Kapitel 6 - Leistungsüberprüfung

139 7 2
                                    

Bis Freitag hatte ich fast ausschließlich in meinem Bett gelegen. Ich hatte eine komplette Serie durch gesuchtet und war bei Lieferando vermutlich schon zum Stammkunde geworden. Einige der Hämatome sahen mittlerweile auch schon etwas besser aus und gehen konnte ich auch wieder ohne große Beschwerden. Also körperlich war ich wieder etwas auf die Beine gekommen, auch wenn ich mir selbst bis nächste Woche Mittwoch erstmal Sportverbot beziehungsweise Leichtathletikverbot gegeben hatte. Zum Sportunterricht in der Schule musste ich wohl gehen, denn ich hatte heute eine Leistungsüberprüfung im Sport Lk und die konnte ich ohne ein ärztlichen Attest nicht so einfach sausen lassen.

Es war also Freitagmorgen und ich krackselte viel zu spät aus meinem warmen Bett. Ich entschied mich kurzerhand dazu die ersten 2 Stunden zu schwänzen, damit ich mich noch in Ruhe fertig machen konnte und fuhr schließlich mit dem Auto zur Schule. Eigentlich fuhr ich immer mit dem Fahrrad, da die Schule echt nicht weit weg war und ich Fahrrad fahren zudem einfach sehr gerne mochte. An diesem Tag wollte ich mich allerdings schonen. Bei der Schule angekommen musste ich zuerst noch 2 Stunden Deutsch überstehen, ehe ich mich dann auf den Weg zur Turnhalle machte. In der Pause hatte ich auch Amelie und Sophie zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wiedergesehen. Das tat zum Einen echt gut, aber auf der anderen Seite hatte ich mich auch etwas schlecht gefühlt, weil ich ihnen erzählt hatte, ich habe Grippe.

Ich hatte am Morgen bereits meine Sportsachen angezogen, womit ich das Umziehen vor den anderen

Mädchen ganz einfach umgehen konnte. Nach dem Unterricht würde ich einfach warten bis alle raus sind und könnte mich dann in Ruhe umziehen. Den Plan fand ich eigentlich ziemlich gut. Als ich zu den anderen Mädchen in die Umkleide ging, merkte ich direkt die etwas angespanntere Stimmung, die immer an Prüfungstagen da war. Ich wechselte meine Schuhe und ging schließlich mit den anderen in die Halle. Dort angekommen, war bereits alles für die Prüfung aufgebaut. Zu meinem Glück hatten wir Badminton und somit keinen körperkontaktfreudigen Sport, der mit meinen Verletzungen noch zum Problem hätte werden können. Auch wenn ich mir selbst beim Badminton einige Schläge jetzt schon schmerzhaft vorstellte, war ich entschlossen die Prüfung durchzuziehen. Badminton machte mir für gewöhnlich echt Spaß und ich war auch eigentlich immer recht gut darin.

Ich spielte mich also etwas mit meiner Spielpartnerin ein und nach und nach rief meine Lehrerin Pärchen zu sich, welche sie dann auf dem Prüfungsfeld bewertete. Wir waren als drittes dran und sollten zuerst eine gewisse Variation an verschiedenen Schlägen zeigen. Das lief echt gut! Ich hatte all meine Schläge ziemlich gut getroffen und somit so gespielt, wie ich es wollte. Dabei konnte ich die Schmerzen, die immer mal wieder durch meinen Körper zogen, gut unterdrücken. Ob das an der Ibuprofen lag, die ich mir vorher noch eingeschmissen hatte, oder einfach an dem Adrenalin in meinem Körper, konnte ich nicht sagen. Nach den Schlagvariationen folgte ein 1 gegen 1 Spiel. Auch das Spiel lief gut. Nicht perfekt, aber ich war ganz zufrieden mit der Leistung, die ich erbrachte. Zuletzt stand noch ein 2 gegen 2 an. Dabei verlor mein Team leider, aber es war dennoch ein nicht allzu schlechtes Match, sodass ich am Ende der Prüfung doch ganz zufrieden mit meiner Performance war. Es war insgesamt schon leider schlechter als in den Unterrichtsstunden davor, aber dafür, dass ich bei jedem Schlag Schmerzen hatte, war ich zufrieden so wie es gelaufen ist. Unsere Lehrerin gab uns direkt im Anschluss die Noten und da ich sowieso die Umkleide für mich haben wollte, wartete ich bis zum Schluss. "Nora. Bei dir habe ich mir 11 Punkte notiert.", sagte meine Lehrerin schließlich, als ich vor ihr stand und alle anderen bereits die Halle verlassen hatten. Ich war schon etwas unzufrieden, da ich vermutlich unter normalen Umständen mehr Punkte bekommen hätte und Sport Praxis mich immer hochzog, doch es war vermutlich der Leistung entsprechend, weshalb ich mich nicht beschweren konnte und einfach nickte. "Alles klar.", sagte ich und nahm die Note hin. "War heute irgendwie nicht so dein Tag, was? Schade.", fügte sie dann noch hinzu. Scheint wohl auch ihr aufgefallen zu sein. Na klasse. "Ne, irgendwie nicht.", erwiderte ich dann einfach auf ihre Frage. "Mach dir nichts daraus. Das nächste Mal bist du wieder bei deinen alten Leistungen. Die nächste Sportart die wir machen, ist nämlich Leichtathletik.", sagte Frau Leetke dann und zwinkerte mir zu. Ich verstand mich schon immer ganz gut mit ihr und irgendwie munterte mich das tatsächlich etwas auf. Ich lächelte und nickte ihr zu. "Das freut mich zu hören. Dann noch einen schönen Tag!", sagte ich schließlich und verabschiedete mich in die Kabine. Als ich die Kabine betrat waren bereits alle anderen weg. Mit einem erleichterten Seufzer setzte ich mich also auf die Bank. Ich kramte kurz mein Handy raus, um zu sehen wie spät es war. Ich hatte keinen Zeitstress, da das hier für heute meine letzte Stunde war, aber ich wusste, dass bald vermutlich neue Mädchen in diese Umkleide kommen würden, für den nächsten Unterricht. Also machte ich mich daran mich schnell umzuziehen. Ich stand für einen kurzen Moment nur auf Unterwäsche in der Umkleide und sah an meinem Körper hinunter. Einige der dunkelblauen Hämatome sind bereits etwas grün und gelblich geworden, was wohl hieß, dass die Stellen heilten. Bei meiner kurzen Begutachtung meines Körpers hatte ich nicht bemerkt, wie jemand die Umkleide von der anderen Seite betrat. Als ich mich schließlich wieder dem Raum widmete, schreckte ich auf, als ich plötzlich Frau Hanses in der Tür stehen sah, welche mit großen Augen meinen Körper oder besser gesagt meine blauen Flecke begutachtete. Ich schnappte mir so schnell ich konnte mein T-Shirt und warf es mir über, sodass alle Stellen bedeckt waren. "Können Sie nicht anklopfen?", fragte ich sie nun sehr gereizt und stieg in meine schwarze Momjeans, während ich ihr den Rücken zugekehrt hatte. Ich hörte eine etwas perplexe Stimme antworten: "Ja, doch... tut mir leid. Ich hatte keine Geräusche gehört und dachte die Umkleide sei leer.". Ich wollte ihr nicht nochmal in die Augen schauen und blieb umgedreht, während ich mir einen dicken Pulli überwarf. "Dann kann man trotzdem anklopfen.", erwiderte ich in dem gleichen Tonfall wie zuvor. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter und zuckte bei der Berührung direkt leicht zusammen. Ich drehte mich zu der Person um und sah direkt in Frau Hanses grüne Augen. In ihrem Blick konnte ich dieses Mal wirklich aufrichtige Sorge erkennen. Ich mochte es nicht, wenn mich eine nahezu fremde Person so ansah. "Hey Nora... es tut mir wirklich leid, ich wollte dich hier nicht so erschrecken. Aber... was sind das alles für blaue Flecke an deinen Rippen?", begann sie nun die Frage zu stellen, die ihr wahrscheinlich schon wie wild unter den Nägeln brannte. Dabei war ihre Stimme sanft und fürsorglich, was mich zum Einen verwirrte, da ich das nicht von ihr kannte und zum anderen auch störte, weil ich ihr Mitleid nicht wollte und ich immer noch total sauer war, dass sie einfach so in die Umkleide geplatzt ist. "Ich bin 'ne Treppe runtergefallen.", log ich schließlich und war im nächsten Moment selbst von mir überrascht, wie ich so eine schlechte Lüge rausbrachte. Normalerweise fielen mir da eindeutig bessere Lügen ein und das konnte ich auch in ihrem sehr skeptischen Blick erkennen. "Ah ja. Und jetzt bitte die Wahrheit?". Ich seufzte und stupste schließlich ihre Hand von meiner Schulter. "Haben Sie keine eigenen Probleme? Wenn Sie so neugierig sind, denken Sie sich doch ihre eigene Geschichte dazu aus. Die können Sie mir dann vortragen und je nachdem wie laut ich klatsche, wissen Sie dann, ob Sie damit richtig liegen oder nicht.", entgegnete ich ihr gereizt einen ironischen Vorschlag mit einer finsteren Miene. Dann schnappte ich meine Tasche und ließ sie einfach alleine in der Umkleide stehen. Diese Frau trieb mich noch komplett in den Wahnsinn. Manchmal tat sie so als könne sie mich auf den Tod nicht ausstehen und im nächsten Moment war sie nett und sorgte sich sogar um mich. Und ehrlicherweise fand ich beides scheiße. Warum konnte sie nicht einfach neutral sein und keine Meinung zu mir haben, so wie der Großteil der anderen Lehrer.

*

*

*

(Hey, ich hoffe euch geht's gut :) Lasst gerne Feedback da!)

Renn für mich!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt