Am nächsten Morgen gingen wir weiter nach Reims, wobei ich den Poeten aber keines Blickes mehr würdigte. Quasimodo sah immer noch sehr erschöpft aus, ihm galt meine einzige sorge. Ich hoffte, dass wir bald die Stadt erreichten, um dort einen Medicus aufzufinden, der Quasimodo richtig behandeln konnte. Es dauerte nicht mehr lange, nach 2 Stunden kam das Stadtportal von Reims in Sicht. Die Silhouette der Stadt wurde markant durch die 2 Türme der Kathedrale von Reims, die wesentlich höher und prächtiger als Notre Dame de Paris war. Den ersten Bürger, der uns entgegen kam, frage ich nach dem Medicus. Er hatte sein Haus Gott sei dank nicht weit und wir konnten ihn schnell behandeln lassen. Es war, wie ich befürchtet hatte, der Blutverlust hatte Quasimodo zu schaffen gemacht. Der Medicus verband seine Wunde anständiger als wir und verabreichte ihm einen Trank zur Blutbildung. Der Medicus hielt es für das beste, Quasimodo eine Weile zu beobachten. Da ich wusste, dass er nun in guten Händen war, verließen wir das Haus den Medicus und versprachen gegen Abend wiederzukommen. Bevor ich ging, fragte ich den Medicus nach dem ehemaligen Zigeuner, der vor Ca 20 Jahren in die Stadt gekommen war. Der Medicus, der um die 50 Jahre zählen musste, erinnerte sich an Alfonso und erklärte uns der Weg zu seinem Haus. Dankend verließen Jasmin und ich den Medicus. Draußen vor dem Haus saß Gringoire mit der Ziege.
"Oh, Ihr seid noch da?", sagte ich trocken, "Ich dachte Ihr hättet Euch aus dem Staub gemacht."
"Ich bin kein Unmensch. Ich wollte auch wissen, wie es um ihn steht.", sagte Gringoire gereizt.
"Alles bestens. Ihr könnt gehen.", sagte ich.
Jasmin sah mich nur irritiert an, sagte aber nichts, bis der Poet außer Hörweite war.
"Was ist denn passiert? Junge, der muss dich ja ganz schön verärgert haben
", sagte sie dann.
"Er hat Quasimodo als Ungeheuer betitelt, das von keinem geliebt wird.", sagte ich wütend.
"Eieiei... Dann hoffe ich mal, wir sehen ihn nicht wieder.", sagte Jasmin schulterzuckend.
Wir liefen über eine halbe Stunde quer durch die Stadt, bis wir das Haus von Alfonso fanden. Ich atmete tief ein und klopfte dann an seiner Tür.
Es öffnete uns ein südländisch aussehender Herr in normaler mittelalterlichen Kleidung.
"Was wünscht Ihr?", fragte er.
"Sind Sie Alfonso?", fragte ich.
"Ja. Wer seid Ihr?", fragte er.
Nachdem wir uns vorgestellt hatten und unser vorhaben erläutert hatten, kratzte sich Alfonso nachdenklich am Kopf: "Hmm... das entstellte Kind... Es wurde mir von einem Mann im Gasthaus gegeben. Er hatte leuchtend rotes Haar und sah sehr hektisch aus. Er sprach nur englisch, aber die Sprache verstehe ich nur sehr schlecht. Er hat von seiner Frau und dem Kind gesprochen. Vielleicht wollte sie das Kind nicht aufgrund seines Aussehens. Wer weiß? Wer will schon so eine Teufelsbrut?"
"Er sprach englisch? Also ein Engländer?", fragte ich.
"Nein, es war ein komischer Akzent dabei."
"Ein Akzent... das könnte entweder für Irland oder Schottland sprechen.", meinte Jasmin nachdenklich.
"Er hatte rote Haare... das ich da nicht eher drauf gekommen bin!", sagte ich, "Quasimodo hat auch rote Haare. Und rote Haare sind vor allem in Schottland verbreitet. Zumindest zu dieser Zeit.", sagte ich und Jasmin nickte mir zu.
"Wisst Ihr wie der Mann hieß?", fragte Jasmin Alfonso.
"Das nicht, aber ich habe ihn gesehen.", sagte Alfonso.
"Er ist noch hier?", fragte ich.
"Ja, sie haben sich anscheinend nach der Geburt hier nieder gelassen. Seit dem Brand der Kathedrale vor einem Jahr geht er täglich in die Kathedrale. Vielleicht arbeitet er dort.", sagte Alfonso.
"Die Kathedrale hat gebrannt?", fragte ich erschrocken.
Alfonso nickte: "Ja, vor ungefähr einem Jahr. Ein Blitz schlug in die Kirche ein und das Dach stand lichterloh in Flammen. Es hat Tage gedauert, den Brand zu löschen."
"Vielleicht ist er Steinmetz... Wenn dem so ist... scheint es mir irgendwie kein Zufall mehr zu sein, dass Quasimodo der Glöckner von Notre Dame de Paris wurde.", sagte ich und ergriff Alfonsos Hand: "Ich danke Euch von Herzen!"
Ich schüttelte ihm zum Abschied die Hand und dann eilten wir zur Kathedrale Notre Dame de Reims.
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Der Glöckner und ich
FanfictionParis 1482. Der Glöckner von Notre Dame hat alles verloren was ihm je etwas bedeutete. Er ist fest entschlossen, diese Welt zu verlassen, die ihm nichts mehr zu bieten hat. Doch anstatt neben Esmeralda zu sterben, erwacht er in einer völlig fremden...