Kapitel 2

629 23 0
                                    

E L E N A

Am nächsten morgen wache ich mit einem kleinen Schnarchen in meinen Ohren auf. Ich blicke neben mich und sehe, dass Joey sich wohl heimlich in der Nacht zu mir in mein Bett gekuschelt hat. Ich muss lächeln, als ich ihn so friedlich neben mir schlafen sehe. Daraufhin nehme ich mit der Hand — die ich bis eben noch beschützerisch um meinen kleinen Bruder hatte — vorsichtig und so leise, wie möglich mein Handy vom Nachttisch, welcher direkt neben meinem Bett steht, um die Uhrzeit zu prüfen. Es ist 12:38 Uhr. Mist, wie kann es sein, dass wir so lange verschlafen konnten! Plötzlich spüre ich, wie sich etwas neben mir zu bewegen anfängt. Joey ist aufgewacht, und blickt zu mir nach oben mit seinen schläfrigen, blauen Augen auf. »Guten Morgen«, murmelt er mit noch kratziger Stimme vom Schlaf. »Morgen, Joey«, ich lächel ihn an. »Hast du Hunger?« Er nickt schwach und ich erhebe mich vom Bett — sodass ich direkt davor stehe — und sehe Joey an, als ich sage: »Worauf hast du denn Lust? Waffeln?«, »Ja!«, springt er direkt auf, und man kann ihm gar nicht mehr ansehen, dass er noch vor einer Minute tief und fest geschlafen hat. Ich lächel, sobald er durch meine Zimmertür rausläuft, und die Treppen mit seinen kleinen Füßen runterwatschelt. Lächelnd, folge ich ihm kurz darauf die Treppen runter.

In der Küche angekommen, sitzt Joey schon aufgeregt am Esstisch auf seinem Stuhl mit Freude in den Augen. Also mache ich mich auf, und holte die Zutaten, die ich für die Waffeln benötige raus. Ich nehme mir eine Schüssel aus der Schublade und füge alle Zutaten, nach Rezept zu. Als ich fertig mit der Teigmischung bin, hole ich den Waffeleisen raus und lege los. Während dem Prozess, sitzt Joey noch immer gespannt auf seinem Stuhl und sieht mir mit faszinierten Augen zu, wie ich die Waffeln zubereite. Kurze Zeit später bin ich fertig mit den Waffeln geworden. Ich nehme mir einen Teller und packe ein paar von den Waffeln darauf und gehe zur Küche rüber, um Joey den Teller mit Waffeln auf den Tisch zu stellen. »Danke!«, sagt er mit vollem Mund, nachdem er sich eine Waffel in den Mund stopft. Ich lächel ihn an, und setze mich dann auch dazu an den Tisch, um mir auch ein paar Waffeln zu nehmen. Es ist erst 13:30 Uhr, als wir fertig mit dem Essen sind, und ich das dreckige Geschirr abwasche, während Joey in seinem Zimmer spielt. Das heißt ich habe noch dreieinhalb Stunden, bis ich zu meiner Schicht in die Bar muss. Julie würde dann zu dieser Zeit kommen, und auf ihn aufpassen, doch ich weiß nicht, ob ich sie mir noch weiter leisten kann. Die Miete ist zu teuer, und außerdem muss ich noch dafür sorgen, dass Joey gut versorgt ist. Seufzend trockne ich den letzten Teller ab, bevor ich ich die Treppe hoch, zu Joeys Zimmer gehe, um nach ihm zu sehen. Ich klopfe an seine Tür, öffne sie und ging vorsichtig rein. »Hey, Joey. Was machst du?«, »Elena! Willst du mit mir spielen?«, fragt er aufgeregt. Und wie kann ich nein zu diesem süßen Jungen sagen? Wir spielen für einige Zeit mit seinen Spielzeug-Soldaten, bis mein Handy in meiner Hosentasche anfängt zu klingeln. Es ist meine Chefin, Eleanor Young. Sie ist eine ende 30-jährige alte Dame, die mir mein Leben mit diesem Job gerettet hat. Sie sieht jedoch für ihr Alter viel jünger aus. Sie hat kurze braune Locken und braune Augen. Sie kommt sehr gut mit Menschen klar, also ist es auch kein Problem für sie, ihre Kunden zufriedenzustellen zu können. Sobald ich den Anruf annehme, höre ich im Hintergrund laute Musik und viele Leute reden. »Hey, Elena. Wo steckst du? Deine Schicht hat vor 6 Minuten angefangen«, »Was?!«, ich sehe auf die Uhr auf meinem Handy. Mist. Sie hat Recht. Es ist bereits 17:06 Uhr. »Es tut mir so leid, Elle! Ich mache mich sofort auf den Weg!«, stehe ich abrupt mit Panik in meiner Stimme auf. »Mach dir keinen Stress, Kleine. Sieh nur zu, dass du gleich da bist«, sagt sie. »Mach ich! ich bin gleich da«, sage ich hastig, bevor ich auflege. Aber... Ich habe nicht daran gedacht, zu wem ich Joey bringen könnte! Julie würde so kurzfristig nicht erscheinen. Da bleibt mir nur noch eine Möglichkeit.

Ich tippe Aria's Nummer. »Hallo? Elena?«, antwortet sie. »Aria! Könntest du mir einen ganz großen Gefallen tun?«, frage ich nervös in den Hörer. Gott sei dank kommt Aria so kurzfristig zu meiner Rettung. Ich hätte sonst wirklich nicht gewusst, was ich gemacht hätte. Ich hätte Joey schließlich auf keinen Fall mit zur Bar nehmen können. Aber so war es immer mit Aria. Sie war immer zuverlässig. Ich kann einfach immer auf sie zählen. Schon damals in der 8. Klasse merkte ich das, bei unserem ersten Treffen. Ich wusste nur, sie war in meiner Parallelklasse, also hatte ich nicht wirklich viel mit ihr zu tun. Ich hatte damals in der Schule so gut wie keine Freunde. Als der Lehrer mir aufgetragen hatte, die ganzen alten Bücher hoch zum Sekretariat zu tragen, traf ich sie dann das erste mal so richtig auf sie. Ich war gerade dabei die Bücher hochzutragen, als mir einige fast runterfielen. Aria kam zur Rettung, und nahm mir einige ab. Seitdem waren wir unzertrennlich. Selbst nach unserem Abschluss halten wir den Kontakt beisammen. Als ich an der Bar, während Aria zuhause auf Joey aufpasst ankomme, begrüße ich noch meine Arbeitskolleginnen, Jamie Baker und Avery Jones, als ich reinkomme. »Da bist du ja!«, lacht Avery und umarmt mich, während ihr ihre schwarzen Strähnen im Gesicht hängen. Sie hatten wohl nur wegen mir nur noch mehr arbeit und sahen schon etwas erschöpft aus. »Es tut mir leid! ich gehe mich sofort umziehen.«, sage ich entschuldigend, bevor ich nach hinten in die Kabine gehe. »Beeil dich!«, ruft mir Jamie hinterher. Als ich in die Kabine haste, verliere ich keine Zeit, und ziehe mir so schnell, wie möglich meine Arbeitsklamotten an. Ich ziehe mir also mein weißes langarmiges Hemd an, darüber die schwarze Hemd-Weste und eine schwarze elegante und nicht zu enge Jeans. Meine Haare lasse ich offen.

Als ich fertig bin, zögere ich nicht und begebe mich schnell aus der Kabine raus, direkt Richtung Bar. Ich halte mich bereit für die Kunden und löse Nathan Williams, der gerade seine Hände zu voll hat ab. Und der Kunde, den ich sehe kommt mir irgendwie bekannt vor. Um ehrlich zu sein, sehe ich ihn jedes mal, wenn ich hier arbeite. Ich denke mir jedenfalls nichts dabei und bediene ihn. Ich schätze ihn auf mitte 20. Also ungefähr 4 Jahre älter als ich. Er lächelt mich mit diesen pechschwarzen Augen an, und ich frage ihn, was er gerne trinken würde. »Ein Glas Whisky, bitte«, sagt er. »Kommt sofort«, spreche ich, als ich beginne ihm seinen drink zu machen. Ich gebe ihm das Glas Whisky und er nimmt einen Schluck, als er neugierig fragt: »Hast du heute Abend noch was vor?« Ich blicke zu ihm auf und sage lächelnd: »Eigentlich nicht, nein. Es ist auch nicht so, als hätte ich Zeit dafür«, »Wegen deinem Bruder?«, »Genau — Warte... Woher weißt du das?«, frage ich ihn mit großen Augen. »Deine Kollegin redet gerne«, klärt er mich auf. Und ich kann mir schon denken, wen er damit meint. Sofort blicke ich zu Jamie, die sich gerade ausgiebig mit einem Kunden unterhält. »Das macht Sinn«, kichere ich, und er lacht. »Also wegen der Sache mit deinem Bruder...«, fängt er wieder an. »Was ist mit ihm?«, frage ich langsam. Warum kommt er schon wieder darauf zurück? »Ich kenne jemanden, der umsonst auf ihn aufpassen würde«, sagt er. »Was? Was redest du da?«, frage ich ihn ungläubig. Umsonst? Wieso sagt er das? Weiß er von meinen Geld Problemen? »Meine Schwester hat eine große Liebe für Kinder«, sagt er. »Warte mal... Du meinst deine Schwester würde für eine Nacht auf meinen Bruder aufpassen? Und das wirklich ganz für umsonst?«, frage ich überrascht. Er nickt. »Und warum sollte ich dir vertrauen?«, frage ich skeptisch. »Warum sollte ich meinen Bruder irgendwelchen Fremden anvertrauen?«, »Weil ich mir sicher bin, dass du meiner Schwester zu 100% vertraust«, sagt er selbstsicher. »Was? Was meinst du?«, frage ich ungläubisch. Noch bevor er antworten kann, kommt Avery schon auf uns zu. »Was machst du schon wieder hier, Damien?«, fragt sie genervt. »Wie freundlich du wieder bist Schwesterherz. Aber ist das die richtige Art mit einem Kunden zu reden?«, zeigt sich sein Sarkasmus.

... Schwesterherz? Und dann realisiere ich es. Dieser sogenannte Damien ist Avery's Bruder??? Ich kann das nicht glauben. Aber warte... Nun ergibt alles Sinn! Deswegen weiß er von meinen Finanziellen Problemen und von meinem Bruder. Und deswegen ist er sich auch so sicher, dass ich meinen Bruder seiner Schwester, also Avery anvertrauen würde. Doch warum interessiert ihn das überhaupt? Was würde er davon haben? »Hör auf Elena dumm anzumachen!«, faucht sie. »Reg dich ab. Ich habe sie nur gefragt, ob es okay wäre, wenn du nach deiner Schicht auf ihren Bruder aufpassen würdest, während ich mit ihr unterwegs bin«, sagt er gelassen. Hmm. Wenn ich mich richtig erinnere, hat er das irgendwie komplett anders formuliert, aber okay. »Was? Du brauchst Hilfe mit deinem Bruder? Warum hast du das nicht gleich gesagt!«, sieht sie mich besorgt an. »Wirklich, Avery, es ist schon okay«, streite ich schnell ab. »Rede keinen Unsinn! Ich passe wirklich gerne auf ihn auf!«, sagt sie und umarmt mich. »Bist du dir sicher?«, frage ich, als ich die Umarmung nach einpaar Sekunden unterbricht. »Ja natürlich!«, sagt sie lachend. Ich sehe Damien an, welcher mich ebenfalls erwartungsvoll anblickt. Also stimme ich zu. »Und was wollen wir deiner Meinung nach jetzt tun?«, frage ich Damien erwartungsvoll, nachdem ich Avery erklärt habe, worauf sie alles achten sollte, wenn sie auf meinen Bruder aufpasst. Es ist nun 23 Uhr. Unsere Schicht ist vorbei. Ich verabschiede mich von allen und geselle mich nach draußen zu Damien, wo er sich schon eine Weile lang befindet, um zu rauchen.

Aria begibt sich auch zu uns, nachdem Avery ihr meinen Bruder abgenommen hat. Nun stehen also nur noch Damien, Aria und ich draußen vor der Bar. »Na was wohl? Wir gehen feiern«, sagt er, als er seine Zigarette auf den Boden schmeißt und drauf tritt. »Erstens: ekelhaft«, wendet sie sich mit einem verzogenen Gesicht zu Damien aufgrund der Zigarette, welche er auf dem Boden entsorgte. Doch Damien lächelt daraufhin nur. Danach wendet sie sich mit einem Grinsen wieder zu mir und fängt wieder an: »Zweitens: Komm schon, Elena! Das wird spaß machen. Jetzt, wo du jemanden hast, der auf deinen Bruder aufpassen kann, musst du die Chance auch nutzen! Genieß es.« Ich denke kurz darüber nach, ob das wirklich eine gute Idee ist. Beide sehen mich erwartungsvoll, mit gehobener Braue an, als sie auf meine Antwort warten. »Na gut. Lasst uns feiern gehen«, gebe ich schließlich nach, bevor beide zufrieden lächeln.

Dangerous CravingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt