❄︎ 𝟷𝟷 ❄︎

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𝟷𝟷. 𝙳𝚎𝚣𝚎𝚖𝚋𝚎𝚛
❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎

Dieses Erlebnis eben hatte ihm vor Augen geführt, dass nicht jeder Glück hat. Er schüttelte die dunklen Gedanken ab und ersetzte sie durch Erinnerungen an seine kleine Schwester. Schon schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen.

Noël schlenderte ohne große Eile eine Tür weiter zur Nummer 11 und sah sich neugierig um. Hier war nichts wirklich Besonderes — eine Tür wie jede andere mit einem kleinen Nummernschild aus Messing. Es wirkte alles etwas altertümlich, aber im Großen und Ganzen war da nichts Außergewöhnliches ... Außer einem kleinen Detail, wie der junge Student beim genaueren Hinsehen feststellte.

Ein Zipfel dunkelroten Stoffs klemmte etwas unterhalb des Schlosses zwischen dem Türblatt und dem Rahmen. Es war kein sonderlich dicker Stoff, sonst hätte sich die Tür nicht schließen lassen. Aber er sah samtig und weich aus und direkt fühlte Noël sich an das Faschingskostüm seiner kleinen Schwester Finja von vor ein paar Jahren erinnert.

Ein hellrotes Prinzessinnenkleid im Stil einer mittelalterlichen Dame. Den Saum des Rocks hatten silberne Stickereien geziert und am Kragen waren Perlen aufgenäht.
Noël musste unwillkürlich grinsen — da war jemand noch schusseliger als er selbst. Vielleicht sollte er den Bewohner hinter der Tür darauf aufmerksam machen? Nicht, dass das Kostüm, oder was auch immer das war, noch kaputt ging.

Vorsichtig klopfte Noël an der Tür, denn eigentlich wollte er nicht unbedingt stören. Er wartete einige Sekunden ab, dann betätigte er die Klingel. Das Geräusch eines hellen Glöckchens drang aus dem Inneren der Wohnung bis zu Noëls Ohren, aber wieder machte niemand auf.

Doch das bedeutete nicht, dass niemand zuhause war. Auf der anderen Seite lehnte eine zerlumpte und schwer atmende Gestalt an der Tür. Theodor war gerade von einer Räuberbande überfallen worden. Alles hatten sie ihm abgenommen — sein Pferd, den Beutel mit Gold, den er immer auf Reisen mitnahm ... Fast alles. Fast alles hatten sie genommen, nur eine — die vielleicht wichtigste Sache — nicht.

In der Innenseite seines Mantels hatte er ein goldenes Amulett, gut behütet wie einen Schatz, sicher aufbewahrt. In dem Mantel, der kaum mehr wieder zu erkennen war. Der schöne weinrote Stoff mit den aufwändigen goldfarbenen Stickereien hatte sehr gelitten bei dem erfolglosen Versuch, sich gegen die brutalen Angreifer zur Wehr zu setzen. Der Umhang verströmte die Lebendigkeit eines geschossenen Fasans.

Ein leichter Hauch von rotem Wein mit Zimt und Nelken waberte warm um Theodors Nase und holte ihn ins Innere seiner gemütlich eingerichteten Behausung zurück. Die Polstermöbel waren genauso dunkelrot wie seine Kleidung, nur die schweren Vorhänge an den hohen Fenstern hatten einen tiefen Blauton, der sich zwar mit dem Rot zu beißen schien, aber für sich betrachtet unheimlich schön war.

O ja, ein warmes Getränk würde er jetzt brauchen. Den ganzen restlichen Weg hatte er zu Fuß, ohne die Pferdestärke seines Schecken, zurücklegen müssen. Noch dazu hatte der schneidende Wind hinterhältig jeden Riss im Stoff ausgenutzt, um über Theodors Haut zu streichen und ihm eine Gänsehaut über den ganzen Körper zu jagen. Der Schauer des Überfalls steckte ihm noch genauso in den Knochen wie die beißende Kälte.

Alles war so schnell gegangen, dass der Edelmann nicht einmal ein Gesicht erkannt hatte. Im Nachhinein konnte er gar nicht genau sagen, wie viele ihn überhaupt überfallen hatten. Waren es drei gewesen oder sogar sechs? Die Meute, die sich in Theodors Erinnerung als ein Wirrwarr aus Lumpen und Stöcken abbildete, war aus dem Dickicht gesprungen, als er ein kurzes Stück durch den Wald geritten war.

𝟸𝟺 𝚆𝚘𝚑𝚗𝚞𝚗𝚐𝚎𝚗 (𝟸) - 𝚎𝚒𝚗 𝙰𝚍𝚟𝚎𝚗𝚝𝚜𝚔𝚊𝚕𝚎𝚗𝚍𝚎𝚛Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt