Jonas
Sie geht, so wie damals verschwindet sie einfach, ohne etwas zu sagen. Ich muss ihr nach, meine Beine beginnen sich schon in Bewegung zu setzen, bevor ich den Satz, dass ich mal zur Toilette müsse, zu Ende gesprochen habe. Alle nicke im Chor. Jere redet weiter mit den Fans, es scheint sie nicht wirklich zu interessieren, was außerhalb von seiner Stimme passiert. Mindestens einer wird sie auch wiedererkannt haben, gleiche Stadt nur ein Konzert später. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob sie es wirklich ist, ich muss sie aus näherer Entfernung sehen, aber dennoch hoffe ich es sehr, vorhin war sie es jedenfalls, da bin ich mir sicher. Die Kleine ist erstaunlich schnell in ihren schweren Docs unterwegs.
Ich weiß nicht, ob sie mich bemerkt hat, jedenfalls dreht sie sich nicht mal um, als ich ihr hinterherrufe, dass sie mal stehen bleiben soll.
»May?«, meine Stimme zittert. Immer noch keine Reaktion von ihr. Ist sie es vielleicht doch nicht, habe ich mich die ganze Zeit geirrt.
Das Gegeneinanderprallen von Knochen reißt mich in die Realität zurück. Sie rempelt einen gut aussehenden jungen Mann an, der ihr entgegenkommt. Immer noch kein Ton von ihr.
Er murmelt eine Entschuldigung. Auch das scheint sie kalt zu lassen, dann steht sie vielleicht nur unter Schock.
Ich brülle ihr nach, da sie dem Ufer immer näher kommt und ich Angst habe, sie könnte es nicht merken und einfach reinlaufen.
Abrupt bleibt sie stehen und zuckt zusammen, als meine Stimme sie erreicht. Sie ist knapp vor dem Ufer stehen geblieben. Mein Glück sonst hätte ich ihrem Schritt kaum folgen können, wäre sie jetzt nicht endlich stehen geblieben. So gut wie unmöglich seit mehreren Monaten habe ich kein Sport mehr gemacht, habe mich gehen lassen. Hab mich eingesperrt in meinen eigenen vier Wänden nichts und niemanden wollte ich sehen. Nachdem sie nach der damaligen Nacht einfach morgens verschwunden war, bis auf einen Zettel auf dem geschrieben stand, dass es ihr leidtat, sie das aber alles nicht kann, habe ich nichts von ihr behalten können. Auch meinen Hoodie, den ich ihr fürs Bett geliehen hatte, lag morgens ordentlich zusammengefaltet auf einem Stuhl. Sie muss sich in den frühen Morgenstunden herausgeschlichen haben. Den nach ihr riechenden Hoodie habe ich mehrere Tage getragen, selbst auf der Bühne, habe ich ihn nicht gewechselt vielleicht in der Hoffnung, dass sie es sieht und sich doch nochmal meldet, was leider nicht der Fall war. Vielleicht aber auch einfach, weil mein Kopf noch nicht glauben wollte, dass sie einfach gegangen war. Olli hat ihn mir damals für die Wäsche vom Leib gerissen, nachdem unser Manager der Meinung war, ich könne nicht noch einen Abend mit diesem Ding auf die Bühne. Hinterher hat er nicht mehr nach ihr geduftet.
Ich stoppe in einiger Entfernung hinter ihr. Mein Atem geht schnell. Ich spüre, wie meine Lunge von diesem kurzen Stück brennt. Ich muss endlich aus meinem Schneckenhaus wieder kommen und Sport machen.
May
In meinen Ohren rauscht es, die Stimmen der anderen fühlen sich wie gedämpft an, auch als mich die fremde Person, gerade angerempelt hat, habe ich nichts gespürt. Meine Beine sind kraftlos, trotzdem schaffe ich es irgendwie, vorwärtszugehen. Ich bin einfach weitergelaufen ohne Ziel vor Augen, doch plötzlich hat sich ein Abgrund vor mir aufgetan, ich starre auf das dunkle leicht bewegende Wasser und schließe die Augen. Er hat mich gesehen, wie ich aufgestanden bin und schnellen Schrittes mich von diesem Ort entfernt, ich habe es gespürt, wie er mich verfolgt hat. Atmen May, tief durchatmen, er weiß es nicht, er kann nicht wissen, das du diese Geschichte verfasst hast und du wirst jetzt nicht auf die Idee kommen vor ihm wieder mal anzufangen zu heulen, verbiete es dir. Außerdem hat die Storyline so gut wie keine Übereinstimmung mit eurer Nacht letztes Jahr.
»May?«, eine leise männliche Stimme dringt zu mir durch. Er steht hinter mir, ganz toll. Kann ich so tun, als hätte ich ihn nicht gehört, einfach weiterlaufen ist schwierig ohne ihn zu bemerken, wenn ich weiter schweige, kommt er vermutlich nur näher, auch nicht gerade gut.
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Orange und rot für immer JEREMIAS Fanfiktion
FanfictionEr ist Schlagzeuger und von Sekunde eins schlägt Mays Herz für ihn - doch eins weiß sie nicht, sie könnte sich an ihm die Finger verbrennen. Das Leben ist wie ein Lied. Lass es uns spielen! Feiern, Singen- einfach Spaß haben! Das ist Mays Plan, als...