Der Blick in die Zukunft: Die Ignoranz der Menschen

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Es klopfte an der Tür. Der Magier wandte sich der Frau zu, die das Zimmer betrat. Sie war groß, schlank und wie er in schwarze Roben gekleidet. In ihr dunkles Haar mischten sich inzwischen graue Strähnen, denn sie war schon alt. Ihre Reife zeigte sich jedoch nicht in ihrem Gesicht, das jung und frisch wirkte. Maltrice hatte sich die Augen mit Ruß geschwärzt und in ihren Blick lag Bewunderung und vielleicht auch ein bisschen Stolz, als sie Major betrachtete.

Mit einem angedeuteten Nicken zollte sie ihm Respekt, bevor sie sprach: „Ein Bote ist angekommen."

Die magische Aura des Mannes komprimierte sich unwillkürlich, während in seinem Gesicht keine Emotion zu entnehmen war.

„Von wem wurde er entsandt?"

„Von einem Eurer ælfischen Späher", antwortete Maltrice.

Major nickte als Zeichen seiner Aufmerksamkeit und sie fuhr fort.

„Er sagte der Seher verhalte sich weiterhin unauffällig."

„Ist der Bote noch hier?"

„Nein", sprach die Magierin, die versuchte irgendeine Information in dem Gesicht ihres Gegenübers zu entnehmen.

Der Magier schien einen Augenblick nachzudenken.

„Gut, dann lasst mich alleine!"

Auf Maltrice Lippen bildete sich ein Lächeln, als sie melodiös sagte: „Das war noch nicht alles, wollt Ihr nicht von der zweiten Botschaft erfahren?"

Major hob wütend den Kopf, doch dieses Mal hielt Maltrice stand.

„Wollt Ihr mich erzürnen, Maltrice?"

„Es wäre das letzte was ich wollte", gab die Magierin kühl zurück und wandte den Blick ab.

„Dann sagt, was Ihr zu sagen habt!"

„Der Rest der Einheit, die Ihr vor ein paar Monaten entsandt habt, ist zurückgekehrt. Ihr Hauptmann ist gefallen, sie gerieten während der Rückkehr in einen Hinterhalt. Sie brachten Euch das mit." Mit einer Geste deutete sie auf Sisou und die Kreatur trat ehrfürchtig zu Major an den Labortisch und legte darauf einen gegerbten Pelz ab.

„Was soll das bedeuten?", fragte er ernst.

„Der Soldat sagte, sie haben zwei erwischt, die anderen Hütten waren leer."

Der Zorn, der sich in dem Magier manifestiert bündelte sich seiner Aura und brachte die Luft zum Knistern. Es prickelte auf Maltrices Haut.

„Scheinbar", sagte er mit einer bedrohlichen Anspannung in der Stimme, „habe ich einen Haufen Holzköpfe mit einer viel zu anspruchsvollen Aufgabe betraut." Er erhob sich und Maltrice wich unwillentlich vor ihm zurück. „Jetzt, wo die Mission sich dem Ende zuneigt", sprach er weiter, „scheitern sie!"

Der Magier durchquerte den Raum und blieb am Rand einer großen Weltkarte stehen, die auf dem steinernen Boden aufgetragen war. Mehrere schimmernde Messingfiguren waren auf ihr platziert, welche Städte, Burgen und Truppen darstellten.

Maltrice beobachtete ihn einen Moment lang. Dann ging sie zu dem Tisch hinüber, füllte zwei Gläser mit Wein und brachte eines davon ihrem ehemaligen Novizen.

„Ein fehlgeschlagener Angriff, bedeuten noch nicht das Scheitern einer Mission."

Major schnaubte.

In dieser einfachen Geste lag so viel Verachtung und Herabsetzung, dass es Maltrice unangenehm war. Wortlos nahm er das Weinglas an sich und nippte an der blutroten Flüssigkeit.

„Noch ein Stamm im Norden und dieser einer im Süd-Westen." Er lege eine kurze Denkpause ein. „Man sollte meinen, dass ein kleiner Trupp sorgfältig ausgebildeter Soldaten es schaffen könnte ein Dorf Wilder zu überrennen! Vielleicht hätte ich besser eine Schar Orks geschickt anstatt dieser Menschen!" Er trank abermals aus seinem Glas. „Nun sind sie gewarnt und es wird äußerst schwierig werden, sie ausfindig zu machen."

„Mylord, warum verschwendet Ihr so viel Energien darauf, solch belanglose Stämme zu attackieren? Rein militärisch solltet Ihr Euch auf ein Bündnis zwischen Utis, Arurso, Emora und Zarra vorbereiten. Sie sind die einzigen großen Festungen im Westreich, die noch von Bedeutung sind."

„Stein stellt keine Herausforderung dar, für jemanden, der die Magie beherrscht", erwiderte Major kalt.

„Wenn Ihr es wünscht, über einen Friedhof anstatt über ein Reich zu herrschen."

„In jenem Augenblick", sagte Major scharf und sah Maltrice verärgert an, „wünschte ich nur, ich wäre von halbwegs intelligentem Wesen umgeben!"

Das Glas in Maltrice Hand zerbrach und schnitt in ihr Fleisch. Sie ließ sich jedoch weder die Demütigung noch den Schmerz ansehen.

„Sisou!", zischte sie stattdessen, weil die Kreatur nicht sofort damit begonnen hatte die Scherben zu beseitigen.

Dieser kam unter Majors Schreibtisch hervor, wo er Schutz gesucht hatte, und reichte in ergebener Haltung seiner Herrin ein Tuch und begann damit das Glas aufzusammeln.

Maltrice harrte ein paar Atemzüge aus, dann grüßte sie Major und verließ ohne ein weiteres Wort das Laboratorium.

Er sah ihr mit einer tiefen Abneigung und auch Verachtung hinterher.

Maltrice war zu schwach. Beinahe menschlich und Menschen waren schnelllebig und handelten zu überstürzt, was wohl ihrer kurzen Lebensspanne zu verschulden war.

Bei den meisten von ihnen war es, wie bei Maltrice, die Magie in ihrem Blut war zu dünn, um etwas zu bewirken. Magie floss in jedem Leben. Sie war die Essenz und die Kraft, welche die Welt zusammenhielt.

Nur die Menschen verstanden dies nicht. Sie waren zu vergesslich zu umnachtet und dumpf, was wohl der Samen ihres Aberglaubens war, weil sie das Gleichgewicht der Dinge nicht begriffen.

Magie war ihnen fremd, die Fremde war bedrohlich und Bedrohung wurde seit jeher von den Menschen ausgelöscht.

Major würde ihnen jedoch zuvorkommen, sobald seine Macht unantastbar war. Die Unwissenheit und die Ignoranz der Menschen sollten einer neuen Realität weichen, doch bis es so weit war, würde er noch etwas Geduld brauchen, denn die Veränderung verzögerte sich unerwartet.


Die Flamme MajorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt