Kapitel Sechzehn: Echte Helden tragen keinen Umhang, sie unterrichten

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Jana

>> Guten Morgen. <<, begrüßte mich Leni und stellte eine dampfende Kaffeetasse vor mir hin.
Ich kam gähnend in die Küche geschlurft. Ich war so müde und fühlte mich wie gerädert. Ich hatte auch verdammt schlecht geschlafen, wahrscheinlich lag das an der Vollmondnacht heute.
Außerdem hatte ich nur wirres Zeug geträumt.
Ich hatte zwar längst keine Angst mehr vor Albträumen. Aber dennoch beeinflussten mich die Albträume.
>> Guten Morgen. Hast du auch so schlecht geschlafen heute Nacht? <<, fragte ich und gähnte wieder.
Denn Leni sah auch nicht besser aus. Sie sah ebenfalls total verschlafen aus. Dunkle Augenringe waren unter ihren Augen zu erkennen. Ihr Haar war zersaust und ihre Augen waren klein.
>> Ja. Ich hab nur Scheiße geträumt. Ich hab sogar von meinem ehemaligen und schwulen Klassenlehrer geträumt. Wir waren in dem Traum zusammen. Total krank. Robin war auch komischerweise mit von der Partie gewesen. Was der für eine Rolle gespielt hat, weiß ich nicht. <<, erzählte Leni und nahm zwei Toasts auf dem Toaster.
>> Ja, so ein Traum hatte ich auch hin und wieder. Ich habe geträumt, dass ich mit meiner Klasse, meinem Klassenlehrer und noch einer Klasse aus der Grundschule in einem Reisebus nach Kroatien gefahren. Wir sind nach Kroatien bei unserer Abifahrt gefahren. Mein Klassenlehrer Herr Kneidl saß vorne und ich lag einfach mit Bettkissen und Bettdecke in der Mitte des Busses. Herr Kneidl hat irgendwie die ganze Zeit mit mir geredet und ich hab nur komische Geräusche von mir gegeben. <<
>> Das ist einfach so krank. << Leni schob mir einen Teller mit einem Marmeladentoast zu.
Schweigend aßen Leni und ich unser Toast und tranken unseren Kaffee. Danach mussten wir uns auch schon relativ schnell fertigmachen.
Ich zog das dunkelblaue T-Shirt mit der weißen Aufschrift Polizei, eine helle Jeans und ein dunkelblaues Sweatshirt an. Außerdem legte ich mir den Waffengürtel an und steckte meine Dienstwaffe in den Holster, die ich aus dem Safe im Kleiderschrank holte.
Ich klatschte mir gerade etwas Make-up auf mein Gesicht, als Leni ins Badezimmer kam und sich neben mich stellte.
>> Uhhh, du siehst aber sehr gefährlich aus. <<, kommentierte sie mein Outfit.
>> Danke, ebenfalls. <<, gab ich zurück.
>> Ich bin so gespannt, was wir heute alles lernen würden. <<, sagte Leni und fing an sich die Zähne zu putzen.
Ich drehte mich zu ihr und sah sie an. Leni brauchte keine Schminke und sonstigen Schnickschnack, um richtig hübsch auszusehen.
Auch wenn sie ungeschminkt war, dachte man, sie hätte sich zu viel Mascara in die Wimpern geschmiert, weil Lenis Wimpern lang, dicht und schwarz waren.
>> In den ersten Stunden haben wir Sport, dann haben wir Kriminalistik, Verkehrs- und Strafrecht und das Waffentraining. <<, zählte ich auf, während ich meinen Lidschatten bemalte.
>> Hascht du schon eine Idee für dein Praktikum? Isch will nach der Auschbildung in den mittleren Dienscht. Und du? <<, nuschelte Leni, weil sie immer noch mit dem Zähneputzen beschäftigt war.
Dabei lief ihr die Zahnpasta aus dem Mund.
Ich hielt inne. Ich hatte absolut nichts verstanden. >> Was hast du gesagt? Ich verstehe nur Bahnhof. <<, entgegnete ich.
Leni spuckte die Zahnpasta aus. >> Ich habe gefragt, ob du schon eine Idee hast, wo du dein Praktikum machen willst. <<
>> Ja, ich werde eine Bewerbung an die KriPo schicken. <<, antwortete ich.
>> Das hört sich doch gut an. Los, komm. Robin und Angelo warten bestimmt schon. <<
>> Ich hol noch eben meine Handtasche. <<, sagte ich und verschwand in meinem Zimmer.

Fünf Minuten später liegen Angelo, Robin, Leni und ich zur Sporthalle. Während Leni und Robin Hand in Hand vorneweg liefen, liefen Angelo und ich etwas weiter hinten.
>> Also, was macht deine Freund so beruflich? <<, fragte Angelo unvermittelt.
Ich blieb abrupt stehen und schaute ihn voll entgeistert an. Hatte er mich jetzt wirklich so random gefragt, was Nicki für einen Beruf ausübte?
Heilige Makrele. Das konnte doch nicht sein Er st sein.
>> Äh ... Ist dir die Uniform nicht aufgefallen, die mein Freund anhatte? <<, fragte ich und schaute ihn mit großen Augen an.
>> Entschuldigung, falsche Frage. Ich wollte eigentlich fragen, wo er seine Ausbildung gemacht hat? Hat er die auch hier in Nürnberg gemacht? <<, korrigierte sich Angelo und lächelte.
>> Nein. Mein Freund hat seine Ausbildung tatsächlich in Kanada absolviert. <<, antwortete ich und schob meine Hände in die Hosentasche.
>> Oha, wie cool. Und der Plan ist jetzt, mit ihm zusammen arbeiten zu können, richtig? <<
>> Ja, das trifft zu. Nach meiner Ausbildung will ich auch auf der Wache bei Nicki und bei meinem Vater arbeiten. Mein Papa arbeitet da nämlich auch. <<
Angelo lachte auf. >> Dann arbeitet ja die ganze Familie auf der Wache. <<
>> Nee, nicht ganz. Meine Mutter arbeitet im Krankenhaus als Oberärztin. Und mein kleiner Bruder kommt jetzt in Zehnte und macht nächstes Jahr seinen Abschluss. <<, erwiderte ich.
Ich lachte.
>> Wer weiß, vielleicht will dein Bruder ja auch Polizist werden. <<, mutmaßte Angelo.
Ich zog die Augenbrauen hoch. >> Hm, da bin ich mir nicht so sicher. Die ganze Menschheit würde nicht vor ihm sicher sein. <<, entgegnete ich.
Ich kam mit meinen neuen Freunden an der Sporthalle an. Dort warteten schon die anderen aus unserer Klasse. Allen voran Natalie, die mit Yorick neben der Tür, die zur Sporthalle führte, stand und sich mit ihm unterhielt.
Leni und ich vermuteten, dass es zwischen Yorick und Natalie funken könnte. Letzte Woche hatte Leni Natalie mal daraufhin gefragt.
Es war nicht anders zu erwarten gewesen, als Natalie uns beiden aus wütenden Augen angeschaut hatte. Mich vor allem.
Ich wusste, dass sie mich in ihren Augen, zum Affen gemacht hatte. Aber eigentlich hatte ich nichts schlimmes getan, ich hatte mich nur mit Angelo unterhalten.
Angelo konnte seine Klappe nicht halten und hatte einen doofen Spruch rausgehauen. Das war ICH nicht gewesen.
Auch wenn Natalie immer wieder gesagt hatte, sie würde nicht auf  Yorick stehen, wollten Leni und ich das nicht richtig glauben.
Seit ein paar Tagen sahen wir Natalie und Yorick immer wieder zusammen auf Yoricks Motorrad fahren. Yoricks Motorrad sah cool aus. Und die beiden machten auch eine echt gute Figur auf dem Zweirad.
Gut. Natalie könnte mal ruhig ihren breiten, großen Hintern auf dem Sitz lassen, anstatt ihn über dem Sitz hinaus gucken zu lassen.
Aber nur weil Natalie und Yorick beide anscheinend eine große Leidenschaft für Motorräder hegten, hieß es nicht, dass sie ein Paar sein könnten.
Aber man wusste es ja nicht.
Leni und Robin stellten sich etwas abseits von unserer Klasse und kuschelten wieder miteinander.
Angelo und ich stellten uns zu den beiden. Angelo holte sein Handy hervor und antwortete auf eine Nachricht, die ihm seine Marie geschickt hatte.
Da kam unser neuer Seminarleiter in Sport. Die Klasse machte ihm Platz, der Sportlehrer schloss die Tür auf und verschwand kurz darauf.
Ich hatte keine weitere Chance, den neuen Sportlehrer zu identifizieren.
Wir folgten ihm in den Sportbereich und gingen in die Damenumkleide, während die Jungs in der Herrenumkleide verschwanden.
Im Umkleideraum zog ich mir mein Ocean's Apart - Outfit an.
Doch ich war nicht die Einzige, die Ocean's Apart entdeckt hatte. Auch Natalie hatte ein Outfit von dieser Sportmarke. Mein Outfit war hellgrau und Natalies war rot.
In der Wohnung hatte ich noch weitere Outfits in verschiedenen Farben.
Ich hatte mir gerade die Schuhe zu gebunden und wollte den Raum verlassen, als mich eine Bemerkung von Natalie innehalten ließ.
>> Also, ich würde an deiner Stelle an deinem Körper arbeiten. So bekommst du nie einen Kerl ab. <<, meinte Natalie und musterte mich von oben nach unten.
Ich schaute an mir herab.
>> Natalie, das kannst du doch nicht ernst meinen. Jana ist nun überhaupt nicht pummelig. Nur weil du einen leichten Ansatz von einem Sixpack hast. Ganz ehrlich, änder mal an deinem Verhalten. Das nervt langsam. <<, mischte sich Lena ein. Sie ging an uns vorbei und verließ den Raum.
Ich trat auf Natalie zu.
>> Ich würde an deiner Stelle deinen Mund halten, meine Liebe. Das geht sonst ganz schnell in dein hübsches Höschen. Ich komme mit allen Menschen klar, aber wenn du ein Problem mit mir hast, dann kannst du mit mir reden. Aber du kannst mir nichts sagen und mich deine Probleme mit mir spüren lassen. Das geht einfach nicht. Ich habe dir nichts getan, Angelo hat den bescheuerten Spruch gemacht, nicht ich. Wenn du jemanden etwas spüren lassen möchtest, dann mach das bei Angelo. Er ist seelisch bestimmt besser als ich. Ach, übrigens: Auch ,, pummelige" Frauen können gutaussehende Kerle bekommen. Im Moment führen wir nur eine Fernbeziehung. <<, sagte ich Natalie meine Meinung.
>> Pah. <<, meinte Natalie nur und verließ den Raum.
Ich folgte ihr.
In der Halle hatte sich die ganze Klasse um unseren Sportlehrer versammelt.
Nun konnte ich ihn auch endlich identifizieren. Er hatte schwarze, kurze Haare und braune Augen.
Bevor ich ihn weiter einscannen konnte, fing unser Sportlehrer an uns zu begrüßen.
>> Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen. Ich bin Alexander Bergmann und unterrichte Sie alle in den folgenden zweieinhalb Jahren. <<, sagte Herr Bergmann. >> Zunächst möchte ich gerne sehen, was Sie so drauf haben. Sie lernen bei mir schwerpunktmäßig Kampfsportarten wie Kickboxen, Judo, Wingtsun, Eskrima und Jiu Jitsu. Wingtsun und Jiu Jitsu brauchen Sie bei den Festnahmen. Ich teile Sie jetzt zu zweit in einen Sparring ein. Das dauert zehn Minuten. <<
Die Klasse nickte und Herr Bergmann teilte die Partner ein.
Als Herr Bergmann Natalie und Angelo für einen Sparring einteilte, hielt ich kurz die Luft an.
Das hätte er lieber nicht tun sollen. Aber woher sollte Herr Bergmann das auch wissen, dass Natalie und Angelo zusammen einen Beef hatten.
Ich hingegen wurde mit Robin eingeteilt.
Auf Herrn Bergmanns Kommando hin, fingen die Sparringspartner mit ihrem Sparring an.
>> Okay, dann zeig mal, was du so drauf hast. <<, meinte Robin und rieb sich erwartungsvoll die Hände.
Doch ich hatte nicht zugehört und schaute mir stattdessen das Spektakel an, was sich zwei Turnmatten neben uns abspielte.
Angelo und Natalie standen sich gegenüber und schauten sich ganz tief in die Augen.
Das konnte einfach nicht gutgehen.
>> Jana, hallo. Wir haben Sport und sind nicht in einem Kino. <<, holte mich Robin in die Gegenwart zurück.
Ich schüttelte den Kopf. >> Sorry, ich bin gerade so gefesselt, was sich da gerade zwischen Natalie und Angelo abspielt. <<, entschuldigte ich mich.
Ohne weiter nachzudenken und ein bisschen reflexartig osee was es auch immer war, machte ich einen Karatekick in Robins Richtung, der blitzschnell auswich.
Nachdem sich Robin wieder aufgerichtet hatte, grinste er.
>> Was war denn das? Und was meinst du, was zwischen Natalie und Angelo passiert? Die beiden schauen sich einfach nur an, wahrscheinlich geht ihr Sparring gleich los. <<, widersprach er mir.
>> Un ob der. Kampf gleich losgeht. Da wird gleich etwas passieren. <<, überlegte ich.
Kaum hatte ich den Satz zu Ende gesprochen, da holte Natalie mit einem Knie aus und trat Angelo in seine Testikel.
Oh Shit. Das ging wortwörtlich und buchstäblich direkt in die Hose. Das musste ja sowas von wehgetan haben.
>> Scheiße. Das ging ja direkt in die Hose. Hoffentlich bekommt Angelo keine bleibenden Schäden und er kann noch Kinder zeugen. <<, meinte Robin, verzog das Gesicht zu einer hässlichen Grimasse und schüttelte den Kopf.
Ich nickte. Dann wandte ich mich von Natalie und Angelo ab und forderte Robin zu unserem angefangenen Sparring auf.
>> Also, mein Lieber. Was hast du so drauf? <<, fragte ich und ballte die Hände zu Fäusten.
Robin sagte nichts und stürzte wie aus dem Nichts auf mich zu und wollte nach mir greifen, doch ich sprang zur Seite und Robin lief fast in die nächste Zweier-Gruppe.
Das war knapp.
>> Du bist so unberechenbar. Wie kriegst du das nur hin? <<, fragte Robin und begab sich wieder in Kampfstellung.
Kurz darauf stürzte er wieder auf mich zu. Ich dachte, er wollte wieder nach mir greifen, aber da hatte ich mich getäuscht.
Diesmal kickte er ein Bein nach vorne, was mich fast traf, ich fing sein Bein mit meinen Händen auf und zog ihn zu Boden. Zum Glück war die Matte weich, als er mit dem Kopf aufkam.
Robin sagte nichts und ließ sich mit offenem Mund von mir auf den Bauch drehen und ich zerrte ihm einen Arm nach dem anderen auf den Rücken.
>> Naja ... Das ... bleibt ein Geheimnis. <<, sagte ich etwas abgehakt.
Robin sagte immer noch nichts.
>> Alle Achtung! Somit hätten Sie gerade Ihren ersten Täter festgenommen. <<, sagte plötzlich Herr Bergmann und stand plötzlich vor Robin und mir.
Robin und ich sahen beide zu Herrn Bergmann hoch.
Ich lächelte. >> Danke. <<
Robin und ich rappelten uns wieder auf.
>> Pff ... Das ist doch kinderleicht. Was sie kann, kann ich schon längst. <<, spottete Natalie, verdrehte die Augen und verschränkte ihre Arme vor der Brust.
Robin und ich warfen uns verstohlene Blicke zu und verdrehten unsere Augen dann ebenfalls.
Natürlich war Natalie die Königin des Kampfsports. Ich verabscheute Menschen, die der Meinung waren, sich in den Mittelpunkt zu drängen und vor Neid platzten.
Einfach ekelhaft dieses Verhalten. Ich war sowas von angewidert.
>> Wenn Sie so drauf bestehen, dann zeigen Sie doch Ihre Kampftechniken. Ich bin sehr gespannt. Und ich glaube, Ihre Kollegen auch. <<, sagte Herr Bergmann. Und Ntalie konnte ruhig von Glück auf sagen, dass sie noch keinen Ärger bekommen hatte und Herr Bergmann kein einziges Mal laut geworden war, obwohl er den Tritt in die Eier bestimmt gesehen hatte.
Genau, du blöde Kuh. Zeig doch, was du drauf hast. Außer den Jungs in die Eier zu treten. Ich wette mit dir, dass du nicht das Playgirl bist, für das dich jetzt alle halten.
>> Ach, und wenn es geht: Bitte ohne einem Mann in die Klöten zu treten. <<, fügte Herr Bergmann zu.
Meine Kollegen begannen leise zu lachen. Jeder hatte den Tritt gesehen.
Natalie starrte Herrn Bergmann entsetzt an. Erst wurde sie vor lauter Wut rot und dann kreidebleich, weil sie merkte, dass es gerade nur um sie ging.
>> Das war reinste Notwehr. Sanchéz hat mich belästigt! <<, rief Natalie und versuchte mit der hinterhältigen Lüge aus der Sache herauszukommen.
>> Ach, hör doch auf. Was für Notwehr? Ich hab dich nicht mal belästigt, ich hab dir nur gesagt, du sollst selber deine verdammte Klappe halten. Du hast mir deswegen in die Eier getreten! <<, rief Angelo wütend und krümmte sich immer noch ein bisschen.
>> Gar nicht wahr! <<
>> So, Schluss jetzt. Frau Roth, zeigen Sie jetzt mal, was für Sie für Kampftechniken haben. <<, meinte Herr Bergmann nun doch etwas streng.
>> Aber ohne mich! <<, rief Angelo.
Herr Bergmann nickte. >> Kein Problem. Dann wird Frau Roth gegen Frau Steinberg antreten. <<
Bitte was? Was zum Geier? Oh nein, nein. Ich würde ganz bestimmt nicht mit Natalie Polizei spielen. Nein, auf gar keinen Fall. Das war doch der größte Witz meines Lebens.
Aber natürlich widersprach ich Herrn Bergmanns Aufforderung nicht und stellte mich auf die Matte, auf der Robin und ich gerade noch gekämpft hatten, gegenüber von Natalie.
Natalie schien ebenfalls nicht glücklich mit der Wahl unseres Kampfleiters zu sein. Sie brauchte nicht so zu gucken.
Ich war nicht diejenige gewesen, die dem armen Angelo eins zwischen die Beine gegeben hatte, SIE war das gewesen.
Ich ging in Kampfstellung und wollte Natalie den Vortritt überlassen, um zu sehen, ob sie mich wieder ihre Wut spüren lassen wollte.
Natalie ging ebenfalls in Kampfstellung und fing an wild mit den Armen und Beinen herum zu fuchteln.
Ich nahm meine normale Haltung wieder ein und fragte unbeeindruckt: >> Was soll es denn werden, wenn's fertig ist? <<
>> Das ist Karate. Wenn du keine Ahnung hast ä, solltest du einfach deine Fresse halten. <<, zischte mir Natalie nur so laut zu, dass ich das verstehen konnte.
Okay, alles klar. Wir hatten es jetzt verstanden. Die Ach-so-tolle-und-sportliche-Kampfsportlerin versuchte mir mit ihren Karatesport Angst einzujagen. Wie lächerlich und dumm. Ihr Karate sah nicht gerade Angst einflößend und zielsicher aus. Ihre Arme glichen das hektische Winken eines Nichtschwimmers, der dummerweise im großen und weiten Meer zu weit raus getrieben war und nun zu ertrinken drohte und darauf hoffte, dass ihn die Leute der DLRG retteten.
Hilfe suchend schaute ich zu Herrn Bergmann. Doch er schaute nur stur gerade aus und bemerkte meinen Blick nicht oder er verstand meinen Wink mit dem Zaunpfahl nicht.
Ich stöhnte innerlich.
>> Oh, ich bitte dich. <<, gab ich genauso leise fauchend zurück.
Da Natalie keine Anstalten machte, unser Sparring irgendwie fortzusetzen, beschloss ich dem ganzen Schlamassel ein Ende zu machen.
Obwohl Natalie es nicht wirklich verdient hatte, beschloss ich Judo anzuwenden und Natalie zu zeigen, wo es drauf ankam, die richtige Kampftechnik anzuwenden. Ich hätte auch mit etwas Härterem angefangen und Kickboxen nehmen können, aber da ich eine Suspendierung an meinem zweiten Ausbildungstag nicht riskieren wollte, ließ ich das bleiben.
Ich stellte mich vor Natalie hin, packte sie an den Oberarmen, hackte meine rechte Ferse in die rechte Wade von Natalie und sie fiel zu Boden.
Natalie fiel auf die Seite und rief sofort empört: >> Steinberg hat mich angegriffen. Tun Sie doch was, Herr Bergmann! <<
Ich verdrehte abermals die Augen. Herr Bergmann ging gar nicht auf Natalies Protest ein und lobte mich ein zweites Mal.
>> Sie sind ein Talent. Machen Sie weiter so. <<
Ich lächelte.
Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, Natalie jetzt selber mal ein bisschen zu provozieren. Ich drehte sie auf den Bauch und zerrte beide Arme auf den Rücken. Dann beugte ich mich zu Natalie und flüsterte gefährlich: >> Leg dich nie wieder mit mir an. Haben wir uns verstanden? Und ich kann es auch nicht leiden, wenn man meinen Freunden wehtut. <<
Natalie schnaubte nur verächtlich, sagte aber nichts weiter.
Ich ließ Natalie wieder los und wir stellten uns wieder zu den anderen.
Herr Bergmann zeigte im Rest der nächsten Zeit, die Grundsätze für Wingtsun und Jiu Jitsu. Das waren die beiden Kampfsportarten, die wir bei den Festnahmen brauchten.
Zuhause hatte ich mir Judo, Boxen, Kickboxen, Eskrima und eben auch Wingtsun und Jiu Jitsu auf YouTube angesehen.
Beim Zugucken sah das schon kompliziert und schwer aus, aber dass es viel schwerer war, die Kampftechnik auch selber live auszuprobieren, hatte ich nicht gedacht.
Als wir Jiu Jitsu erstmal in Zweier-Gruppen üben sollten, wechselten wir die Sparring-Partner.
Für einen Moment hatte ich Angst, dass ich Natalie zugeteilt wurde, aber zu meiner Überraschung bekam ich Angelo als Partner.
>> Ist das Schicksal? <<, fragte ich, während Angelo zu mir auf die Matte kam.
>> Schicksal? Was meinst du damit? <<, wollte er von mir wissen.
>> Ich muss mich heute ständig vor meinen Freunden verteidigen. <<, antwortete ich.
Angelos Gesicht hellte Sicht auf. >> Achso, ja. Solange du mir nicht in die Eier trittst, ist alles in bester Ordnung. <<
Ich zeigte meinen Daumen. >> Wenn du willst, kannst du mich als erstes festnehmen. <<
>> Okay, lass uns anfangen. <<
>> Aber gerne doch. Nehmen Sie mich doch fest, Herr Kommissar. Ich bin ein ganz böses Mädchen. <<, erwiderte ich, streckte Angelo meine Handgelenke entgegen.
Nach ungefähr einer halben Stunde Üben, rief Herr Bergmann uns wieder zu sich. Ich musste zugeben, mit Angelo Jiu Jitsu zu üben hatte super viel Spaß gemacht. Er war richtig gut.
Robin war auch ein toller Partner, aber Angelo war besser. Er wusste, worauf es ankam, machte sich Gedanken, was als Nächstes passieren würde.
Am Ende der zwei Sportstunden sagte Herr Bergmann: >> In den nächsten drei Wochen werden wir uns intensiv mit Wingtsun und Jiu Jitsu beschäftigen. Schöne Restwoche euch noch. <<
Völlig durchgeschwitzt und mit ein paar Wehwehchen schleppte ich mich wieder in die Umkleide. Trotz den Wehwehchen und dem kurzen Zoff mit Natalie fand ich den Sportunterricht actionreich und aufregend. Herr Bergmann gestaltete seinen Unterricht ganz gut. Er war ein ruhiger und geduldiger Mann.
Ich beschloss für mich, dass Herr Bergmann mein Lieblingslehrer geworden war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 27 ⏰

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