Kapitel 11

3 0 0
                                    

Am Abend brachte Quasimodo uns Brot und Käse zum Abendessen in einem Korb. Er stellte den Korb vor mir auf dem Boden ab und wollte sich abwenden.
"Warte, willst du nicht mit uns zu Abend essen?", fragte ich ihn.
"Nein, es ist besser so.", meinte Quasimodo und ging.
"Ich hatte das Gefühl, dass er uns was sagen wollte.", sagte Jasmin.
Ich zuckte mit den Schultern: "Vielleicht braucht er einen weiteren Anlauf."
"Was hast du nun vor? Willst du trotzdem nach Reims?", sagte Jasmin.
"Ja. Vielleicht wollen seine Eltern ihn sehen. Wir wissen gar nicht, unter welchen Umständen Quasimodo geboren wurde. Was ich weiß ist: das Quasimodo nicht von seinen leiblichen Eltern hier in Notre Dame ausgesetzt worden ist. Vielleicht trifft sie gar keine Schuld... Vielleicht wurde er unter dramatischen Umständen einführt? Das ganze kann ich aber nur herausfinden indem ich diesen Alfonso in Reims finde. Er war gewissermaßen Zeuge an dem Tag, an dem Quasimodo zu den Zigeunern kam.", sagte ich nachdenklich.
Das quietschen der Türe ließ und aufhorchen. Ich blickte zur Tür, die einen Spalt weit auf gewesen war und sah einen markanten Schatten weg huschen.
"Das war er.", sagte ich seufzend.

Ich konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Ich zermarterte mir das Hirn, wie ich Quasimodo helfen konnte, wenn er seine Eltern nicht sehen wollte. Wie würde er reagieren, wenn ich sie nach Paris bringen würde? Wäre das überhaupt klug?
Als wir am nächsten morgen aufstanden, war Quasimodo schon da gewesen. Er hatte unseren Frühstückskorb vor die Tür am Boden abgestellt. Nachdem wir gegessen hatten und uns fertig gemacht hatten, läuteten die Glocken. Wir steckten uns schnell die Wachohrstöpsel in die Ohren und verließen dann unsere Zelle. Wir traten auf die Balustrade um etwas Luft zu schnappen, als das Geläut verstummte und Quasimodo auf uns zukam.
"Guten morgen, Quasimodo.", wünschten wir ihm.
"Guten morgen.", sagte er, "Ich habe mir etwas überlegt."
Jasmin und ich starrten den Glöckner an, der beinahe etwas verlegen aussah, so wie er von einem Fuß auf den anderen trat.
"Ja?", meinte ich.
"Ich komme mit Euch.", sagte er dann nach einer langen Pause, "Ihr als Frauen solltet nicht alleine verreisen. Das ist gefährlich. Ich werde Euch beschützen."
Ich vergaß plötzlich alles um mich herum, ein Mix aus Erstaunen und Bewunderung erfasste mich. Ein Teil von mir jubelte dann innerlich vor Freude.
"Ihr müsst für eine Reise gut vorbereitet sein und genug Proviant haben. Hier.", sagte Quasimodo und reichte uns ein paar Geldmünzen. Sie waren unsauber geprägt, was sie eindeutig als Münzen aus dem Mittelalter auszeichnete.
"Geht auf den Markt und kauft Proviant.". sagte Quasimodo und ging dann wieder. Ich starrte Jasmin fassungslos an: "Ich habe irgendwie das Gefühl, dass du was damit zu tun hast...", sagte ich. Jasmin zwinkerte mir nur zu und dann gingen wir  mit 2 großen Körben hinunter auf den Platz, um auf dem Markt einzukaufen. Wir holten Brot, etwas Fleisch und haltbares Obst. Das trugen wir anschließend wieder den Turm hinauf. Es war wesentlich härter, mit den prall gefüllten Körben die Stufen hinauf zu kommen. Es war immerhin zusätzlichen Gewicht, das über 400 Stufen hinaufgeschleppt werden musste. Als wir oben ankamen, drückte Quasimodo uns Umhängetaschen in die Hand. Jedem eine und wir begannen das Proviant zu verstauen. Dann schulterten wir unsere Taschen und machten uns auf den Weg nach unten. Als wir das Ende der Treppe erreichten, wurde Bruder Martin auf uns aufmerksam: "Oh, wohin des Wegen?", fragte er.
"Nach Reims, ein paar Familienangelegenheiten klären.", erwiderte ich und nickte ihm zum Abschied zu. Jasmin und Quasimodo taten es mir nach und dann machten wir uns auf den Weg.

Der Glöckner und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt