49 Tage vorher

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Faith

Als ich aufwachte war ich alleine. Ganz alleine.
Ich war schon lang nicht mehr allein mit mir und der Leere. Also könnte man eigentlich schon wieder sagen, dass ich doch nicht wirklich komplett alleine war. Ich hatte immer die Leere in mir, die einsame Stille die mich ausmachte.

Ich definierte das Nichts als ein Etwas. Vielleicht weil ich es unfair fand das die Menschen, wenn sie nichts hörten direkt wegstrichen und es dieses nichts dann nie gegeben hat.

Ich stand auf. Meine kalten nackten Füße berührten das blanke Packet. Ich sah mich um. Kein Louis, kein Niall. Niemand.

Also beschloss ich kurzer Hand vor den Fernseher zu gehen und mich und mein depressives Ich ein wenig zu entspannen. Ich spreche immer von mir und dem depressiven Ich, weil ich nicht das Gefühl habe, dass ich die depressive Person bin, die meine jetzigen Taten bestimmt, sondern das es wie ein Monster in mir drin lebt und seinen Besitz nicht wieder hergeben will. Nie wieder

Es lief nichts spannendes im Fernsehen und ich konnte eh nicht wirklich hinhören, weil ich immer wieder die Kreissägengeräusche aus dem Wald wahrnahm. Ich konnte nach den vielen Wochen, die ich drinnen verbracht hatte und keine Sonnenstrahlen mehr abbekam nicht mehr sagen, ob das was ich hörte nur Einbildung war, oder nicht.

Immer wieder versuchte ich die Geräusche auszuschalten, einfach nicht hinhören, doch ich konnte nicht und da eh nichts spannendes im Fernsehen lief, zog ich mir ein frisches weißes T-Shirt an und eine helle Jeans mit Löchern. Ich schlüpfte ohne Socken in meine weißen Converse und steckte so schnell ich nur konnte meine Haare hoch zu einem unordentlichen Dutt.

Meine Jeansjacke griff ich beim laufen und ging aus der Tür.
Ein kühler Windzug Strich meinen dünnen Körper und ich zuckte frierend zusammen.

Ich ließ mich nicht von der Kälte beeindrucken und folgte meiner neugierigen Nase bis an den Anfang des Waldstückes.

Meine Gedanken lagen bei Harry. Seine tiefe Stimme, wie sie zart in der Dunkelheit verklang. Er hörte sich gestern so gekränkt an und verletzt. Er hatte Angst. Ich wusste, dass er Angst hatte. Ich hatte auch Angst. Ich hatte Angst zu sterben. Es ist ziemlich komisch das aus dem Mund einer depressiven und suizidkranken Person zu hören, doch ich hatte Angst! Wie jeder normale Mensch hätte ich magst vor dem Tod. Dasein Blut in meinen dünnen Adern versickert und gefriert ; dass mein Herz plötzlich nicht mehr schlägt und kein Sauerstoff mehr durch Meinen Lunge pustet.

Ich hatte Angst. Der kleine Unterschied war jedoch, dass ich Angst hatte wie es sein würde. Ich hatte aber keine Angst was danach passierte und ich hoffte inständig es gäbe kein Leben nach dem Tod, denn sonst müsste ich mich nicht mehr umbringen.

Ich lief geduckt in den Wald hinein. Die Äste schnitten die Sonnenstrahlen in viele kleine Punkte und warfen Schatten auf dem sinkenden Waldboden. Ich beobachtete beim laufen die Sonnenstrahlen die unten tanzten und immer in Bewegung waren.

Mein Blick war nur auf den moosbedeckten Boden gerichtet. Schon verlor ich mein Ziel. So versunken wieder in meine Gedanken, dass nichts mich retten konnte.

Wie aus dem nichts stand dort ein Haus. Mitten im Wald. Es war klein und düster. Die erschreckenden Fenster waren schmutzig und man konnte nicht durchsehen. Mir machte es Angst, dass ich von außen nicht hineinsehen konnte, doch jemand der drinnen sitzen würde mich sehen könnte. Er könnte mich dabei beobachten, wie ich hier herumschlich und mir das heruntergekommende und verlassene Haus ansah.

Wegen der verwelkten Blumen auf dem kreisrunden Tisch am Eingang sah das Haus nicht sehr einladend aus.

Aber trotz des dunklen Schein von außen müsste es innen ja nicht so düster und verlassen aussehen.

Ich wollte dem alten Haus noch eine Chance geben und versuchte die Tür aufzubekommen.

Vergeblich. Sie war abgeschlossen und obwohl ich die mosernde Tür auch hätte eintreten können wusste ich ja nicht wem die kleine Hütte mit der bewachsenen Außenwand gehörte und wollte mit niemandem Ärger bekommen. Vorallem nicht mit jemandem der in diesem Haus lebte!

Ich lief nach Hause. Der Wald kam mir unheimlich und so fremd vor. Als würde ich eine Welt betreten, die nicht meine war.
Also ging ich den bleichen Weg hoch bis ich wieder auf der Straße war.

Als ich nach ein paar Minuten des langsamen Schlenderns aus dem Augenwinkel eine Gestalt wahrnahm sah ich hoch und das was ich sah,brach mir wortwörtlich mein armes kaltes Herz. Und meine Seele starb bei dem Anblick. Nein, alles starb in mir!

In seiner warmen Hand ein Gesicht. Leidenschaftlich hielt er sie und drückte sie fest an sich. Seine rosigen Lippen pressten eng gegen ihre. Ich erkannte sie nicht. Ich erkannte ihn allerdings auch nicht mehr.

Ich stand mit Tränen in meinen trockenen Augen auf der anderen Straßenseite. Gegenüber von mir stand Harry mit diesem Mädchen. Diesem unbekannten Mädchen. Ich war früher auch die unbekannte! ICH ! Ich konnte er mir das antun.

Ich sah von außen aus, als würde ich schon lange nicht mehr atmen, was ich auch nicht mehr Tat, aber innerlich schrie alles und es zerriss mich jede weitere Sekunde in der ich die beiden anstarrte.

Ich wollte es nicht Sehen, ich wollte nicht hinstarren, doch ich konnte nicht anders als die beiden beim Küssen zu beobachten. Mitten auf der leeren Straße standen sie und küssten sich! Und gestern war er noch bei mir. Er hatte gesagt er würde mich lieben! Er hatte auch gesagt das es wehtun würde. Ist sie jetzt sein Pflaster für die Wunden?
Für die tiefen Wunden die ich ihm einst zufügte?!

Captured | H.SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt