Wincent:
Ich sehe Kjell schon von weitem, wie er mit aller Kraft versucht Bäume von der Ladefläche seines Trucks herunter zu holen. „Hallo Wincent, was führt dich denn her? Smilla war schon da, da bist du wohl zu spät dran Kumpel." begrüßt er mich. „Hallo Aros mein pälziger Freund, du kommst auch mal wieder in die Stadt, was?" sagt er und reicht ihm eine kleine Kaustange. „Deswegen bin ich da. Ich wollte mit dir über Smilla reden.." druckse ich herum. Ich habe keine Ahnung in welcher Beziehung er zu Smilla steht, geschweige denn wie er sie kennengelernt hat. Vielleicht über die Schule? Die beiden scheinen im gleichen Alter zu sein. „Ich verkaufe noch bis 19 Uhr, dann können wir uns gerne in ein Kaffee setzten und reden. Wenn du magst, kannst du mir helfen die Bäume zu verkaufen, dann kann ich vielleicht eher schließen, morgen kommt die nächste Fure an Bäumen, deshalb muss ich heute alle verkaufen." sagt er zu mir. Ich spreche kein Norwegisch und verstehe es auch nicht. Kein bisschen, doch so ein Baum zu verkaufen, kann ja nicht schwer sein. Aros hat hier anscheinend auch schon Bekanntschaft, denn er wird von Fremden gestreichelt und scheint es sichtlich zu genießen. „Du verständigst dich hier mit Hand und Fuß. Ich spreche eigentlich auch nur Schwedisch, ich kann nur von meinem Vater ein bisschen Norwegisch. Von Knut vielleicht kennst du ihn ja." Knut. Der nette Kerl auf dem Boot, als wir die Wale besichtigt haben. Das ist der Sohn dazu. Smilla hat oft seinen Namen genannt, er kann nur eine gute Seele besitzen. Ich glaube Smilla achtet seit ihrem Schicksalsschlag sehr auf Menschen, mit denen sie sich umgibt und spricht. Ich verkaufe in einer Stunde knapp 20 Bäume. Schon um 18:30 sind alle Bäume verkauft. Ich kann mir nicht im Ansatz vorstellen, wie schwer es für Smilla sein mag, mit Fremden Menschen zu kommunizieren, obwohl ich keinerlei Berührungsängste habe. Irgendetwas muss passiert sein. Irgendetwas muss sie dermaßen aus der Bahn geworfen haben, sodass sie so ist wie sie ist. Nicht das es schlecht ist, ich liebe ihre Art, wie zuvorkommend sie manchmal ist, wie still. Doch ich glaube sie war nicht immer so. Irgendwas muss ihre Familie ihr angetan haben, und das möchte ich nun versuchen, von Kjell zu erfahren.
Wir sitzen zusammen in einem Café und haben einen Kakao vor uns stehen. Um uns herum keine Menschenseele. Alles ist dunkel draußen, nur hier im Café brennt noch Licht und einzelne Mitarbeiter spülen die letzten Tassen ab. Kein Wunder wir sitzen hier seit geschlagenen 1 1/2 Stunden. Derweil hat Aros sich für ein Nickerchen auf den Boden gelegt. Der Dampf des heißen Getränks lässt meine Angst nicht unbedingt verschwinden. Ich habe Angst. Angst davor, das Smilla womöglich unsere Freundschaft beendet und ich nie wieder in den Genuss ihres Wesens komme. „Ich habe Angst. Ich wollte Smilla nie persönlich danach fragen, deswegen hoffe ich einfach das du mir meine Frage beantworten kannst." druckse ich erneut herum und bekomme die Frage einfach nicht über die Lippen. „Warum sie von ihrer Familie damals abgehauen ist?" fragt Kjell mich. Da war sie. „Genau." sage ich und trinke den letzten Schluck aus meiner Tasse.
„Nun..Wincent das tut mir unheimlich leid, aber das kann nur sie dir sagen. Ich glaube sie würde mich nie wieder sehen wollen, wenn ich es verraten würde. Es tut mir so leid, das du so lange Zeit mit mir verbracht hast, ich dir aber keine Antwort geben kann." sagt er und schiebt seinen Stuhl zurück. „Ich muss jetzt auch langsam nach Hause. Ida wartet auf mich. Aber eine Sache noch Kumpel.." er legt seine Hand auf meine Schulter. „Ich kann erkennen was du fühlst. Sag es ihr. Verpack es in einen Song oder was auch immer, aber sei nicht zu spät. Smilla ist nicht sehr wählerisch. Schnapp sie dir lieber jetzt bevor es zu spät ist. Wir sehen uns". Kjell bezahlt unsere beiden Kakao und verlässt den Laden. Ich schlage die Richtung zum Heimweg ein, und grüble vor mich hin, was es wohl sein kann und wie genau ich Smilla von meinen Gefühlen ihr gegenüber erzählen soll.
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Wenn die Wellen toben / wincent weiss ff
FanfictionBerührungen, Umarmungen, Liebe schenken. All das scheint unmöglich. Wincent ist nur ein Schatten seiner selbst. Musik ist das einzige was ihn über Wasser hällt, was ihm halt gibt. Tromsø. Nordnorwegen. Sein Rückzugsort, an dem er, immer wieder er se...