3 | Mr. Moore

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Ana sah Roy ungläubig an. Was sollte sie? Sie sollte sich von Nick nach Hause fahren lassen? Ausgerechnet von ihm?

In Gedanken malte sie sich bereits aus, was Nick auf der Heimfahrt alles mit ihr anstellen könnte. Er war weitaus stärker als sie und sie hätte niemals eine Chance gegen ihn. Würde er ihr an die Wäsche gehen, könnte sie sich nicht mal wehren.

Doch sie sagte nichts. In ihrem Kopf herrschte eh schon ein Chaos und es würde nur schlimmer werden, wenn sie sich nun dagegen entscheiden würde. Wenn sie den „Befehl" von Roy missachten würde.

Nick sagte ebenfalls nichts dazu, denn er wusste ganz genau, dass sein Großvater am längeren Hebel saß. Er wusste, dass sein Großvater ihm ohne weiteres den Geldhahn zudrehen könnte, würde er sich nur ein einziges Mal gegen ihn auflehnen.

Stumm nickte er nur und lief Richtung Treppe, während Roy ihm mit Ana langsam folgte. Allerdings kamen sie nicht weit, denn sie wurden von Mr. Moore - dem Kollegen von Anas Vater - aufgehalten. Mit erhobener Handfläche hielt er die drei an und runzelte die Stirn, während sein Kopf leicht nach rechts geneigt war.

»Darf ich fragen, wo Sie gedenken hinzugehen?«, fragte er mit tiefer, rauchiger Stimme und bäumte sich immer mehr vor Nick auf, bis auch Roy auf dessen Augenhöhe war.

»Er soll meine Angestellte nach Hause bringen. Sie sehen doch selbst, wie fertig sie ist«, erklärte Roy, doch Mr. Moore schüttelte langsam den Kopf.

»Das spielt keine Rolle. Sie war diejenige, die den Leichnam gefunden hat, also muss auch sie zur Befragung hierbleiben«, entgegnete er und verzog dabei keine Miene, diese war wie versteinert.

Ana seufzte tief. Wie konnte Roy auch nur davon ausgehen, dass sie den Tatort verlassen dürfte? Und so, wie der Kriminalpolizist sie ansah, war sie für ihn eine Verdächtige; da war es nur logisch, dass sie nicht gehen durfte.

Nick lachte hämisch und wollte sich an dem Polizisten vorbeischieben, doch dieser legte seine Hand auf dessen Brustkorb und hielt ihn erneut zurück. Er kniff die Augenbrauen zusammen und machte einen Schritt auf Nick zu.

»Auch Sie bleiben hier, Mr. Williamson, ganz gleich bei welcher Hure Sie heute Vormittag waren!«, knurrte Mr. Moore ihn an, was Ana kurz aufblicken ließ.

Sie wusste nicht warum, aber irgendwie empfand sie gerade so etwas wie Schadenfreude. Dass Nick in Boston bereits stadtbekannt war, war wohl jedem klar; doch dass ein Beamter ihm so etwas mal sagen würde, damit hatte wohl keiner gerechnet.

»Passen Sie besser mal auf, wie Sie mit mir reden«, knurrte Nick zurück, doch Mr. Moore war davon weniger beeindruckt, er lachte nur und schob ihn schließlich in Richtung Eingangstür.

Ana sah kurz zu Roy, dieser verdrehte nur leicht die Augen und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Es ging ihm zwar gehörig gegen den Strich, dass er Ana nicht nach Hause schicken konnte, aber es wäre nicht klug, sich dagegen aufzulehnen. Es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als dem Beamten und Nick ins Haus zu folgen.

Die junge Frau schluckte schwer und beinahe blieb ihr Herz stehen, als sie einen kurzen Blick in das Büro warf; was man von der Eingangstür sehr gut sehen konnte. Erneut stiegen ihr die Tränen in die Augen und sie konnte nichts dagegen tun. Der Anblick von der Leiche auf dem Boden, war viel zu schmerzhaft, als dass es spurlos an ihr vorbeigehen würde.

Schniefend wischte sie sich ein paar Tränen von den Wagen und putzte sich die Nase, bis sie sich schließlich in einen der bequemen Sessel - die im Wohnzimmer standen - fallen ließ. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, womit sie versuchte sich irgendwie zu beruhigen. Sie versuchte krampfhaft an etwas Schönes zu denken, an etwas, was ihr sonst immer Freude bereitet hatte; doch sie schaffte es nicht. Allein die bloße Anwesenheit der Carsons brachte sie dazu, immer wieder an Jeffrey zu denken.

Murder for love - Dark Romance-Thriller - 18+ ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt