2. Türchen

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Der Rauch der Zigarette brannte in meinem Rachen und brachte das unaufhörliche Kribbeln, das mich die ganze Zeit über auf Trapp gehalten hatte, endlich zum Stoppen.

Rauchen war eine scheiß Angewohnheit, eine beschissene Sucht und trotzdem konnte ich den vermaledeiten Glimmstängel nicht ins Nirwana schicken. Ich hatte es oft versucht, manchmal sogar überraschend lange durchgehalten und war trotzdem jedes Mal aufs neue kläglich gescheitert.
Ich machte mir nichts vor. Ich war abhängig von dem krebserregenden Zeug, das wusste ich nur zu gut. Trotzdem redete ich mir immer noch fleißig ein, dass ich noch jung genug war, dass ich noch immer jederzeit aufhören konnte und meine Lunge dann immer noch genügend Zeit hatte, um sich wieder zu regenerieren.

Dass das absoluter Bullshit war, wusste ich selbst. Und mein übervoller Aschenbecher, der mir wie ein regelrechtes Mahnmal entgegen starrte, sobald ich auf meinen Balkon trat, führte es mir auch fleißig vor Augen.

Im Winter jedoch hinterfragte ich diese Einstellung dann aber doch jedes Mal. Jedes Mal, wenn mich die Sucht vor die Tür trieb und ich mir in dieser Eiseskälte den Arsch abfror, nur damit das nervige Kribbeln wegging. Nur, damit meine Finger nicht nervös auf dem Tisch dribbelten.

Ich war zu faul, um mich jedes Mal gut einzupacken, deswegen stand ich dann doch wieder nur in Jogginghose und mit einer Sofadecke über den Schultern auf meinem Balkon und hinterfragte sämtliche meiner Lebensentscheidungen.

Auch jetzt gerade wieder.

Es war arschkalt und schon stockfinster, obwohl es noch nicht einmal achtzehn Uhr war. In meinem Wohnzimmer brannte nur die Schreibtischlampe, die aber von meiner Balkontür so weit weg war, dass das einzige, das mir Licht spendete, die Girlande am Geländer meiner Nachbarin nebenan und die etwa fünfzig Zentimeter große Weihnachtsmannlampe auf ihrem Balkon war. Seit Ende Oktober war Sepp, wie ich den Weihnachtsmann liebevoll getauft hatte, mein treuer Begleiter, wann immer ich zum Rauchen auf meinen Balkon ging. Er verurteilte mich nicht und hielt mir keine Ansprache. Er war einfach nur da und winkte mir Tag ein, Tag aus freundlich entgegen.
Und erinnerte mich gleichzeitig daran, dass Weihnachten immer näher kam und ich zwar meine Weihnachtsdekoration schon aus dem Keller geholt, aber bisher noch nicht ausgepackt und aufgestellt hatte.

Immerhin hatte ich schon einen Adventskranz, der mit einer flackernden Kerze anzeigte, dass der erste Advent endlich angebrochen war.

Ich hatte heute, trotz Montag, so lange geschlafen, dass ich dementsprechend länger arbeiten musste. Normalerweise war ich bis sechzehn Uhr locker mit allem fertig, wenn ich auch zu einer normalen Zeit zu arbeiten anfing. Wenn ich mich aber erst gegen Mittag aus dem Bett quälte, konnte ich auch nicht erwarten, trotzdem wie gewohnt fertig zu werden.
An Tagen wie heute war ich einerseits wirklich froh über meine freie Zeiteinteilung und über mein Homeoffice, andererseits verfluchte ich mich und meine fehlende Disziplin. Heute hatte ich es nicht einmal geschafft, mein Schlafoberteil gegen ein frisches Shirt zu tauschen.

Der kalte Wind pfiff eiskalt um meine nackten Füße, die von meinen Schlappen überhaupt nicht warmgehalten wurden, während auch meine Sofadecke den Wind nur mäßig von meinen nackten Armen abhielt. In meiner Wohnung war es warm genug, um ohne Socken und nur im T-Shirt zu sein, aber hier draußen, war das beinahe ein Todesurteil.

Die Luft war schon auf winterliche Temperaturen abgekühlt und es war wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis es auch zu schneien beginnen würde. Über Nacht hatten wir die letzten Tage auch schon Frost, sodass ich nur noch froher war, nicht in die Arbeit fahren zu müssen. Mein Wohnkomplex war nämlich echt super und ich wohnte sehr gerne hier, aber leider hatte ich keinen Garagenstellplatz, wodurch ich dann doch jedes Mal kratzen musste...

Ich inhalierte einen weiteren tiefen Zug und schloss genüsslich meine Augen. Ich spürte den kratzigen Rauch in meiner Lunge, spürte erleichtert wie mein Körper immer weiter zur Ruhe kam. Kurz spekulierte ich, ob ich nicht gleich eine zweite rauchte, aber eine weitere eiskalte Böe ließ mich den Gedanken sofort wieder verwerfen.

Xmas with the ConradsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt