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May

Nach unserem letzten Telefonat am Sonntagabend haben wir nur wenige Male miteinander gesprochen viel mehr geschrieben. Jeder war wieder in seiner Welt unterwegs. Mich hat die Uni unter der Woche voll in Beschlag genommen, sodass ich meist nur abends ein paar Minuten Zeit fürs Schreiben hatte. Er war die meiste Zeit im Proberaum. Lottie versteht nie, wie ich nach der Uni noch so lange über den Vorlesungen sitzen kann, aber ich habe einfach keine Lust wie sie jedes Mal vor einer Klausurenphase Tag ein Tag aus zu sitzen und meinen Kopf rauchen zu sehen. Alleine meine Migräne würde diese Hektik „pauken" nicht mitmachen und ich wüsste jetzt schon, dass ich nach wenigen Stunden mit einem platzenden Kopf im Bett landen würde. Weshalb auch mein Studium länger ausfallen wird als für gesunde Student*innen, die Studienberatung hat mir geraten, weniger Kurse anzuwählen als die anderen, zudem gibt es angepasste Prüfungssituationen und vieles mehr. Wäre die Schule damals genauso gut über die Krankheit informiert gewesen und auch da, hätte ich mehr darauf achten können nicht mit einem Presslufthammer und tauben Fingern in einer Abiklausur sitzen zu müssen, wäre mein Schnitt vermutlich deutlich besser ausgefallen. Zum Glück hat es trotzdem gereicht und ich durfte mit meinem Biologiestudium direkt starten. Besonders schwer für mich scheint es durch die ganzen Trigger in den Laboren zu sein, die chemischen Gerüche, das grelle Licht und die laute Kulisse sind ganz klar negative Faktoren.

Auch Konzerte sollte ich laut meines Neurologen auf ein Minimum reduzieren, aber das ist auch ein Grund mehr, warum ich mich bereits so zeitig anstelle um meinem Kopf den Druck zu nehmen nicht den Platz zu bekommen, den ich gerne hätte.

Jonas

Ich hasse es, wieder in den alten Trott zurückgefunden zu haben, am Mittwoch hatte ich meine vorerst letzte Therapiestunde in dem Sommer, jetzt beginnt die Festivalzeit und wir werden kaum Zeit zuhause verbringen. Mein Therapeut hat mir angeboten, die Therapiestunden online mit mir zu machen, und jetzt setzt unser Management alles daran, mir zu den passenden Zeiten, die er angegeben hat, einen ruhigen Ort zu schaffen. Ein Ausfall wäre in diesem Fall tragischer, hier wissen, was davon abhängt. May hat mir bereits zugemischter zu versuchen so viele Wochenenden, wie möglich freizuschaufeln und mitzufahren, aber mittendrin läuft ihre Prüfungsphase und ob sie da sich die Freiheit herausnehmen kann, weiß sie noch nicht genau. Ich drücke fest die Daumen, einen Anker kann ich gebrauchen. Zu Julia scheint sie schon den passenden Draht aufgebaut zu haben, die beiden hatten scheinbar mehr Kontakt unter der Woche als wir beide. Aber kein Wunder, sie wohnen in einer Stadt, da ist es einfacher. May hatte was erzählt, dass sie am Mittwoch zusammen in einem Café gelernt haben, ich gönne es ihnen, sie tun sich gut und May wird so auch unterstützt, was mich sehr beruhigt. Julia ist schon eine gefühlte Ewigkeit mit Jere zusammen und kennt das alles schon so gut wie wir, es wird ihr sicher helfen, sich besser hier einzufinden und mit der ganzen Sache klar zu kommen.

Die Woche ist nicht wirklich schnell verflogen, natürlich hatten wir so einiges zu erledigen gerade so kurz, bevor die Sommerzeit beginnt. Olli und Jere sind schon am Mittwoch ins Berliner Studio gefahren, um mit Betterov „Schlaf gut" für sein neues Album aufzunehmen. Ben und ich haben hier zuhause die Einpackaktionen begleitet und er hatte nebenbei noch Uni. Immerhin diese Sache habe ich mittlerweile hinter mir gelassen und meinen Abschluss in der Tasche.

Es ist immer noch unfassbar mitzuerleben, wie sich so richtig verliebt sein anfühlen kann. May hatte mir schon letztes Jahr eindeutig den Kopf verdreht und schafft, dass immer noch jeden Tag mit einem Link ihrer Nachricht mein Herz in Alarmbereitschaft zu versetzen. Nicht nur ich habe einen großen Einfluss auf ihre Stimmung, bei mir ist es nicht anders.

May

9:30 Uhr soll der ICE aus Hannover am HBF ankommen, seid gefühlt 40 Minuten laufe ich wie ein angestochenes Huhn in der Wohnung auf und ab, da ich nicht recht weiß, was ich anziehen soll. Am liebsten hätte ich seinen Hoodie angezogen, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob das nicht etwas creepy wirkt. Jetzt hätte ich doch den Müllbeutel wählen sollen, dann müsste ich nicht Gefahr laufen, nicht erkannt zu werden. Letztlich entscheide ich mich für ein weites Vintagehemd und eine lockere hellblaue Jeans die weit über meine Spezial fallen.

Orange und rot für immer JEREMIAS FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt