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May

Eine warme Brise zieht an uns vorbei, es riecht wie nach einem frischen Regen, die Luft ist sauber und leicht. Die letzte Spätsommersonne brennt auf meiner Haut und lässt meine Bräune strahlen. Ich habe meine Sonnencreme vergessen, kommt mir in diesem Moment in den Sinn. Doch leider sehe ich hier weit und breit keinen Schatten und wer weiß, wie lange diese Person noch die Toilette besetzt. Auch in unserer Warteschlange vor der Open Air Location, vor der wir uns gerade befinden, ist der Schatten bald weg, na ja hoffentlich bekomme ich keine Migräne oder einen Sonnenstich.

»Wie lange ist die Person jetzt da schon drin?«, frage ich die Mädels vor uns.

»Über 10 Minuten stehen wir jetzt auf jeden Fall schon hier rum.«

»Und da kam keiner von euch mal auf die Idee nachzuschauen? Vielleicht ist ja auch überhaupt nicht abgeschlossen.«

Ich schaue Frieda etwas wehmütiger als beabsichtigt an.

»Du musst wirklich mal dringend, oder?«

Ich nicke. Dringend ist, glaube ich mittlerweile schon untertrieben, ich hätte schon seit über einer Stunde mal gemusst, wollte aber auch nicht die Mädels aus der Truppe fragen, die ich heute hier kennengelernt habe. Ich falle nicht gerne auf und erst recht schnorre ich mich nicht durch, mir war vorher bewusst, zumindest so ungefähr, worauf ich mich hier einlasse. Weshalb ich auch den ganzen Tag nichts gegessen habe, gut, das kann auch der Aufregung verschuldet sein. Es ist schließlich mein aller erstes Konzert alleine. Holyshit, ob ich mir das gut überlegt habe. Normalerweise ist meine social battery bei 0, aber ich habe die letzten zwei Tage so hart um dieses Ticket gekämpft, dass ich jetzt einfach umso glücklicher bin, hier sein zu dürfen. Seit zwei Stunden sitzen wir vor der Venue und bekommen sogar schon einen kleinen Vorgeschmack durch den Soundcheck mit, der länger ausfällt als ich gedacht hätte. Irgendwie bin ich nervöser und aufgeregter als erwartet, besonders nachdem ich vorhin mitbekommen habe, dass es nicht nur ein Album gibt, sondern die Band davor schon mehrere EPs rausgebracht hat und ich kein einziges Lied davon kenne. Ok zugegeben auch die Band kenne ich nicht wirklich, aber die Songs vom Golden Hour Album immerhin, ob das ausreicht?! Wir werden sehen. Peinlichste Situation gerade war, dass einer der 4 Bandköpfe an uns vorbeigelaufen ist und ich einer aus der kennengelernten Gruppe gefragt habe, ob es sich da um Olli handelt. Und sie einfach nur meinte, ich solle leise sein, weil ich den Falschen in ihn hineininterpretiert habe. Die sehen sich aber auch wirklich ähnlich, musste ich feststellen als sie mir ein Bild von Olli zeigte. Ups, aber das kann doch mal passieren. Oder vielleicht passiert sowas auch nur mir.

»Okay, dass reicht, ich muss wirklich mal ziemlich nötig, würde einer von euch mal fragen, was da los ist.«

Sie schauen sich beide an, doch keiner kommt auf die Idee, sich zu bewegen.

»Gut, dann werde wohl ich diejenige sein.«

Schon bin ich auf dem Weg zu der großen Tür, da ich die Erleichterung dringend brauche. Leicht klopfe ich an die Tür, da ich weiß, dass meine Fingerknöchel es mir sonst übel nehmen würden - doch es folgt kein Ton. Dann nochmal etwas kräftiger, doch es bleibt immer noch still.

Langsam drücke ich die Türklinke ein Stück runter und sie gibt tatsächlich nach, wie ich vermutet habe, ist die Tür überhaupt nicht abgeschlossen. Ich öffne sie einen Spalt und schlüpfe hinein. Alles ist still. Das Licht ist gedimmt, meine Augen gewöhnen sich recht schnell an den Unterschied zur strahlenden Sonne draußen, auf der rechten Seite kann ich ein kleines Fenster erkennen, vor dem sich ein Gitter befindet und durch das man auf die Konzertlocation schauen kann. Ein breites Grinsen breitet sich auf meinen Lippen aus, die Vorstellung durch das Fenster zu klettern, um in die Location zu kommen, ist zu komisch. Mein Blick wandert weiter durch den Raum. An der linken Wand entdecke ich jemanden, am Boden sitzen mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, er hält die Hände vor seine Augen gedrückt, die Stirn ist gekräuselt, seine dunkelbraunen Haare stehen wild zu allen Seiten ab. Den Rest seines Gesichts kann ich leider nicht erkennen, da er es zwischen seinen Knien versteckt hält. Schreck lass nach, warum sitzt er hier und besetzt alles?

Orange und rot für immer JEREMIAS FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt