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Freitag 17.10.2020

,, Ja Amir, Es gibt 5 Säulen im Islam. Die erste ist, dass Glaubensbekänntnis, die zweite ist das Gebet, dritte Fasten, vierte Zakat also Spenden und die Fünfte Säule ist die Pilgerfahrt".
Erklärte ich Amir am Telefon.

,, Okay, danke Imaan."

,, Kein Problem."

,, Kommst du am Montag in der Uni? Wir haben dich, die letzten Tage vermisst."
Sagte er mit einem Traurigen Unterton.

,, Ja, InshAllah werde ich Montag kommen."

,, Okay, dann halte ich dich nicht länger auf. Fahr vorsichtig."

,, Jaa, Danke Tschüss."

,, Tschau."

Ich legte auf und verband mein Handy mit meinem Auto. Ich hörte Ariana Grandes "Dangerous Woman" und das Lied gibt mir automatisch Power und Selbstbewusstsein, was ich gleich auch brauchen werde. Ich habe noch eine Stunde Fahrt vor mir, bis ich in Frankfurt ankomme. Mama ist diejenige, die weggezogen ist, nämlich nach Frankfurt. In den letzten Tagen habe ich nur zu Hause verbracht, da ich Unterleibsschmerzen hatte und keine Energie hatte, um etwas zu machen. Ich habe die meiste Zeit mit Lernen verbracht, da ich eine anstehende Politik-Klausur habe. Ayda wollte an diesem Wochenende zu mir kommen, aber ich habe ihr erzählt, dass ich zu Mama fahren werde und ihr angeboten, mitzukommen, was sie aber abgelehnt hat. Einerseits verstehe ich sie, aber andererseits ist sie unsere Mutter. Unter den Füßen der Mütter liegt das Paradies. Obwohl meine Mutter mir viel angetan hat, habe ich ihr vergeben. Wenn Allah verzeihen kann, kann ich es auch, aber ich werde es niemals vergessen. Niemals werde ich vergessen, was ich von ihr aufgrund meines Kopftuches anhören musste.

Ich schluckte kräftig und bekam dieses Kribbeln im Bauch - nicht, als ob Schmetterlinge darin herumfliegen würden, sondern das Kribbeln vor einer Matheklausur, als ob Todesraten durch deinen Bauch rennen würden. Sie wird wieder etwas sagen, da bin ich mir sicher, aber bei ihr kann ich mein Kopftuch ablegen. Vielleicht geht sie sogar mit ihrer Hand durch meine Haare. Ja, wir Hijabis haben Haare. Ich verstehe nicht, warum man so tut, als ob wir keine Haare haben. Wir zeigen sie nur nicht oder beschreiben sie nicht. Wenn ich meine Haare beschreibe, stellen sich die Leute doch vor, wie sie aussehen, und dann kann ich es doch gleich ablegen. Aber egal. Mein Mango-Durstlöscher ist warm geworden. Plötzlich sind es Mitte Oktober und 20 Grad, aber ich habe nur meine Winterklamotten mitgenommen. Das ganze Wochenende werde ich mit meiner Mutter verbringen. Ich habe auch Azems Jacke mitgenommen. Ich weiß nicht, warum, aber mein Bauchgefühl hat es mir gesagt. Oh, ich bin schon da. So schnell!

Vor ihrem Blockhaus stieg ich aus. Flashbacks überkamen mich, als wir damals noch im Blockhaus lebten, als Baba und Mama nicht so viel Geld hatten. Doch nach meinem 10. Lebensjahr änderte sich mein Leben und wir zogen in eine etwas edlere Gegend um - in ein Haus, um genau zu sein. Ich dachte, dass alles gut werden würde. Das ständige Gebrüll zwischen meinen Eltern würde aufhören, doch das war nicht der Fall.
Ich stieg aus und klingelte bei Frau Parveen. Mama hatte ihren Nachnamen wieder von Yildiz auf Parveen geändert. Parveen kommt eher aus dem Iranischen. Mama ist ja Iranerin. Baba ist Türke, aber ich kann leider nur Türkisch. Aber das ist auch egal.
Die Tür öffnete sich und ich machte mich mit meinem Handgepäck auf den Weg in den vierten Stock. Die Treppen haben mich fertig gemacht, weshalb ich zwischendurch eine Atempause machen musste. Ich überlege, mich wirklich im Fitnessstudio anzumelden, dann habe ich vielleicht mehr Ausdauer.

Angekommen steht vor der Tür ein Mann. Groß, schwarze Haare, freundliches Lächeln. "Du musst Imaan sein", sagt er freundlich. Ich schätze ihn auf Mitte 40. "Ja, und wer sind Sie?" frage ich verwirrt. "Komm erstmal rein, deine Mutter hat schon fleißig gekocht", sagt er und ich trete in die Wohnung ein. Sie ist nicht sehr groß, aber gemütlich. Es scheint, als hätte Mama ihr Leben im Griff. Besser als früher, denke ich. "Du hast ja immer noch dieses Ding an", sagt die Frau, die hinter mir erscheint. "Dieses Ding nennt sich Kopftuch und ich akzeptiere, dass ich es jetzt trage", sage ich in einem etwas gereizten Ton. "Naja, hast du schon Elias kennengelernt?" fragt sie mich. "Ach Schatz, ich habe ihr die Tür geöffnet", erwidert der Mann mit den blauen Augen. Ich nicke einmal. Er gibt mir die Hand, aber ich erwidere sie nicht und nicke freundlich. Er nimmt seine Hand wieder weg und lächelt mich an. Falten hat er, aber er sieht gut aus. "Ich bin Elias, der neue Freund deiner Mutter." Freund?

Wir und diese DunyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt