13. Weihnachtsfeier/2

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"Leider haben die drei Herren meine glorreiche Rede verpasst... Selbst schuld, Sie wissen gar nicht, was sie verpasst haben! Wie dem auch sei, das Buffet ist eröffnet und ihnen ist hoffentlich allen klar, dass der Chef Vorrang hat!" Klaus schafft es mal wieder, die ganze Meute zum Lachen zu bringen und verschafft sich natürlich mit seinen Worten den Rang an der Spitze der Buffet-Plünderer. Natürlich hätte es auch ohne diese Worte niemand gewagt, sich an erste Stelle zu befördern. So lebensmüde ist keiner von uns.

Nachdem wir alle vollgefressen auf unseren Stühlen vor uns hin vegetieren, stolziert eine hübsche Blondine herein, blickt sich suchend um und scheint ziemlich schnell ihr Zielobjekt gefunden zu haben. Dieses Zielobjekt sitzt neben mir, versteift sich und schrumpft sofort ein paar Zentimeter in sich zusammen.
Stephan, der gegenüber von mir sitzt, zieht die Augenbrauen zusammen und mustert Lennox und die Unbekannte. Kaum steht die junge Frau neben meinem Kollegen, fällt mir auf, dass sein Arm leicht zu zucken beginnt.
Als ich Herrn Sindera nochmals anschaue, hat dieser das auch bemerkt und nimmt die Blondine darauf genauer ins Visier. "Lennox, was hast du dir eigentlich dabei gedacht, als du dieses Schreiben hier aufgesetzt hast?", die namentlich noch unbekannte drückt unserem Lennox voller Wucht einen Zettel mitten ins Gesicht. "Hey, das geht aber auch anders!", mischt sich Paul sofort ein, doch erhält von dem halben Püppchen nur einen abwertenden Blick. Kurz darauf nimmt Lennox den Zettel aus seinem Gesicht und wirft einen Blick auf das Papier: "War es nicht gut?" "Hahahaha, das ich nicht lache. Du bist sogar zu....."
"Können wir das bitte kurz draußen regeln?", unser Kollege springt wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl auf, schnappt sich die Hand der Frau und zieht sie vor die Türe des Restaurants.

"Sagt mir, wenn ich mich täusche, aber mit der Tussi hat Lennox nichts zu lachen!" Marc rutscht einen Stuhl weiter auf und wechselt mit seinem Blick immer wieder zwischen uns und der Eingangstüre hin und her.
"Nein, garantiert nicht. Ob das seine Freundin ist? Hätte sich ja auch mal vorstellen können....", zischt Paul vor sich hin. Marc scheint etwas genauer zu überlegen und dann auch direkt einen Erfolg verzeichnen zu können: "Warte mal… Das ist doch das gleiche Püppchen, das ihn von der KaS abgeholt hat. Das letzte Mal hatte sie die Haare zusammengebunden und kaum Schminke im Gesicht, da Lennox sie aus dem Schlaf gerissen hat!" Jetzt dreht sich Herr Richter komplett dem Eingangsbereich zu und versucht die Dame durch die Glasfront genauer zu mustern:
"Könnte schon hinhauen!"

"Habt ihr gesehen, wie nervös er geworden ist?", wirft Stephan jetzt ein, worauf Robin eine simple Erklärung dafür sucht: "Anscheinend hat er irgendeinen Bockmist gebaut, wie man gesehen hat... Vielleicht wusste er, was ihm blüht!" Da alle Vermutungen nichts bringen, ohne die genauen Gründe zu kennen, versuchen wir uns durch ein paar andere Gesprächsthemen abzulenken.

Nach geschlagenen dreißig Minuten kehrt unser Herr Kraut zurück und sieht nicht so aus, als wenn das Gespräch positiv verlaufen wäre. Marc rutscht einen Stuhl weiter und gibt den Platz wieder frei, damit sich Lennox setzen kann. Bei genauerer Betrachtung kommen mir seine Augen gerötet vor und das Lächeln in seinem Gesicht ist mehr als zittrig. "Hey, ist alles in Ordnung?", ich kann mir vorstellen, dass ihn diese Fragerei bald nerven wird, aber ignorieren kann ich seinen offensichtlich schlechten Gemütszustand auch nicht. "Jaja. Klar. Alles halb so schlimm!" "Wer war denn das?", hakt Stephan nach und weckt somit auch das Interesse einiger weiterer Kollegen. "Meine Freundin.... Sie hat gerade etwas Stress und..  und darum war sie etwas aufbrausend. Normalerweise ist sie nicht so. Ist ne ganz liebe!"

Warum verteidigt er sie, wenn doch keiner irgendetwas in dieser Richtung gesagt hat?

"Hmmmm. Seit ihr schon lange zusammen?" Stephans stechender Blick trifft auf Lennox ein, der konstant auf die Tischplatte starrt. "Ja, zwei Jahre schon", die Fragen, wenn sie auch ganz normal und total unspektakulär sind, scheinen ihn nervös zu machen. Man merkt es daran, dass er seinen rechten Arm mit aller Gewalt gegen seinen Körper drückt, um das wesentlich auffallende Zucken irgendwie unterdrücken zu können. Moritz hat die Lage auch schon wahrgenommen und lenkt daher vom Thema ab: "Wer muss Silvester arbeiten? Ich will nur hoffen, dass wir dieses Jahr nicht wieder so viele Vollidioten haben, die mit Böllern herumexperimentieren!" "Ich!", wirft Lennox kleinlaut ein und sorgt bei uns allen für Verwunderung. Niemand opfert sich freiwillig an Weihnachten und auch noch Silvester. "Willst du mit deiner Freundin denn gar nicht ins neue Jahr feiern? Sie muss dich schließlich schon über die Weihnachtstage entbehren....Meine Frau würde mir die Hölle heiß machen, wenn ich an beiden Tagen Schicht schieben würde!", wirft Marc ein, doch das beeindruckt Lennox kein Stück: "Ne, Stella ist schon bei Freunden einquartiert und wird genug Gesellschaft haben. Passt schon!" Langsam stellt sich mir die Frage, ob das Püppchen einfach ihr Ding durchzieht und ihr Freund sich in die Arbeit stürzt, um zuhause nicht alleine zu sein. Da langsam wieder dieses Unbehagen bei unserem Kollegen einsetzt, wechseln wir wieder das Thema und bringen nichts zur Sprache, dass in irgendeiner Weise von Lennox mit Details seines Privatlebens kommentiert werden muss.

Hinter verschlossenen Türen; Die verborgene RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt