Kapitel 9 - Dealen für Anfänger

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Mittlerweile war Freitag. Ich hatte mir in den letzten Tagen noch ziemlich oft den Kopf über die Begegnung mit meinem Vater zerbrochen. Zudem hatte ich mich darum gekümmert, dass ich Frau Hanses ihre 200 € wiedergeben konnte. Meine Mutter hatte mir nämlich auf meine Bitte hin 400 € überwiesen, welche heute angekommen waren.
Ich saß auf meiner Coach während ich mit meinem Online-Banking beschäftigt war. Glücklicherweise musste ich heute erst zur 3. Stunde zur Schule, da die ersten beiden Stunden ausfielen und hatte somit noch etwas Zeit diese Angelegenheit zu erledigen. Ich wählte Frau Hanses Kontakt auf WhatsApp aus, wobei mir auffiel, dass sie mittlerweile ein Profilbild hatte. Sie musste mich jetzt wohl auch eingespeichert haben. Aus unerklärlichen Gründen freute mich das irgendwie ein wenig. Ich tippte auf ihr Profilbild und betrachtete ein Urlaubsfoto meiner Lehrerin, auf welchem sie durch eine kleine, schnuckelige Gasse lief. Sie trug ein luftiges, weißes Leinenkleid, welches ihre braungebrannten Beine betonte. Zudem strahlte die Blondine auf dem Bild glücklich in die Kamera. Es war zugegebenermaßen ein sehr schönes Bild von ihr. Ich ging wieder zurück auf den Chat, um nicht noch länger an ihrem Profilbild fest zu hängen. Bis auf den Anruf letzte Woche, war der Chat noch komplett leer. >Hallo, hier ist Nora. Haben Sie PayPal?<, verfasste ich nun eine kurze Nachricht. Bevor ich sie abschickte überprüfte ich sie noch 10 mal. Es war irgendwie ein komisches Gefühl eine WhatsApp-Nachricht an meine Lehrerin zu schreiben, aber irgendwie war es mir lieber das schriftlich abzuklären, als erneut ein unangenehmes Gespräch mit ihr zu führen. Ich legte mein Handy weg, sprang unter die Dusche und machte mich fertig für die Schule. Als ich dann startklar war, nahm ich noch einmal mein Handy zur Hand und checkte meine Nachrichten ab. 3 Nachrichten von Tom, eine Nachricht von Jana Hanses. Direkt tippte ich auf den Chat mit Frau Hanses. > Hi Nora. Ja, hab ich. Meine Email dafür:'jana.hanses96@gmx.de'. Vielen Dank! <, las ich ihre Nachricht. Ich sah kurz auf die Uhr. Eben das Geld senden dauerte nicht lange, also schickte ich ihr schnell noch die 200 € per PayPal an rüber. Dann sattelte ich meinen Rucksack und verließ die Wohnung. Toms Nachrichten würde ich gleich im Unterricht beantworten. Das fiel den Lehrern meist sowieso nie auf, oder es war ihnen egal.
In der Schule angekommen machte ich mich auf den Weg zum Klassenraum. Ich war erstaunlich pünktlich, was auch Sophie verwirrte, die mich mit einer Umarmung begrüßte. Wir hatten Deutsch immer zusammen und das machte den Unterricht um einiges besser.
Wir betraten den Klassenraum und setzten uns auf unsere Plätze. Während des Unterrichts erzählten wir uns etwas von unserer Woche und waren sonst erstaunlich aufmerksam. Auch wenn ich gedanklich immer mal wieder zu den Drogen schweifte, die sich in meiner Tasche befanden. Ich hatte mir vorgenommen heute zu versuchen das erste Tütchen zu verticken. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung wie ich es anstellen sollte und war Zuhause einmal kurz davor gewesen zu googlen, wie man am besten Drogen vertickt und im nächsten Moment hätte ich sie fast im Klo runtergespült. Die letzten Tage hatte ich dann in der Schule meine Ohren etwas gespitzt und doch erstaunlich viel mitbekommen. So hab ich erfahren, das gerade Gras tatsächlich von sehr vielen Leuten aus meiner Stufe konsumiert wurde. Zudem wusste ich nun auch wo der 'Dealer-Spot' war, auch wenn ich mir das auch so hätte denken können, denn der war unter den Schülern eigentlich all-bekannt.
Als es schließlich zur Pause klingelte verabschiedete ich mich von Sophie, da diese nun frei hatte. Dann machte ich mich auf den Weg zum 'Dealer-Spot'. Er befand sich hinter den Fahrradständern und war somit etwas versteckt. Es waren nicht sonderlich viele Leute da, doch ein Mädchen kannte ich, da sie bei mir im Sport LK war. Ich ging also zu ihr und sie sah mich zuerst etwas fragend an. "Hey.", begrüßte ich sie freundlich und sie entgegnete die Begrüßung mit einem freundlichen Lächeln. Ich verstand mich ganz gut mit ihr, auch wenn wir uns nicht sonderlich gut kannten. Wir hatten einfach sehr verschiedene Freundeskreise, aber wenn wir was miteinander zu tun hatten, kamen wir echt gut miteinander klar. "Dich hab ich hier nicht erwartet.", sagte sie nun und ich zuckte leicht mit den Schultern. "Und ich dich ehrlich gesagt auch nicht.", gab ich ihr mit einem kleinen Schmunzler zurück. Auch sie schmunzelte daraufhin ein wenig. "Vertickst du auch?", fragte sie nun und ich sah in ihren Augen ein kleines Interesse aufleuchten. Wow. Dass das so schnell ging und so einfach, hätte ich nicht gedacht. "Kommt drauf an wie viel du willst.", die ganze Situation war mir mehr als unangenehm und ging mir eigentlich gewaltig gegen den Strich. Nicht so, dass ich noch nie Gras genommen hätte und da total gegen war, aber verticken musste ich das Zeug nun wirklich nicht und ich hatte auch nicht gerade sonderlich viel Lust auf einen Ruf als Dealerin.  "1 Gramm, mehr nicht.", antwortete sie dann auf meine Frage und ich holte ein Tütchen aus meiner Jackentasche heraus. Ich hatte eine grobe Ahnung wie teuer so was war, weshalb ich ihr 11 € anbot und sie ging zu meinem Glück darauf ein. Kurz nachdem sie mir das Geld gab, verabschiedete ich mich von ihr und ging wieder zurück auf den Schulhof. Ich hatte ein ziemlich schlechtes Gefühl im Bauch, denn das was ich da gerade getan hatte, wäre nie im Leben von mir aus so passiert. Ich mochte ab und zu mal kiffen, aber fand die Leute die das Zeug verticken schon immer sehr unsympathisch. Zudem wusste ich ja nicht einmal genau was ich ihr da vertickt hatte, beziehungsweise, ob das Zeug meines Vaters gutes Gras war oder totaler Mist. Ich sah mich kurz auf dem Schulhof um, ob jemand gesehen haben könnte, wo ich her kam und verspürte gerade ein wenig Erleichterung, als ich bemerkte wie mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich zu der Person um und erschrak, als ich Frau Hanses vor mir stehen sah. Ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus vorwurfsvoll und wütend, was eigentlich nur heißen konnte, dass sie wusste wo ich herkam und auch wusste, wofür der Ort bekannt war. "Mitkommen.", hörte ich ihre strenge Lehrerstimme nun zu mir sagen. Ich hatte das Gefühl keine andere Wahl zu haben, also folgte ich ihr in das Schulgebäude, in welchem sie mich schließlich in einen leeren Klassenraum führte und die Tür hinter uns schloss. Sie hatte die Augenbrauen zusammen gezogen. "Was hast du da hinten gerade gemacht, Nora?", fing sie schließlich an die unangenehme Stille zwischen uns zu brechen. Hatte sie es doch nicht direkt gesehen? Das ließ mir natürlich noch die Chance mich aus dem ganzen raus zu reden, denn wenn sie nur vermutete was ich getan hatte, es aber nicht gesehen hatte, konnte sie mir eigentlich nichts. "Ich habe mein Fahrrad abgeschlossen. Das habe ich heute woanders stehen, weil mir beim letzten Mal bei den Fahrradständern jemand eine Nadel in den Reifen gestochen hat.", log ich schließlich und sah ihr dabei ruhig in die Augen. "Wow. So eine Dreistigkeit hätte ich von dir nun auch nicht erwartet.", bekam ich als Antwort, was mir verriet, dass sie wohl doch mehr gesehen haben musste. "Soll ich Ihnen die Nadel zeigen oder was? Ich hab die noch in meiner Tasche.", beharrte ich auf meiner Geschichte, denn eine Nadel hatte ich tatsächlich in meiner Tasche und meine Lüge konnte ich jetzt auch nicht direkt wieder zurück ziehen. "Ich hab euch gerade gesehen, Nora. Du hast diesem Mädchen was vertickt. Die Ecke ist vielleicht geschützt, aber nicht komplett uneinsichtig und auch bei den Lehrern spricht sich rum, wofür diese Ecke bekannt ist.". Ich merkte wie die Stimme von Frau Hanses immer schärfer wurde. "Wenn Sie uns gesehen haben, warum holen Sie dann jetzt nur mich ins Gespräch?", fragte ich, ohne weiter darauf einzugehen was ich da getan habe. "Was hast du dem Mädchen vertickt? Du weißt, dass du dafür von der Schule fliegen kannst?!", auch sie ging somit nicht auf meine Frage ein und sah mich mit einem durchlöchernden Blick an, doch ich versuchte standhaft zu bleiben. Irgendwie störte es mich auch wie sie mit mir umging und das sie mal wieder nur mich ansprach und das andere Mädchen komplett davon kam, obwohl sie nicht weniger schuldig war. "Feenstaub natürlich! Magisches Pulver damit die Gute besser einschlafen kann.", erwiderte ich nun mit ironischem Unterton und nun ebenfalls etwas gereizter. "Ist das dein Ernst?!", sie sah mich nun wütend an und ich merkte wie sie sich richtig zurück halten musste, um nicht zu explodieren. "Das du Stress Zuhause hast, ist das eine. Dafür hab ich echt vollstes Verständnis und das ist auch wirklich eine scheiß Situation! Aber das du hier auf dem Schulhof Drogen vertickst, das ist wirklich das aller letzte! Mit Drogen ist nicht zu spaßen! Du kannst Leute in die Abhängigkeit bringen, wenn du sie vertickst! Das ist moralisch gesehen wirklich unter aller Sau, was du da veranstaltest! Und dann noch die Dreistigkeit besitzen mir so ins Gesicht zu lügen! Wow, wirklich wow! Dir muss auch echt alles scheiß egal sein.". In Ihrem Monolog wurde sie mit jedem Wort hitziger. Jedes ihrer Worte fühlte sich dabei an wie ein Stich. Ich wusste wie scheiße es war, doch was hätte ich denn tun sollen? Ich wusste, dass ich wegen sowas von der Schule fliegen könnte, aber hatte ich eine andere Wahl? Sie wusste ganz genau wie es mir eigentlich ging. Jetzt von ihr so eine Standpauke zu bekommen, traf mich sehr. Es verletzte mich und machte mich gleichzeitig extrem wütend. Sie meinte so über mich urteilen zu können, nur weil sie dachte sie würde mich kennen, und dabei hatte sie eigentlich keine Ahnung. "Wissen Sie was? Sie haben echt keine Ahnung! Sie tauchen plötzlich in mein Leben auf und schaffen es irgendwie, dass ich Sie - warum auch immer - an mich ran lasse! Aber jetzt, wo Sie mich bei etwas erwischen, was Ihnen gegen den Strich geht, halten Sie mir so eine beschissene Standpauke!", ich sah nun ebenso wütend in ihre Augen und innerlich hemmerte mein Herz nur wie wild gegen meinen Brustkorb. Ich hörte ein lautes, geladenes Ausatmen und sah sie mit dem Kopf schütteln. "Du kannst froh sein, dass ich es war, die dich mit dem Zeug erwischt hat! Jeder andere Lehrer wär direkt mit dir zum Rektor gegangen! Und wenn ich dich nicht so kennen würde, wie ich es jetzt tue, dann hätte ich das auch gemacht!", ihre Stimme war sehr emotionsgeladen und ich hatte das Gefühl, sie noch nie so temperamentvoll erlebt zu haben. "Das wird mir hier echt zu blöd! Wollen Sie jetzt, dass ich vor Ihnen auf die Knie falle und Ihnen danke?! Den Wunsch können Sie sich wirklich sonst wo hin stecken! Ach, wissen Sie was? Petzen Sie es doch dem Rektor! Ist mir laut Ihnen doch sowieso alles scheiß egal!", mit diesen Worten stand ich vom Tisch auf, auf dem ich saß und wandte mich wutgeladen zum Gehen. Doch bevor ich den Raum verlassen konnte, packte mich eine Hand am Handgelenk und zog mich wieder zurück. Ich drehte mich um und stand nun direkt vor Frau Hanses. Das war vermutlich untertrieben, denn uns trennte wirklich nur wenige Zentimeter und ich spürte ihren schnellen Atem auf meiner Haut. "Was wollen Sie denn noch von mir?!", fuhr ich sie nun erneut an. "Ich will die Wahrheit!", entgegnete Sie mir in einem scharfen Ton und unsere Blicke trafen sich. Es war ein sehr intensiver Blickaustausch, denn wir beide waren komplett von unseren Emotionen geleitet. "Ich will wissen warum du die Drogen vertickt hast, was es für Drogen sind und wie viel du noch hast.", fuhr sie dann fort und wenn Blicke töten könnten, wäre ich vermutlich heute schon zum 2. Mal gestorben. "Warum interessiert Sie das denn überhaupt noch?", umging ich Ihre Frage. "Weil ich dich so nicht kenne! Weil ich das hier nicht von dir erwartet hätte und ich nicht nur sauer war dich so zu erwischen, sondern auch ziemlich enttäuscht! Weil ich ein besseres Bild von dir hatte und nicht glauben will, dass du wirklich so drauf bist!", kam es nun von ihr. Es klang ehrlich. Noch immer etwas hitzig, aber auch die Enttäuschung war in ihrer Stimme zu hören und das tat mir irgendwie weh. Es tat mir weh, sie so anzulügen und zu enttäuschen und das Bild was sie anscheinend von mir hatte, so zu zerstören. Zudem machte mich diese Nähe ganz kirre. Es löste ein Verlangen in mir aus, von dem ich mir niemals eingestehen könnte, dass es existierte. Mein Blick schweifte für einen kurzen Moment von ihren Augen zu ihren Lippen, dann wieder zu ihren Augen und wieder zurück zu ihren Lippen. "Dann glauben Sie es auch bitte nicht.", antwortete ich schließlich etwas leiser. Dann setzte mein Gehirn aus, denn was ich dann tat, konnte kein normal denkender Mensch machen. Ich schloss die kleine Lücke zwischen unseren Lippen und legte meine Lippen auf ihre. Ich merkte, dass ich sie damit etwas überwältigt hatte, doch spürte wenige Sekunden später wie sie meinen Kuss erwiderte. Ihre weichen Lippen trafen erneut auf meine und mein ganzer Körper kribbelte bei dieser Berührung. Der Kuss war geleitet von Emotionen. Nicht nur von guten Emotionen, auch die Wut lag noch immer in dem Kuss, doch da war auch die Leidenschaft und das ungewisse Verlangen, was uns vermutlich beide zu dem Kuss bewegt hatte. Ich wusste nicht ob und wann ich schonmal so eine Gefühlsexplosion bei einem Kuss empfunden hatte. Bevor mein Gehirn wieder anfing zu denken, löste Frau Hanses sich plötzlich von mir und wich direkt einen Schritt zurück. Sie sah mich geschockt an und ich fing an zu realisieren was da gerade passiert war. Sie war meine Lehrerin und ich hatte sie geküsst. Ich hatte die Frau geküsst, die ich vor nicht allzu langer Zeit noch gehasst hatte. Warum hab ich das getan? Wie konnte ich diese Frau küssen? Was war das in mir, was mich dazu gebracht hatte? Ich stand doch noch nicht mal auf Frauen?! Oh scheiße man, ich hatte einen Freund! Ich hatte während des Kusses nicht eine Sekunde an Tom gedacht. Ebenso geschockt erwiderte ich nun ihren Blick und biss mir nervös auf die Lippe. Warum hatte sie den Kuss erwidert? Kam mir jetzt der Gedanke, doch mein Gedanke wurde unterbrochen. "Nora, was sollte das?! Ich bin deine Lehrerin.". Ihre Stimme klang distanziert und doch so nah. Streng und doch so weich. "Ich... ich weiß es nicht. Es... es tut mir leid!", stotterte ich etwas leiser. Frau Hanses sah mir ungläubig in die Augen und biss sich aufgewühlt auf die Lippe. "Du... du kannst mich doch nicht einfach so küssen?!", warf sie mir nun vor und ich konnte die Zerrissenheit und Überforderung in ihrer Stimme hören. Auch ich war noch immer total perplex von dem was gerade passiert war, doch es gefiel mir dennoch nicht, dass sie die Schuld jetzt wieder komplett auf mich schob, obwohl sie genauso mitbeteiligt war. "Sie haben den Kuss doch erwidert!", verteidigte ich mich nun mit einem Gegenvorwurf. Ich wollte nicht schon wieder an allem schuld sein. Dieses Gefühl hatte ich in letzter Zeit einfach zu oft gespürt und irgendwann war auch mal Schluss. An ihrer Mimik konnte ich erkennen, dass ihr dieser Gegenvorwurf absolut nicht gefiel, doch es stimmte, weshalb sie nichts dagegen sagen konnte. Sie fuhr sich einmal nervös durch die Haare und schüttelte ungläubig den Kopf. "Das gerade ist niemals passiert, okay? Dein Mund bleibt versiegelt, ist das klar?!", forderte eine nun wieder einigermaßen gefasst klingende Frau Hanses und sah mir dabei ernst in die Augen. Ich nickte. Es wäre dumm genug von mir, das rum zu erzählen. Schließlich hatte ich einen Freund, den ich doch eigentlich auch liebte und die Beziehung wollte ich nicht aufs Spiel setzten. "Nicken reicht da nicht, Nora. Bitte sag mir einfach, dass es unter uns bleibt. Wegen so einem Schwachsinn kann ich meinen Job verlieren.". Frau Hanses Blick durchlöcherte mich und ich hätte in dem Moment alles getan, um die letzten Minuten zurück zu spulen und ungeschehen zu machen, doch das ging nun einmal nicht. "Von mir wird es niemand erfahren.", sagte ich also das was sie hören wollte, was in diesem Fall ausnahmsweise auch wirklich der Wahrheit entsprach. Die Situation war mir super unangenehm und ließ mich das ganze Gespräch davor komplett vergessen. Ich wollte einfach im Erdboden versinken, weshalb ich meinen Rucksack auf meinen Rücken setzte, nochmal zu ihr rüber blickte und dann so schnell ich konnte den Raum verließ. Ich ging direkt zum Fahrradständer und dachte gar nicht daran jetzt noch zum Unterricht zu gehen, von dem ich nun vermutlich auch sowieso schon die Hälfte verpasst hatte. Ich schwang mich auf mein Fahrrad und fuhr so schnell ich konnte nach Hause. Dort angekommen schmiss ich mich direkt aufs Sofa und starrte Löcher in die Decke. In meinem Kopf war mal wieder reinstes Chaos. Wie konnte ich Tom das antun? Ich war doch glücklich in meiner Beziehung. Tom war der perfekte Partner! Viele Frauen wünschten sich bestimmt einen Tom in ihrem Leben und ich schaffte es das zu riskieren, indem ich aus heiterem Himmel eine Lehrerin küsste, von der ich eigentlich dachte, ich würde sie nicht einmal besonders zu mögen? Warum hatte ich das getan? Und warum hatte sie den Kuss erwidert? Warum hatte der Kuss so viel in mir ausgelöst und warum fühlte er sich so gut an? Warum war da ein kleiner Teil in mir, der sich danach sehnte diese Frau noch einmal zu küssen? Ich stand langsam wieder auf und ging ins Bad. Ich konnte mich kaum im Spiegel angucken, weil ich mich dafür schämte, was ich Tom angetan hatte. Auch Frau Hanses hatte ich in eine blöde Situation gebracht. Wir standen mitten in einem Klassenzimmer. Wenn das jemand gesehen hätte, dann hätte sie sich wirklich auf was gefasst machen können - Ich meine - ich mich natürlich auch, denn als Schülerin kommt man ja wohl auch nicht ungeschoren davon, wenn man was mit einer Lehrkraft hatte, aber ihre Konsequenzen hätten zusätzlich auf meinen Schultern gelastet. Ich wusch mein Gesicht in der Hoffnung dadurch wieder einen klaren Gedanken fassen zu können, doch meine Gedanken blieben für den Rest des Tages bei diesem Geschehen und quälten mich.
Am Abend dachte ich dann zum Ersten Mal seit dem Kuss wieder an das Gespräch, welches wir davor geführt hatten. Ich geriet in Panik. Hatte sie das mit den Drogen wohl noch dem Schulleiter gesagt? Jetzt wo ich sie geküsst hatte, wäre das doch die Chance für sie gewesen, mich los zu werden und alles ungeschehen zu machen. Die Panik in mir war so groß, dass ich zu meinem Handy griff. Das erste Mal seit heute Mittag, was auch die vielen Nachrichten von Tom erklärte, für die ich jetzt allerdings echt keine Nerven hatte. Ich wählte ihren Kontakt aus. > Das Gespräch von vorhin... Waren Sie deswegen beim Rektor? <, schrieb ich schließlich eine Nachricht an Frau Hanses. Ich konnte nicht in dieser Unwissenheit leben und brauchte einfach eine Antwort, um mich zu beruhigen oder völlig durchzudrehen. Einige Minuten später vibrierte mein Handy. Ich sah auf den Chat und verspürte eine große Last von mir abfallen, als ich die Nachricht las. > Noch nicht. Aber du musst mir das irgendwann noch erklären. Aber erstmal brauche ich etwas Abstand. <. Es erleichterte mich, dass sie es für sich behalten hatte. Das sie Abstand brauchte, war komisch zu lesen und löste ein unangenehmes Gefühl in mir aus, auch wenn ich es verstehen konnte. > Danke! <, antwortete ich ihr noch, ehe ich mein Handy dann beiseite legte. Das war erstmal wieder genug für heute. Auch ich hatte das Gefühl, davon jetzt erstmal etwas Abstand zu brauchen, denn mein Kopf tobte noch immer.
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(Hey, nun ist der erste Kuss gefallen. Wie wird sich dieser Kuss auf die Beziehung zu Tom auswirken? Und wie werden Frau Hanses und Nora damit umgehen? Lasst mich eure Gedanken dazu gerne wissen :) Ach, und ich hoffe natürlich ihr hattet schöne Feiertage! Wir sehen uns im nächsten Jahr wieder. Ich wünsche euch allen eine guten Rutsch! :))

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