Epilog

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Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass man alles erreichen könnte, wenn man daran glaubt und dass alles besser wird.

Aber das kann ich nicht, da es eine Lüge wäre.

Man kann kein Spitzensportler sein ohne zu trainieren, kein ausgezeichneter Schüler ohne im Unterricht aufzupassen und zu lernen, keine Freunde oder einen Partner finden, wenn man immer nur zu Hause sitzt und Netflix schaut.

Man kann leider nicht einfach so aufhören sich selbst zu hassen. Wenn es bloss so einfach wäre. Es wird immer Mobbing, Belästigung, Rassismus, Homophobie und was weiss ich alles geben, darin bin ich mir sicher. Aber irgendwann werden vielleicht die Mobber selbst gemobbt und bereuen ihre taten oder die Person die immer Homophobe Kommentare machte hört auf, weil jemand aus seinem Umkreis queer ist und ihm die Person wichtiger ist als die Sexualität, die nur einen Bruchtteil der Persönlichkeit ausmacht. Aber die Opfer können auch zum Täter werden. Irgendwie erscheint es nach viel zu wenig Leuten, die die Mitte zwischen den Dingen finden. Sollte man es tun, kann man stolz drauf sein. Aber die wenigsten haben wohl noch nie jemanden beleidigt, irgendwie verletzt oder mal gemein gewesen. Ich versuche ein Vorbild für Ninjago City zu sein, versuche meine schlechten Taten und unbeabsichtigte Morde irgendwie auszugleichen, indem ich Leuten helfe. Die Leute, die gestorben sind, kann ich nicht zurückholen. Nicht etwa das Mädchen, das sich Shayan angeschlossen hatte, und Shayan selbst noch weniger. Es tut mir Leid, hallen seine Worte täglich in meinem Kopf nieder, während ich wünschte, er könnte mir erklären, ob die Worte irgendeine Bedeutung haben. Und Anjing wird auch nicht zurückkehren. Harumi wird auch tot bleiben. Okay, ich habe sie nicht ermordet. Es war bei keinem von ihnen Absicht, doch trage ich bei jeder der dreien eine gewisse Schuld. Aber abgesehen von Harumi sie selbst auch. Keinesfalls hat es einer von ihnen verdient, das meine ich ernst. Das Mädchen war Jung, da macht man dumme Sachen. Shayan mag zwar körperlich älter sein, aber er hatte nie die Erfahrungen gesammelt, um richtig erwachsen zu werden, weil er sich in seinem Hass verlor. Anjing... ich weiss nicht. Ich kenne ihn kaum, aber er muss Shayan schon lange kennen, denn er hat ihm geholfen, obwohl ich ihm nichts getan habe. Irgendwie verständlich. Ich würde meinen Ninjafreunden um ehrlich zu sein auch helfen, wenn einer von ihnen mit einer Leiche ankäme. (Vielleicht sollte sich das nicht groß rumerzählen.) Und Harumi? Sie hat ein paar schlimme Sachen getan, mag ja sein. Aber trotzdem war stets das Gute in ihrem Herzen. Sie hat es nur verdrängt, weil sie ihre Eltern rächen wollte. Ein bisschen wie Shayan. Aber sie hat es geschafft, aus dem Teufelskreis der Wut zu entkommen und ist nicht wie Shayan an der Rachsucht erblindet. Sie war genau wie die anderen drei zu Jung, viel zu Jung. Trotzdem sind sie nicht die einzigen, die so früh sterben. Leute verletzen sich selbst oder schlimmeres, weil sie gemobbt werden, denken sie würden nirgendwo dazugehören und nicht auf diese Welt zu passen und hassen sich selbst, ohne einen richtigen grund zu haben. Was gibt einem das Recht, jemand anderen schlecht zu reden? Die Tatsache, dass man nicht mit der Persönlichkeit klarkommt? Nein. Kein Topmodel mit perfektem Körper und perfektem Make-up und tausenden Filtern? Nein, nicht wirklich, definitiv nicht. Die Klamotten? Keine Markenklamotten, ohne den Grund zu wissen? Nein. Und auch sonst nichts. Man beschuldigt am ende immer die Opfer. „Wieso bist du nicht zum Lehrer gegangen, als du von den anderen Kindern gemobbt wurdest?" „Wieso hast du nicht nein gesagt, als dich dieser Typ angebaggert hat?", oder, „der Onkel meinte das nicht so." „Wieso redest du mit niemandem?" „Wieso bist du trotz Minderjährigkeit schwanger, du..." Letzteres Wort könnt ihr euch denken.

Und wieso genau macht man das Opfer schuldig? Weil man keine Ahnung und keine Empathie hat, es sich nicht ansatzweise vorstellen kann, wie es der Person geht und irgendwie „versucht zu helfen", wobei man es verschlimmert.

Es gibt zu wenige Menschen, die wirklich helfen. Klar, es gibt Leute, die den Beruf haben, Leuten zu helfen. Und das ist gut. Aber es gibt nun mal auch Menschen, die sich nicht einer „fremden" Person anvertrauen wollen, aber auch sonst niemanden haben. Keine Freunde, keine unterstützende Familie und nur verständnislose Leute im Bekanntenkreis. Und dann ist man überrascht, eine viel zu junge, vielleicht minderjährige Person tot auf dem Boden liegend zu sehen, nachdem man irgendwie die geschlossene Tür nach etlichen Versuchen öffnen konnte. „Gehe zum Lehrer und sage, dass du gemobbt wirst." Sagte man dem Kind, das jetzt im Blutbad, das sich auf dem schönen Teppich ergießt, liegt. Doch keiner tut wirklich was. „Mobbt ihn - oder sie - nicht, Kinder." Das war das einzige, was man den Tätern sagte. Überraschung, bringt nichts. Die dunkle klebrige Konsistenz wird von dem hölzernen Parkett aufgesaugt, während die Familie versucht, eine Person zu retten, die erstens nicht gerettet werden kann und zweitens nicht gerettet werden will. Sonst hätte das Kind nicht die Tür abgeschlossen und sich den Unterarm aufgeschnitten oder sich woanders einen spitzen Gegenstand reingerammt.

Entweder hat jemand schon mal Narben am Unterarm entdeckt, aber nichts gesagt, weil die Person sich nichts dabei dachte, die Person zu jung war, um es zu begreifen oder weil es ja die Ausrede gab, dass es die Katze war. Oder es gab davor nie Wunden, weil die Person angestarrt hatte, dass man es sieht. Weil wenn sie zum Punkt kommt, zieht sie es einfach durch. Das gibt es auch.

Den Rest der Geschichte kann man sich ausmalen, nicht sehr schön. Vielleicht ist es weiterhin jedem egal, vielleicht schafft es die Familie, sich zu erholen, aber vielleicht zerstreitet sich die ganze Familie und zerbricht am Verlust, gegen den niemand etwas unternommen hat, als es nötig war.

So ist das Leben.

Jeder stirbt irgendwann.

Aber man sollte sich darum kümmern wo und wann.

Man sollte versuchen das Leben jeder Person die man kennt, die etwas haben könnte besser zu machen und die Leute die glücklich sind auch glücklich bleiben lassen, solange man etwas tun kann,

Aber so oft kann man auch einfach nichts tun.

Manche erleiden schon früh viele, zu viele Verluste, manche im ganzen Leben kaum. Ich versuche immer, das Beste daraus zu machen. Das heißt nicht, dass ich immer mit einem Grinsen im Gesicht unterwegs bin und meine schlechten Gefühle und Gedanken nicht zulasse. Es heisst nur, dass ich mich daran erinnere, dass ich wie jeder andere Mensch auf irgendeine Weise „perfekt" bin. Statt zu sagen, dass niemand perfekt ist, ist es schließlich etwas Motivierender, dass jeder seine eigene Perfektion hat, auch wenn viele andere die Person nicht gerade als „perfekt" erleben. Jeder hat seine Macken, das gehört dazu. Jeder ist mal wütend, jeder ist mal zu spät dran und jeder kauft mal etwas zu viel Süßigkeiten, da braucht man echt nicht komisch zu gucken. Und das Schönheitsideal und das Aussehen anderer zu kommentieren sollte man auch nicht tun, solange man nicht nach der Meinung gefragt wird. Wir müssen lernen, manchmal einfach die Klappe zu halten.

Mein größter Stolz ist es, immer noch zu leben, trotz den schlechten Phasen. Ich bereue es mittlerweile kein bisschen, mich verletzt zu haben, mich nicht selbst umgebracht zu haben und auch nicht meine Schwester jahrelang nicht gesehen zu haben. Wenn man lange genug Geduld hat und es aushält, die augen schließt und sich mitten rein stürzt, vergeht die schlechte Phase irgendwann. Die dunkle Wolke aus Dingen im Leben, die mies sind, zieht ab und man kann wieder Leben.

Man lernt, mit verschiedenen Dingen umzugehen und schneller Dinge zu überstehen, desto mehr man auch durchmacht.

Und dann hat man wieder Freude am Leben.

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1254 Wörter

Das Kapi ist für jeden, der den Verlust von wichtigen Leuten kennt und um sein Leben kämpft und Hilfe sucht. Ersteres kenne ich selbst, bei weiterem könnt ihr mir immer schreiben <3

Jade || Roman ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt