Kapitel 35

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Ich blicke auf, als auf einem der Häuser ein hell schimmerndes rosa Licht anfängt zu glühen. „Leute...", Kai, der es auch bemerkt hat, blickt hinauf. Das Leuchten fesselt auch den Blick aller anderen. „Jade!" Entfährt es mir und ich renne Richtung Hochhaus los, doch Kai hält mich fest. „Spinnst du, Wyldfyre?!" Fragt er. Ich reiße mich los und sehe ihn entgeistert an. „Nein, ich versuche Jade zu helfen!" Entgegne ich und gehe weiter. Die anderen wollen mich aufhalten, doch ich ignoriere es.

Ich muss meine Freundin retten. Nicht nur sie. Sondern auch die gesamte Stadt, bevor sie unabsichtlich alles zerstört.

Ich klettere so schnell ich kann hoch, wobei ich einen wütenden Schrei höre. Jades Schrei. „Du lernst nie, oder?!" Der Satz wiederholt sich immer wieder in meinem Kopf. Das Licht wird immer heller und ich bin geblendet. Oben angekommen weiss ich dann aber doch nicht, was ich tun sollte. Das Licht kommt wirklich von Jade aus und Shayan weicht zurück. Was hat er getan, dass sie so wütend wurde? Als mein Blick etwas weiter hinunter gleitet, sehe ich eine große Stichwunde. Blut rinnt aus Jades Körper und sie sieht ihn schon beinahe hasserfüllt an. „Jade!" Ich höre meine eigene Stimme nicht, da sie in einem lauten Brüllen von Jade untergeht.

Innerhalb einer einzigen Sekunde wird das Licht größer und explodiert förmlich. Ein starker Windstoß lässt mich zu Boden stürzen. Meine haut wird von dem rauen Beton aufgeschürft und verpasst mir eine weitere Wunde. Dann verschwindet das helle Licht und ich kann wieder sehen. „Jade!", ist das erste, was ich hervorbringe. Ich eile zu meiner Freundin, die kraftlos in sich zusammensackt.

Ist sie ohnmächtig oder tot? Sind es die Kräfte oder ist es die Stichwunde, die eine dunkelrote Pfütze aus Jades Blut hinterlässt? Ich knie mich neben sie hin. Ihre Brust bewegt sich kein Stück. Meine Hand gleitet zu ihrem Handgelenk und ich prüfe ihren Puls. Mit der letzten Hoffnung, die ich noch habe, warte ich ab. Nichts. In meine Augen bilden sich Tränen und ich spüre ein unerträgliches Stechen in meiner Brust. Der Schmerz von Jades Verlust.

„Keine Sorge", hatte sie gesagt, bevor sie sich wegdrehte um Shayan und Anjing zu finden und uns ignorierte. Und jetzt liegt sie in meinen Armen, umgeben von Blut und tot. Die anderen kommen auf das Dach. Shayan, der von Kristallen zerfressen und zerstört wird, wird keines Blickes gewürdigt. Auch die restliche Stadt, die kristallisiert ist, wird nicht beachtet. Das ganze ist alleine seine Schuld. Von mir aus kann er liebend gerne verrecken, er hat es nicht anders verdient. „Was ist passiert?" Fragt Lloyd den blick auf Jades Bauch gerichtet. Wäre da nicht das ganze Blut, würde man vielleicht den Boden sehen. „Ich weiss es nicht." Das einzige, was ich weiss, ist, dass ich zu spät kam. „Denkt ihr, sie ist wegen dem so wütend geworden?" Frage ich mit bebender Stimme. „Ich weiss es nicht." Ist die einzige Antwort, die ich kriege.

Ein Krankenwagen - der von Zane gerufen wurde - biegt in die Straße ein und Sanitäter beeilen sich, um hierherzukommen. „Der bringt auch nichts mehr." Schluchze ich. „Gib nicht so schnell auf...", will Kai mich trösten, doch es bringt nichts. „Sie atmet nicht und hat keinen Puls, was soll's bringen?" Frage ich giftig zurück. Lloyd sieht mich verwirrt an und greift nach Jades Hand. Er legt seine finger auf ihre Pulsadern. Währenddessen fesselt etwas anderes meinen Blick.

Kaum zu erkennen und langsam, hebt und senkt sich Jades Brust. „S-Sie...", ich breche ab. „Wyldfyre, sie hat doch einen Puls!" Meint Lloyd. Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung. Er nimmt meine Hand und hält meine Finger an die Stelle an Jades Unterarm hin, die ich beim letzten Mal auch geprüft habe. Und dieses Mal versichert mir das sanfte Pochen, dass sie lebt.

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Mühevoll öffne ich die Augen ein wenig, schließe sie dann aber gleich wieder, weil ich von dem grellen Licht einer Lampe geblendet werde. „Sie ist wach!" Höre ich Wyldfyres Stimme aufgeregt rufen. Ich zwinge mich dazu, meine Augen offen zu lassen und sehe noch, wie jemand rausrennt. Scheinbar bin ich in einem Krankenhaus. Zumindest sieht es sehr danach aus und im Kloster sind wir schonmal nicht. Wyldfyre kommt zu mir an mein Bett und umarmt mich vorsichtig. Ich erwidere die Umarmung, auch wenn es sich anfühlt, als hätte ich nicht einmal dafür genug Energie. Als Wyldfyre sich aus der Umarmung löst, sieht sie mich vorwurfsvoll an. „Ich habe dir doch gesagt, ich komme mit!" Sagt sie und stützt ihre Hände in die Hüfte. „Es ist doch alles gut", wehre ich ab. „Du hast, nachdem ich zu dir bin, bestimmt eine Minute lang nicht geatmet. Weisst du, nach was für einer Ewigkeit sich das angefühlt hat?!" Fragt sie. Eine Träne rollt ihr über ihre Wange. „Ich dachte, du wärst tot!" Fügt sie hinzu und wischt sich über die Augen. Sie hat wirklich recht. Es war dumm von mir gewesen zu denken, dass nichts passiert. „Es tut mir leid." Sage ich geknickt. Wyldfyre setzt sich neben mir auf die Bettkante. „Es ist okay", meint sie dann, „ich will einfach nicht, dass dir etwas Schlimmes passiert." Erklärt sie. „Ich tue sowas nie wieder. Versprochen." Ich streiche sanft über die Wange meiner Freundin, um eine Träne abzuwischen. „Wirklich nicht?" Fragt Wyldfyre zögernd und schnieft. „Wirklich nicht." Bestätige ich mit einem leichten Lächeln und lege meine Lippen sanft auf ihre. Nachdem ich mich von ihr löse, umarme ich Wyldfyre fest. Zumindest so fest, wie ich es in meinem Zustand kann. Die Tür schwingt auf und die anderen kommen rein, alle haben ein Lächeln im Gesicht. „Was ist passiert?" Fragt Jay sofort. „Lass sie doch erst mal ausruhen." Erwidert Nya und sieht ihn streng an. „Nein, Nein, ist okay." Sage ich lächelnd und rücke mich zurecht. „Wir haben eine weile lang gekämpft, dann wollte ich ihn irgendwie ablenke und... na ja, er hat tatsächlich zugehört, als ich mit ihm geredet habe, aber... vor mir stand nur eine Illusion. Er hat mich von hinten erstochen." Sage ich. Meine Hand bewegt sich wie von sich selbst zu meinem Bauch und ich drücke sanft dagegen. Autsch. „Was dann passiert ist, weiss ich nicht." Meine ich und sehe die anderen fragend an. „Du hast die halbe Stadt kristallisiert. Außer Shayan und Anjing ist niemand zu Schaden gekommen." Erklärt meine Freundin. „Ich habe mehr oder weniger versucht, nur die beiden zu treffen, aber ich war nicht sicher." Murmle ich. „Na ja, du hast es doch geschafft... Also hast du deine Kraft kontrolliert. Mehr oder weniger." Meint P.I.X.A.L lächelnd. Ich nicke stumm. „Aber du machst trotzdem nie wieder so etwas, blöde Kuh." Sagt Wyldfyre grinsend. „Ich habs verstanden", lache ich und küsse ihr auf die Wange.

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1110 Wörter

Jade || Roman ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt