16. Türchen

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Unweit unserer Wohnung und wahrscheinlich nicht allzu weit von dem Café weg, in dem wir gestern gegessen hatten, führte Elias mich in ein anderes süßes Café, das bis vierzehn Uhr Frühstück anbot. Immerhin war es auch schon fast zwölf Uhr, nachdem Vicky, Elias Schwester, heute morgen schon gegen Acht die Wohnung verlassen hatte und Elias und ich die Zeit alleine natürlich gleich nutzen mussten.
Ich hatte zwar irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil wir im Bett seines Freundes Sex hatten, aber Elias hatte mich damit beschwichtigt, dass wir die Bettwäsche eh abziehen würden, wenn wir morgen früh abreisten.

Die gemeinsame Dusche danach war dann allerdings auch nochmal so heiß, dass wir glatt nochmal im Bett seines Kumpels gelandet waren, weil die Dusche leider für andere Aktivitäten als bloße Küsse zu klein war. Außerdem war es im Liegen dann doch einfacher und gemütlicher als im Stehen. Für sowas waren Elias und ich - da waren wir uns einig - schon zu alt.

„Rührei?", fragte Elias, als ich mich schon gesetzt hatte und die Bedienung in dem Moment die Karte vor uns ablegte. Ich nickte nur und bestellte gleich noch eine Tasse Kaffee mit. Während wir dann gemeinsam frühstückten, planten wir unseren Tag, der zum Großteil nur damit gefüllt war, die vielen Weihnachtsmärkte, die London bot, abzugrasen. Gleichzeitig gab es viele Orte und Speisen, die Elias mir zeigen und mich probieren lassen wollte.

Die Freude in seinen Augen zu sehen, während er über die Stadt redete, in der er viele Jahre seiner Jugend verbracht hatte, war fesselnd. Ich mochte es, ihn so glücklich zu sehen.

Mit jedem Satz und mit jedem Glänzen in den Augen, wenn er über London sprach, fragte ich mich, warum er sich damals dagegen entschieden hatte, wieder hierher zu ziehen, wo doch sein Herz ganz eindeutig hier hing. Er konnte mir nicht weismachen, dass er sich wegen einer Lappalie dagegen entschieden hatte. Das musste schon einen größeren, einen viel besseren Grund geben.
Ich war gewillt nachzufragen. Andererseits befürchtete ich, dass es einen negativen Hintergrund hatte und ich wollte die gute Laune nicht runterziehen. Vielleicht würde ich es in der Zukunft mal ansprechen, aber nicht mehr während wir hier in London waren.

Nach einem sättigenden Frühstück machten wir uns also auf den Weg zu Fuß durch London. Als uns dann irgendwann die Füße weh taten, stiegen wir auf ein Schiff und machten eine Rundfahrt erst die Themse hinunter und dann wieder hinauf, damit ich auch andere Eindrücke der Stadt sammeln konnte.
Ich konnte auf jeden Fall sagen, dass Elias nicht zu viel versprochen hatte. London war wirklich schön, vor allem, da wirklich an jeder Ecke und in jedem Fenster Weihnachtsdekoration war und es überall blinkte.

Man konnte die Christkindlmärkte in London allerdings nicht mit unseren deutschen Christkindlmärkten vergleichen. Auch der Glühwein oder besser gesagt Mulled Wine schmeckte ganz anders, als das was ich erwartet hatte. Abgeneigt war ich davon aber auf jeden Fall nicht.

Vor allem nicht, da mir Elias erst die bekannten, größeren Märkte zeigte, bis wird gegen Abend die kleineren aufsuchten. Bis dahin hatten wir aber beide längst genügend Alkohol zu uns genommen, dass wir es beide merkten. Seit dem letzten Christkindlmarkt hielten wir uns auch durchgehend an den Händen, damit wir uns nicht gegenseitig abhanden kommen konnten.

Ich genoss es mit Elias um die Häuser zu ziehen, London unsicher zu machen und einfach mal die Seele baumeln zu lassen. Ich hatte richtig Spaß und das nur Dank Elias, der sich auch wirklich viel Mühe gab. Zum Beispiel in dem er mich abends noch überraschenderweise auf eine Eisbahn schleppte.
Im Innenhof des Somerset House war für die Weihnachtszeit eine Outdooreisbahn aufgebaut, bei der man sich auch Schlittschuhe ausleihen konnte. Zwar war es zeitlich auf eine Stunde begrenzt, aber das war trotzdem wahrscheinlich die lustigste Stunde, die ich seit Jahren gehabt hatte.

Weder Elias noch ich waren geübte Schlittschuhläufer. Wir wussten beide an sich wie es funktionierte, aber in der Praxis wollte das nicht so ganz klappen, wodurch wir bald einfach nur noch aneinander hingingen, um nicht umzufallen, und vor lauter Lachen kaum einen Meter mehr zurücklegten.

Xmas with the ConradsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt