Schweißgebadet schrak ich auf, als ich das Piepen meines Weckers vernahm, welches mich aus meinem Höllenschlaf befreite. Seit dem Vorfall mit meinem Vater, hatte ich jede Nacht Alpträume. Dabei war es immer der gleiche Traum: Ich rannte vor etwas weg. Nein - vor jemandem. Ich rannte und rannte, so schnell ich konnte, doch der Schatten holte mich ein. Unwissend lief ich auf eine Mauer zu, welche unendlich hoch und gewaltig war. Nun war ich gefangen. Ich spürte einen kalten, hasserfüllten Blick auf mir sitzen, obwohl ich der Person den Rücken zugedreht hatte. Langsam drehte ich mich um. Ich klammerte mich an die große Mauer hinter mir und richtete meinen Blick vorsichtig und verängstigt auf die Person, die mir gegenüber stand. Ich spürte, wie meine Atmung direkt schneller wurde und meine Beine wackelig wurden, als ich in die eisblauen Augen meines Vaters blickte. "Du bist Schuld an allem! Du hast alles kaputt gemacht! Du bist der größte Fehler meines Lebens!", schrie eine raue, kalte und doch so vertraute Stimme zu mir rüber. Eine Gänsehaut machte sich auf meiner Haut breit. In seinem Blick sah ich nur Hass und Abscheu. Plötzlich bemerkte ich eine unerwartete Ausholbewegung des rechten Armes meines Gegenübers. Kurz bevor seine Faust meine Magengrube erreichte, wachte ich auf. So ging es nun seit Montagnacht. Ich fand mich zusammen gekauert in meinem Bett wieder und hatte meine Hände beschützerisch vor meinem Bauch gehalten. Mit dem ersten leisesten Ton, den mein Wecker von sich gab, wachte ich auf und war direkt hell wach. Ich riss meine Augen auf und spürte wie mein Herz raste. Langsam richtete ich mich auf und atmete einmal tief durch. Ich nahm mir einen Moment bis ich mich beruhigt hatte und fuhr mir erschöpft durch meine zerzausten Haare. Schlafen war in letzter Zeit gefühlt anstrengender als wach sein. Ich rappelte mich auf und trug mich unter die Dusche. Danach schnappte ich mir eine blaue Momjeans und einen schwarzen Hoodie. Ich trug eigentlich immer das, wonach ich mich gerade fühlte und heute war das definitiv ein Hoodie. Am liebsten würde ich meine Wohnung heute einfach gar nicht mehr verlassen. Doch wenn ich schon wieder nicht zur Schule gehen würde, würden Sophia und Amelie sicherlich misstrauisch werden. Ich vermied sie die letzten Tage sowieso schon etwas mehr und zu auffällig wollte ich auf keinen Fall werden. Bei einem Blick in dem Spiegel erschrak ich vor meinem eigenen Spiegelbild. Ich sah aus als hätte ich 5 Nächte durchgefeiert. Mit einem Seufzer trug ich mich also erneut ins Bad, wo ich meine Augenringe so gut es ging überschminkte und auch sonst versuchte zu retten, was noch zu retten war. Dann füllte ich mir noch meinen Kaffee in eine Thermoskanne, packte sie zusammen mit einem Apfel in meine Schultasche und stolperte viel zu spät aus dem Haus. Ich entschied mich kurzerhand fürs Auto anstelle meines Rads und fuhr zur Schule. Dort angekommen erwartete mich eine Standpauke meines Deutschlehrers über mein viel zu spätes Erscheinen. Ich nahm es hin und versicherte ihm, dass ich mir in nächster Zeit mehr Mühe geben würde pünktlich zu kommen. Diese vorhersehbare Antwort reichte ihm, sodass ich nur noch seinen Unterricht über mich ergehen lassen musste. Danach folgte eine Doppelstunde Geschichte. Es war aushaltbarer als Deutsch, aber das lag vielleicht auch daran, dass ich einfach von der Lehrerin in Ruhe gelassen wurde und ich somit etwas abschalten konnte. In der Pause traf ich mich dann mal wieder mit Sophie und Amelie. Den beiden konnte ich schließlich nicht ewig aus dem Weg gehen. Insbesondere weil wir normalerweise echt immer in den Pausen aufeinander hockten. Sie schoben meine betrübte Stimmung auf das Fehlen von Tom und machten es sich zur Aufgabe mich aufzumuntern. Erstaunlicherweise klappte das gar nicht so schlecht und irgendwie war es auch echt süß von ihnen. Als es dann klingelte, trennten sich unsere Wege. Ich machte mich auf den Weg in den Philosophieraum und Sophie und Amelie hatten nun Religion. Im Raum angekommen setzte ich mich direkt auf meinen Fensterplatz in der vorletzten Reihe. Ich hatte bemerkt, dass Frau Hanses bereits im Raum war, schenkte ihr allerdings keinerlei Aufmerksamkeit. Nach letzter Woche Freitag hatte ich echt keinen Bock mehr, auch nur irgendwie mit dieser Frau ein Gespräch führen zu müssen. Sie hatte eindeutig eine Grenze überschritten. Und diese Grenze war mir viel zu privat. Natürlich hatte ich daher auch nicht vor mich in ihrem Unterricht zu beteiligen, denn das würde ja heißen, ich müsste mit ihr sprechen. Also saß ich auch ihren Unterricht lang einfach auf meinem Platz und versank in meiner eigenen Gedankenwelt. Aus dieser wurde ich allerdings herausgerissen, als mein Handy plötzlich anfing zu klingeln. Ich zuckte kurz zusammen, kramte es so schnell ich konnte aus meiner Tasche und erschrak für einen kurzen Moment, als ich den Namen auf dem Display sah. Ich drückte die Person sofort weg und stellte meinen Klingelton aus. Dann sah ich entschuldigend nach vorne zu Frau Hanses, welche sich gerade auf den Weg zu meinem Platz machte. "Sorry, ich hatte wohl vergessen es auf lautlos zu stellen.", sagte ich schließlich, als diese vor mir stand. Sie streckte ihre Hand aus und nickte leicht. "Alles klar. Sie können sich Ihr Handy dann nach der Stunde wieder bei mir abholen.", gab sie recht neutral von sich und ich merkte eine kleine Wut in mir aufsteigen, schluckte sie aber schnell wieder runter, bevor mir mal wieder was dummes raus rutschen würde. Ohne ihr zu antworten gab ich ihr schließlich mein Handy und widmete mich dann dem Philosophiebuch, um ihr zu signalisieren, dass die Diskussion von meiner Seite aus vorbei war. Sie erkannte dies anscheinend recht schnell, da sie sich daraufhin auch schon wieder von meinem Platz entfernte und den Unterricht fortführte.
DU LIEST GERADE
Renn für mich!
Teen FictionZwei junge Damen begegnen sich zum ersten Mal bei einem Leichtathletikwettkampf. Sie lernen sich als Rivalen kennen und haben eines Gemeinsam: In der Regel gewinnen sie immer. Bei Wettkampfbeginn bemerken sie schnell die Ambitionen der jeweils ander...