Kapitel 7

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Quasimodo konnte nicht fassen, was Regina da tat. Sie wollte ihm unter allen Umständen helfen.  Er hatte sie anfangs dafür gehasst, dass sie ihn zurückgebracht hatte. Doch nun hockte sie hier vor ihm, tränenüberströmt und versuchte das Blut dass aus seiner Stirn rann, aufzuhalten.
"Ich laufe zurück ins Kloster und frage nach einem Verband.", sagte Jasmin und eilte dann die Treppe wieder hinunter.
"Warum? Warum tust du das?", fragte Quasimodo.
Regina presste mittlerweile 2 Taschentücher auf Quasimodos Stirn. Das Blut floss unablässig weiter.
"Ich will dass du lebst, Quasimodo.", sagte sie, "Auch du hast etwas, für das es sich zu leben lohnt. Auch wenn es im Moment nicht danach aussieht. Ich habe mir geschworen, auch wenn es für mich bisher immer unrealistisch war, sollte ich dir jemals begegnen, werde ich dein Schicksal verändern. Du wirst leben. Dafür werde ich sorgen. Ich werde dir zeigen, dass das leben weitergeht."
Ihre Hand zitterte, als sie sie auf Quasimodos Wange legte und sie streichelte. Quasimodo, der sie zunächst fassungslos angeschaut hatte, schloss nun die Augen und genoss einfach ihre Berührung. Irgendetwas in ihm hatte sich nach so einer Berührung gesehnt. Dennoch wollte er nicht begreifen, was diese Frau dazu trieb, ihn unbedingt retten zu wollen. War sie vielleicht so etwas wie ein Schutzengel, der von Gott gesandt wurde? Es fiel ihm sehr schwer, zu begreifen dass Gott vielleicht andere Pläne mit ihm hatte.

Als ich Jasmin keuchend näher kommen hörte, lies ich abrupt meine Hand von Quasimodos Wange sinken.
"Ich habe einen Verband!", rief sie atemlos, als sie die Tür hereinkam und mir den Verband zeigte. Er war weiß und schien sauber zu sein. Die Nonnen hatten ihr außerdem eine Wund und Heilsalbe gegeben, die ich mit einem sauberen Taschentuch auf die Wunde auftrug. Dann half Jasmin mir, Quasimodos Stirn zu verbinden. Danach brachte ich ihn zu seiner einfachen Strohmatratze, die als Bett diente. "Aber... meine Arbeit...", sagte Quasimodo.
"Das übernehmen wir. Wir sind starke Frauen, weißt du?", sagte ich und hob die Arme wie ein Bodybuilder hoch.
Quasimodo zuckte mit den Schultern und legte sich hin. Dann wandte ich mich zu Jasmin: "Zeig mir mal deine Armbanduhr.", sagte ich und verglich ihre Uhrzeit mit der der Kirche. Sie stimmten überein.
"Okay, ich gehe jetzt runter und frage Bruder Martin, wann wir läuten müssen. Ruh du sich aus und hab ein Auge auf ihn.", sagte ich.
"Oha vertraust du mir etwa so weit?", sagte Jasmin breit grinsend.
"Ach komm. Du wärst nie so hinterhältig... Das traue ich dir einfach nicht zu. Du weißt, wie viel er mir bedeutet.", sagte ich.
Jasmin nickte mir zu und setzte sich dann gegen eine Holzsäule gelehnt hin, während ich die Treppen wieder hinunterstieg, um Bruder Martin zu finden.
Ich fand ihn im Kreuzgang, wo er gerade Kerzen anzündete.
"Bruder Martin, wir brauchen Eure Hilfe. Quasimodo hat sich verletzt. Wir haben ihn versorgt, er ruht nun. Meine Freundin und ich, wir wollten uns um das Geläut kümmern."
Bruder Martin bekreuzigte sich: "Was ist geschehen?"
"Er hat sich die Stirn blutig geschlagen.", erklärte ich.
Bruder Martin ging seufzend mit mit zur Turmtreppe: "Quasimodo hat immer mal wieder diesen Hang zur Selbstverletzung. Warum, weiß keiner.", Bevor wir hochstiegen, reichte Bruder Martin mir etwas Wachs: "Nehmt das um Eure Ohren zu schützen."
"So etwas gibt es bei euch?", sagte ich und dachte erstaunt über die Mittelalterlichen Ohrstöpsel nach, "Wie kommt es dann, dass Quasimodo...", begann ich.
"Taub ist? Nunja, sein Tatendrang ist leider oft schneller als sein Gedächtnis. Er hat es oft einfach vergessen. ", erklärte Bruder Martin.
Wir stiegen die Stufen hinauf. Als wir oben ankamen, holte Bruder Martin eine Sanduhr aus einer Ecke.
Währenddessen weckte ich Jasmin, die eingenickt war. Als sie sich erhob, reichte ich ihr etwas von dem Wachs.
"Wir müssen 5 Minuten Läuten, gleich beginnt die Mittagsmesse.", sagte er und reichte uns dann jeweils ein Seil einer kleinen Glocke. Er selbst ergriff das Seil einer etwas größeren Glocke. Dann drehte er die Sanduhr um und wir stopften uns das Wachs in die Ohren, während er die Sanduhr neben sich auf den Boden stellte. Dann begann er sofort an dem Seil zu ziehen und wir taten es ihm nach.
Auch mit den Wachsohrstopseln war das Geläut noch wahnsinnig laut. Ich hegte meine Zweifel, ob diese Quasimodos Taubheit hätten verhindern können.
Davon abgesehen war es wahnsinnig anstrengend. Es kam einem Workout in einem Fittnesstudio gleich, diese tonnenschwere Glocken in Bewegung zu bringen.
5 Minuten läuten und Jasmin und ich waren vollkommen außer Puste.
"Solltet Ihr jemals das Hochamt läuten, werdet Ihr das wohl nicht überstehen.", sagte Bruder Martin.
(Wenn du wüsstest, woher wir kommen, hättest du dir diesen Kommentar erspart, alter Mann), grummelte ich im Gedanken, denn wir waren beide noch völlig außer puste. Ich hatte vorher gedacht, es würde bestimmt Spaß machen, die Glocken zu läuten. Wie naiv ich doch war. Das war ein wahrer Knochenjob und auch nicht Grad ungefährlich, da der Glöckner auch für die Wartung der Glocken zuständig war. Dazu musste man erstens Schwindelfrei sein, weil man zu den Glocken hochklettern musste, und zweitens sehr tollkühn, da man durchaus leicht in die tiefe fallen konnte was nicht selten tödlich enden würde.
Bruder Martin sah noch kurz nach Quasimodo, der schlief tief und fest, als wäre nix gewesen. dann nickte uns Bruder Martin zum Abschied zu und ging.
Wir beide sackten erschöpft an eine wand gelehnt zu boten und schliefen ein.

Der Glöckner und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt