Murder for love - Dark Romance-Thriller - 18+ ✔︎

9 | Die Gefühle

Die Stunden zogen sich wie Kaugummi, denn obwohl Ana extrem müde war, konnte sie einfach nicht einschlafen. Viel zu viel ging ihr durch den Kopf.

Der makabere, aber wirklich gute Sex mit Nick.
Dass sie ihm dabei geholfen hatte, seinen toten Vater wegzuschaffen.
Dass sie sogar ein Loch für die Leiche gegraben hatte.

Sie wusste nicht, wie sie mit all den Dingen, die sie in den letzten Stunden mitgemacht hatte, umgehen sollte. Ihr Vater war bei der Kriminalpolizei und wusste ganz genau, was für Fragen er stellen müsste, um jemanden aus der Reserve zu locken - dafür müsste man nur einen gewissen Gesichtsausdruck haben.

Aussehen wie eine Schuldige.
Das tat Ana und sie hasste es.

Sie hasste es, dass Nick sie da mit hineingezogen hatte und noch viel mehr hasste sie sich dafür, dass sie mit ihm geschlafen hatte.

Mit ihm. Den Draufgänger und Weiberheld schlechthin. Der, der jede Nacht eine andere hatte und sich aus Gefühlen nichts machte. Das war Nick und so würde er wohl auch immer sein.

Vollkommen gerädert, schlug Ana die Bettdecke zur Seite und setzte sich auf die Bettkante. Sie griff nach ihrem Handy und aktivierte das Display, doch als sie eine Nachricht von Nick darauf vorfand, erstarrte sie. Woher hatte er ihre Nummer?

"Wenn du deinem Vater nur ein Wort erzählst, dann weißt du, was passiert!"

Entsetzt darüber, dass er ihr so etwas auch noch per SMS schrieb, löschte sie die Nachricht und schmiss ihr Handy auf das Bett; danach stand sie auf und lief ins Badezimmer, denn nun brauchte sie dringend eine Wechseldusche.

Immer wieder blitzten die Bilder vor ihren Augen auf, wie sie die Leiche während des Aktes angestarrt hatte. Sie hatte sich daran aufgegeilt und sie wusste nicht mal warum. So widerwärtig war sie doch sonst nie, warum war sie so, wenn sie mit Nick zusammen war?

Was stellte er nur mit ihr an, dass sie ihre gute Erziehung dafür vergaß?
Oder kam es doch nur von dem extrem anstrengenden Tag?
Von den Gefühlen, die sie überhäuft hatten, als sie die erste Leiche am Tag entdeckt hatte?

Ana schrie.
Sie schrie sich selbst an, während sie mit einem Schwamm und jede Menge Duschgel versuchte, den Duft von Nick abzuwaschen, der noch immer an ihr klebte.

Weinend und völlig fertig, brach sie letztendlich in der Dusche zusammen. Kauernd saß sie in der Ecke und ließ sich von dem warmen Wasser berieseln. Am liebsten hätte sie sich die Pulsadern aufgeschnitten. Ihrem Leben einfach ein Ende gesetzt, denn sie wusste, dass ihr Leben jetzt einfach nur noch die Hölle werden würde.

Doch sie musste sich aufrappeln.
Sie musste jetzt so tun, als wäre alles bestens.
Für ihre Mutter und für ihren Vater.
Weniger für sich selbst.

Langsam beruhigte sie sich und stand auf. Drehte das Wasser ab und verließ die Dusche. Sie wickelte sich in ein Handtuch ein und stand dann gedankenverloren vor dem Spiegel. Sie hatte das Gefühl, als würde sie die Frau, die da im Spiegel war, nicht mehr kennen. Sie ekelte sich vor sich selbst.

Seufzend machte sie sich fertig.
Föhnte ihre Haare, legte Make-up auf und zog sich an.

Da sie nicht ins Büro musste, bestand ihr Outfit eher aus einer engen Skinny Jeans, einem Top und einem viel zu großen Hoodie. Ihre Mutter fand solche Pullover grauenvoll an ihrer Tochter, doch das war Ana egal - sie fühlte sich so einfach am wohlsten.

Ana hatte noch nie den perfekten Körper; zumindest redete sie sich das immer wieder ein.

Sie fand sich auch noch nie attraktiv, weshalb sie sich in der Freizeit gerne unter den weiten Klamotten versteckte; auch wenn sie es gar nicht nötig hätte.