25) Erkenntnisse

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Wo bist du????

Fast hätte ich geschmunzelt. Dafür, dass Liam sich seit der Livestream-Eskalation im Krankenhaus mit Nachrichten an mich ordentlich zurückgehalten hatte, erschien mir diese hier erstaunlich emotional.

Da die Bibliothek nur spärlich besetzt war, wie immer an einem Freitagabend, wenn die liebe Studentenschaft lieber feiern ging, rief ich ihn direkt zurück.

„Hey, Li." Ich löschte ein paar Zeilen aus meinem Dokument, die ohnehin der reinste Bullshit gewesen waren. „Ich bin noch an der Uni. Was steht an?"

„Was ansteht?" Er klang fassungslos. „Ist dir eigentlich noch zu helfen? Du bist um diese Uhrzeit noch unterwegs? Allein? Ich dachte, Louis hat mir dir schon geredet!"

Ich warf einen Blick auf die Digitalanzeige meines Laptops. „Liam, es ist gerade mal acht Uhr."

„Ja, und stockdunkel", kam es säuerlich zurück. „Ist dir bewusst, dass dir an jeder Ecke jemand auflauern könnte? Niall, die Sache mit diesem Blog gefällt mir nicht. Sieh zu, dass du nach Hause kommst. Ich bin sowieso gerade bei euch. Krisensitzung und so."

Liam klang, als stünde er kurz davor, in einen Tobsuchtsanfall auszubrechen. Hoffentlich saß Louis neben ihm und hielt eine Papiertüte zur Inhalation bereit, falls er zu hyperventilieren begann.

„Schön." Ich schloss das Dokument und klappte den Laptop zu. „Ich schaffe hier wahrscheinlich sowieso nichts mehr. Bin in einer halben Stunde daheim."

Am anderen Ende der Leitung folgte kurzes Schweigen. Offenbar hatte Liam nicht damit gerechnet, mich so schnell zur Vernunft bringen zu können.

„Dieser Typ mit der rosa Mütze war vorhin da", verkündete er dann, deutlich ruhiger als zuvor. „Zayn Malik, oder wie er heißt. Der ..." Er senkte die Stimme auf ein ehrfürchtiges Wispern. „Der Geisterjäger.

Unwillkürlich spannte ich mich an. Abgesehen davon, dass Liam und ich noch nicht darüber gesprochen hatten, was genau mein Kollege von der ganzen Situation hielt, brachte ein Besuch von Zayn selten gute Neuigkeiten mit sich. War etwas passiert?

„Oh." Ich vergewisserte mich, dass sich niemand in der Nähe befand. „Was wollte er?"

„Mit dir reden. Anscheinend ist es dringend. Überlebenswichtig, um ihn zu zitieren." Nun klang er wieder enorm argwöhnisch. „Er wollte wissen, wo du bist, aber da du hier ja niemanden über deine Pläne einweihst, wussten wir natürlich auch von nichts. Er ist wieder abgedampft, als wäre der Sensenmann höchstpersönlich hinter ihm her. Oder hinter dir." Liam legte eine Pause ein, um ausgiebig zu ächzen. „Niall, was ist bei dir nur los? Wo hast du dich wieder hineingeritten?"

„Nirgends", gab ich störrisch zurück. Zayn hatte sich höchstpersönlich vor unserer Haustür blicken lassen, um mit mir zu reden? Aus überlebenswichtigen Gründen?

Das klang nicht gut.

Ich wusste inzwischen: Wenn Zayn P-Malik etwas als überlebenswichtig bezeichnete, war das in der Regel keine Übertreibung. Eher eine Untertreibung.

„Hat er gesagt, wohin er fährt?"

Liam gab ein ungläubiges Gurgeln von sich. „Der Typ hat nicht einmal ein Tschüss gesagt. Niall, du weißt, du kannst mir vertrauen, solltest du dich in Schwierigkeiten befinden und..."

„Danke, Liam. Bis später." Ich verspürte durchaus ein schlechtes Gewissen, als ich meinen Kumpel einfach so abwürgte, wo der sich doch Sorgen um mich machte, aber im Moment gab es Wichtigeres, als mir über verletzte Gefühle Gedanken zu machen.

Todgeküsst (Ziall Slow-Burn; Side-Larry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt