Kapitel Drei: Erfolg hat drei Buchstaben: Tun!

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Jana

Mit Energie und Elan machte ich mich am Heuballen zu schaffen. Ich rollte den Ballen in die erste Box und begann ihn da auseinanderzunehmen. Ich riss die Verpackung auf und zerrte am Heu. Ich nahm mir zur Unterstützung eine Mistgabel ins Heu und verteilte dies in der Box.
Das Ausreißen und Verteilen des Heus war anstrengend und kostete Kraft. Ich hatte noch nicht mal die Hälfte der Boxen geschafft, geschweige eine Box fertig und ich schwitzte jetzt schon.
Außerdem mussten es fünf Schichten sein. Boxen mit Stroh auszustatten, gehörte definitiv nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Aber das Trainieren und Putzen der Pferde mochte ich.
Statt mich auf die Boxen zu konzentrieren, versuchte ich auf die Geräusche draußen auf dem Hof zu hören. Irgendwo ratterte eine Kettensäge. Vor der Stalltür brüllte Benny wieder. Das war die typische Baustellenatmosphäre. Ich fragte mich, ob Benny auch privat so immer herum brüllte.
Anscheinend hatte er nichts Besseres zu tun.
Ich hörte plötzlich einen Motor anspringen und ein Quietschen. Das Tuckern des Motors entfernte sich recht schnell. Gleich darauf hörte ich Stimmen, die sich angeregt unterhielten.
Ich versuchte heraus zu hören mit wem sich Benny draußen unterhielt. Es waren auf jeden Fall zwei Frauen, weil die Stimmen so viel höher klangen als Bennys Stimme. Ich hielt in meinen Bewegungen inne und lauschte angestrengt.
Doch das Gespräch war schon wieder verstummt und schnelle Schritte näherten sich. Rasch fuhr ich mit meiner Arbeit fort, verteilte den letzten Haufen und wollte mich der nächsten Box zuwenden.
Es war absolut nicht geplant gewesen, das Gespräch anderer Leute zu belauschen.
>> Jana? Vor der Stalltür ist Besuch für dich! <<,  rief Benny kurz darauf.
Kaum merklich versteifte ich mich. Kurz darauf ärgerte ich mich über mich selbst. Wieso versteifte ich mich jetzt bloß? Es konnte ja nichts Schlimmes passiert sein?
Unzählige Fragen spukten in meinem Kopf herum, auf die ich gleich sicher eine Antwort bekam.
Wer wollte wohl mit mir sprechen?
Und worüber wollte dieser Jemand mit mir reden?
War es vielleicht meine Mutter?
Nein, das konnte eigentlich nicht sein, weil sie erst in einer Stunde hier auftauchen wollte.
Oder war es Alina?
Alina könnte das schon eher sein. Vom alten Hof hierher war es nicht weit. Nur zehn Minuten vielleicht.
Schließlich drehte ich mich so schnell zu Benny  um, dass mir schwindelig wurde, dann erst einen Schlenker nach hinten und dann zur Seite machen musste. Ich griff nach der offenen Boxentür und schloss für einen Moment die Augen.
Als ich sie wieder öffnete, stand Benny direkt vor mir und schaute mich besorgt an. Er umklammerte mit einer Hand meinen Oberarm. >> Alles wieder in Ordnung, Jana? <<, fragte er.
>> Ja, danke der Nachfrage. <<, antwortete ich. Ich sammelte mich nochmal, straffte die Schultern und drückte dann Benny entschlossen die Mistgabel in die Hand.
Als ich hinaus lief, spürte ich Bennys verdatterten Blick auf meinem Rücken.
Das Licht war grell und ich schirmte mir die Augen ab, damit ich was sehen konnte.
Ich blieb stehen.
Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hätte alles erwartet. Ich dachte, jetzt stand mein verschollener Freund vor mir oder so, aber damit hatte ich nicht gerechnet.
Vor mir standen meine beste Freundin und meine Mutter und quatschten miteinander. Als sie mich erblickten, riefen sie gleichzeitig: >> Überraschung! <<
Voller Freude umarmte ich erst meine Mutter und dann Alina. >> Mama, was machst du schon hier? Wolltest du nicht erst in einer Stunde kommen? <<
>> Zuhause gab es nicht viel zu erledigen. <<, antwortete sie und rieb sich die Hände. >> Ich habe schon versucht Herrn Schulze anzurufen, aber er ist nicht rangegangen. Also, wo kann ich helfen? <<
>> Ich probier's dann nochmal. <<, meinte Alina, nachdem ich sie gedrückt hatte.
Ich musste grinsen. Alina zog ihr Handy aus ihrer Reittasche hervor und tippte etwas eilig in die Wahltasten. Dann entfernte sie sich ein Stück.
Während Alina versuchte Louis zu erreichen, fragte ich meine Mutter: >> Was macht ihr beiden hier gleichzeitig? Gut, ich hätte jetzt drauf gewettet, dass nur Alina hier aufkreuzt. <<
>> Das war reiner Zufall gewesen. Gemeinsam haben wir dich mit diesem Benny beim Motorrad gesehen. Alina und ich haben dann beschlossen, dich zu überraschen. Wir haben dann noch ein kleines bisschen gewartet, bist du dann weggegangen bist. Als wir dich dann gesucht haben, sind wir auf einen netten alten Herren gestoßen ... <<, fing meine Mutter an.
>> Ach. Das ist der Vater von Herrn Schulze. Du kannst Herrn Schulze übrigens auch Louis nennen. <<, unterbrach sie.
>> Gut. Ähm ... wo waren wir stehengeblieben? <<
>> Auf der Suche nach mir. <<, sagte ich, verschränkte meine Arme vor der Brust und verlagerte mein Gewicht auf die linke Seite.
>> Ja, danke. Ähm ... Wir haben ihn gefragt, ob er eine Idee hätte, wo wir dich hätten finden können. Und nun standen Alina und ich hier. <<
>> Cool. Ähm ... ich würde jetzt einfach mal vorschlagen, wir warten auf Alina und gucken, was sie gleich zu berichten hat und dann sehen wir weiter. <<
Doch Alina hatte nicht viel zu berichten. Nur, dass Louis nicht ans Handy ging.
>> Tja, dann schlage ich jetzt vor, dass du hier wartest, Alina. Und ich fahre mit Mama zum alten Hof und gucke, was Louis so beschäftigt. <<, schlug ich vor und nahm somit die aktuelle Situation selbst in die Hand.
>> Egal, in welcher Situation, du gerade bist, du hast immer einen Plan B. Kann das sein? <<, fragte Alina.
Verwirrt starrte ich sie an. >> Sollte das ein Kompliment sein? <<
>> Ja? <<
Ich nickte.
>> Los. Nun haut endlich ab. Eine Menge Arbeit wartet auf uns! <<, rief Alina, während wir eine Weile geschwiegen hatten. Mama und ich haben beschwichtigend die Hände und mussten dabei grinsen.
Manchmal fand ich, dass Alina eine kleine Perfektionistin war, was die Ordentlichkeit betraf.
Aber Alina könnte es auch von ihrer Mutter vererbt bekommen haben. Frau Steinkamp war so ordentlich und sauber, dass man in deren Villa kein einziges Staubkörnchen entdecken konnte.
Mama und ich ließen Alina auf dem Hof stehen und machten uns auf dem Weg zu Mamas Auto.
Mama hatte ihren schwarzen BMW dabei.
Mamas Auto war im Gegensatz zu Louis' Wagen viel sauberer. Im Fußraum lagen keine leeren Alkoholflaschen und es roch auch nicht nach Zigarettenrauch.
Als Mama den Motor einschaltete, röhrte dieser laut auf. Der Motor brachte meinen Körper zum Vibrieren. Aus einem unerklärlichen Grund, gefiel mir dieses Gefühl.
Wir verließen das Gestüt.

Jana & Nicki - Das schönste Jahr unseres Lebens ( Band 1 )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt