Den Atem anhaltend lehne ich mich gegen die geschlossene Tür und lausche den Geräuschen des Hauses. Ich höre seine Schritte die Treppe nach unten stapfen und das Erdgeschoss betreten. Erleichtert atme ich aus, ehe ich mich in dem Zimmer umblicke.

Im Raum befindet sich ein großes, gemütlich aussehendes Bett, ein paar Schränke und eine gemütliche Sitzecke auf einer größeren Fensterbank, auf welche ich auch gleich zusteuere und mich auf die weichen Kissen setze. Mit den Beinen an meinen Körper angezogen hocke ich auf der Fensterbank und blicke hinab auf den Garten hinter dem Haus.

Von meinem Standpunkt aus kann ich einen kleinen Teil der Terrasse erkennen, auf der sich, wie ich vorhin feststellen konnte, ein Grillplatz und ein großer Tisch befinden, an denen man im Sommer sicherlich gerne Sitzt und zu abend isst. Mein Blick gleitet weiter, zu einem großen Pool und der großen Wiese daneben, die Ordentlich und gut gepflegt aussieht. Ich frage mich, ob er sich wohl selbst um den Garten kümmert oder ob er dafür jemanden angeheuert hat, der das für ihn erledigt. Ich kann mir nicht so ganz vorstellen, dass er neben all seinen Pflichten als Alpha die Zeit findet Gartenarbeit zu erledigen. Mein Vater hatte für unseren Garten einen Gärtner engagiert, der sich ums Rasenmähen kümmert, da er nicht die Zeit dafür aufbringen konnte.

Ein Gähnen entweicht mir und ich spüre, wie ich langsam müde werde. Es war ein anstrengender Tag, es schadet also nicht, wenn ich mich mal kurz hinlege und für ein paar Minuten die Augen schließe. Abermals gähnend erhebe ich mich also von der Fensterbank und steuere das Bett an. Da ich immer noch meine Leggins, das lockere T-shirt und meine Jacke anhabe, da ich vorhin keine Lust hatte mich groß umzuziehen und so also nur schnell meinen Onesie in die Tasche gestopft hatte, lege ich mich nur auf die Decke drauf, anstatt mich drunter zu kuscheln und schließe meine Augen um nur für ein paar Minuten mal kurz zu Dösen.

*

Durch das Geräusch von sich nähernden Schritten schrecke ich aus meinem halb Schlaf auf. Ein sachtes klopfen ertönt an der Zimmertür.

"Kommst du runter mia vita? Es gibt essen." höre ich Nathans Stimme von der anderen Seite der Tür, ehe sich seine Schritte wieder entfernen. Ein leichtes lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Das ist der erste männliche Mitbewohner, den ich je hatte, der an eine Tür anklopft, anstatt einfach herein zu platzen.

Ich strecke mich einmal kurz und erhebe mich vom recht gemütlichen Bett. Mit langsamen Schritten erreiche ich die Tür des Zimmers und mache mich auf den Weg nach unten ins Erdgeschoss. Der Duft von Lasagne steigt mir in die Nase und meine Augen weiten sich freudig. Lasagne ist eines meiner lieblings Essen, nach Pudding natürlich. Mit enthusiastischeren Schritten begebe ich mich also ins Esszimmer und erblicke zwei romantisch gedeckte Plätze am Tisch. Verwirrt bleibe ich stehen und betrachte die Kerzen zwischen den Tellern und das verdunkelte Licht der Lampen argwöhnisch. Was hat er vor.

Langsam setzen sich meine Füße wieder in Bewegung und steuern einen der beiden Plätze an. Ich lasse mich auf den Stuhl sinken und betrachte immer noch argwöhnisch, jedoch mit einem leichten lächeln im Gesicht den gedeckten Tisch. Der Geruch von Lasagne wird stärker und keine Sekunde später betritt Nathan mit zwei Tellern in der Hand das Zimmer. Er stellt einen der Teller vor mir auf den dafür vorgesehenen Platz und setzt sich auf den Stuhl mir gegenüber und stellt seinen Teller vor sich ab.

"Ich hoffe es schmeckt dir."

WolfsmateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt