❄︎ 𝟷𝟻 ❄︎

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𝟷𝟻. 𝙳𝚎𝚣𝚎𝚖𝚋𝚎𝚛
❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎ 𐬺𐬿𐬺𐬿𐬺 ❄︎
𝚃𝚆: 𝚃𝚘𝚍, 𝚃𝚛𝚊𝚞𝚎𝚛𝚋𝚎𝚠𝚊̈𝚕𝚝𝚒𝚐𝚞𝚗𝚐

Noël bahnte sich seinen Weg zur nächsten Tür. Wohnung Nr. 15. Das Licht der billigen Glühbirne, die durch ein dünnes Kabel von der Decke hing, flackerte schwach. Der Junge musste die Augen zusammenkneifen, um zumindest die Umrisse des engen Treppenflures zu erkennen.

Vor ihm standen dutzende von Umzug Kartons. Manche größer, andere kleiner. Langsam, um nicht gegen irgendetwas zu stoßen, bahnte er sich seinen Weg an ihnen vorbei, als er auf einmal sein Fuß gegen etwas Hartes stieß. Ein ächzendes Quietschen hallte durch den lehren Hausflur. Noël betrachtete den Gegenstand gegen den er gestoßen war näher.

Schwach, vom wenigen Licht nur wenig beleuchtet, erkannte er die Umrisse einer Babywiege. Sie schien nigelnagelneu und trotzdem lag eine gewisse Verwahrlosung an ihr. Die Vorhänge, die mal in einen hellen gelb strahlten, waren mittlerweile zu einen tristen grau verfärbt und nur einzelne, staubfreie Stellen zeigten die wahre Farbe des Stoffes. Noël wollte gerade über einen der vielen Kartons steigen, die unbeachtet vor der Haustüre standen, da hörte er von Innen lautes Geschrei. 

,,Verschwinde!"

*** 

,,Verschwinde!"
,,Andrea, ich..."
,,Ich sagte, du sollst verschwinden!" Schwer atmend stand Andrea vor ihrem Ehemann. Ihre Schultern zitterten vor Wut und ihr Gesicht hatte dieselbe Farbe angenommen wie ihr kirschroter Lippenstift, der verschmiert am Ärmel ihres grünen Weihnachtpullovers klebte. Denselben Pullover, den sie jedes Jahr trug. Den er ihr vor 5 Jahren in einem billigen Discounter, nur ein paar Straßen von hier entfernt, gekauft hatte und der jetzt ausgeleiert an ihren dünnen Armen herunterhing. In ihrer Hand hatte sie den Teddybären, den die beiden ihrer Tochter Paula zum ersten Geburtstag schenken wollten, fest im Griff und hielt ihn wie ein Schild an ihre Brust gepresst.

Mit ihren Fingernägeln drückte sie so fest in den weichen Plüschstoff, dass die Augen des armen Tieres geradezu herausquollen. Zwei Monate waren vergangen seit dem Unfall und trotzdem war es so, als wäre es erst Tage her gewesen, dass sie eben diesen Teddybären am Friedhof zu sich nahm und ihr Gesicht in diesen verbarg.
Zwei Monate, in denen weder Andrea noch Felix auch nur ein Auge schließen konnten. Zwei Monate, in denen man nicht einmal vor die Tür gehen konnte, ohne dass man mitleidsvolle Blicke zugeworfen bekam und wohin man auch ging, leises Getuschel einen immer verfolgte.
Zwei Monate ohne das Liebste, dass sie je in ihren Armen halten durften.

Nun stand sie vor ihm. Seine Frau.
Der er vor sieben Jahren geschworen hatte, immer an ihrer Seite zu bleiben. In guten und in schlechten Zeiten. Aber keiner von ihnen hatte damals damit gerechnet, dass die Zeiten so schlecht werden würden. Dass es so schnell keine guten Zeitenmehr geben würde und dass sie sich nicht mal mehr an die guten Zeiten erinnern konnten. 
,,Andrea, Liebling. Bitte hör mir doch zumindest zu."

Sie starrte ihren Mann nur an. Ihr doch eigentlich so schönes Gesicht zu einer hassverzehrten Fratze verzogen. Dennoch wollte Felix jetzt nicht klein beigeben.
,,Ich meine ja nur, dass es vielleicht gut wäre, wenn wir einen Neustart wagen. Rausziehen aus der Stadt. In ein nahegelegenes Dorf oder vielleicht auch ins Ausland. Uns hält hier nichts mehr, Andrea. Lass und neue Erinnerungen erschaffen." 

,,Neue Erinnerungen?"  Das war das erste Mal seit mehreren Stunden, dass sie nicht schrie. Ihre Stimme klang fast kleinlaut. Man konnte nicht wirklich sagen, welche Stimmung mitschwang. Ihr Gesicht hatte sich verändert, während er sprach. Die Gesichtszüge erschlafften und ihr Blick wurde leer. 
,,Neue Erinnerungen ohne sie?" 

𝟸𝟺 𝚆𝚘𝚑𝚗𝚞𝚗𝚐𝚎𝚗 (𝟸) - 𝚎𝚒𝚗 𝙰𝚍𝚟𝚎𝚗𝚝𝚜𝚔𝚊𝚕𝚎𝚗𝚍𝚎𝚛Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt