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Jonas

Draußen ist es stockfinster geworden und wie ich erwartet habe, ist die Temperatur noch weiter gesunken, May steht mit meiner dicken Jacke an meine Schulter gelehnt und gähnt unauffällig, indem sie es versucht mit geschlossenem Mund zu unterdrücken, doch ich kann ihren angespannten Körper an meinem spüren. Am Himmel ist kaum eine Wolke auszumachen, stattdessen sehe ich mehrere weiß wirkende Sterne über uns schweben. Olli sieht genauso fertig aus wie sie. Schon süß die beiden so zu sehen. Olli hat sie von Beginn an akzeptiert, was bei ihm eher untypisch ist, er vertraut nicht jedem, doch May scheint so etwas Besonderes auszustrahlen, was nicht nur ich sehe.

Fest an mich gedrückt, laufe ich mit ihr und den anderen in der Dunkelheit zum Hotel. Ich glaube, Olli hätte am liebsten meine andere Seite in Beschlag genommen, er trottet mehr oder weniger gut gelaunt neben uns her. Die Stille zwischen uns gibt uns Raum zum Atmen, ich genieße es diese Ruhe zum Denken. Es sind die kurzen Momente, in denen Mal nichts um einen schwirrt, wo niemand etwas von einem möchte, geschweige denn Musik auf einen nieder rieselt.

Der Laufweg vergeht schneller, als ich über den Tag nachdenken kann. Die Leuchten in der Eingangshalle sind hell und strahlen in meine leicht schmerzenden müden Augen. Wärme dringt durch meinen Körper und stoppt meine gut durchflutenden kalten Lungen mit warmer Luft.

»Kommt ihr noch mit zur Bar?«, fragt Ben.

Wir schütteln gleichzeitig den Kopf. May schaut zu mir auf und wir Grinsen.

Eine Sache, in der wir uns einig sind-fantastisch.

Wir sagen den anderen gute Nacht und gehen mit Olli weiter zum Fahrstuhl.

»Seid bitte nicht zu laut, ich will schlafen«, sagt er gähnend, als wir auf den Aufzug warten.

»Du bist doch eh innerhalb weniger Minuten eingeschlafen und schnarchst tief und fest. Da können wir uns noch so viel Mühe geben, es dringt eh nicht zu dir durch.«

Olli's Kinnlage klappt herunter, er schaut sie schockiert an.

»Was?«, fragt er irritiert.

»Du schnarchst, hat dir das noch niemand gesagt?« Nuschelt sie in meinen Hoodie.

Er schmunzelt, was durch seine dunklen Ringe unter den Augen etwas gruselig aussieht.

»Rate mal, warum wir einzeln Zimmer haben, früher haben Jonas und ich uns immer eins geteilt, bis er nicht mehr zur Ruhe gekommen ist. Dann musste sich unser Management, etwas anderes einfallen lassen, haben sie zwar nicht gerne, da es mehr Kosten bedeutet, aber ihnen blieb nichts anderes übrig, sonst hätten sie und wir ohne Schlagzeuger da gestanden.«

»Ungünstig.«

»Du sagst es.«

Der Lift blinkt und die Türen öffnen sich quietschend. Die haben auch schonmal bessere Zeiten erlebt, könnten mal wieder geölt werden.

Die nächsten Minuten bis zu unseren Zimmern bleibt es still zwischen uns, die schwere Luft kann ich förmlich spüren, Mays Kopf rattert so laut, dass ich das Gefühl habe, ich kann ihre Gedanken hören, was auch daran liegen kann, das sie immer wieder zuckt und tief ausatmet. Olli scheint davon nicht viel mitzubekommen, nachdem sie ihn mit der Wahrheit konfrontiert hat und wir alle an die Nacht im letzten Jahr erinnert werden, frage ich mich, wie viel sie sonst noch wahrgenommen hat, wovon ich nichts weiß.

Nicht einmal eine gute Nacht bringt er heraus, bevor er in sein Zimmer schlüpft, was eins vor unserem liegt und die Tür hinter sich schließ.

»Habe ich ihn verletzt?«, fragt mich May, als sie sich aus meiner Umarmung zieht und mich mit ihren großen blauen-grünen Augen anschaut.

Orange und rot für immer JEREMIAS FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt