Das Vermächtnis der Ælfen

6 2 0
                                    

„Es ist aussichtslos", schloss Avis, der zusammen mit Sanna in Filcusus' Hütte eingekehrt war. „Woher habt Ihr all diese Informationen?"

„Nicht alle Magier sind mit dem einverstanden, was Major vorhat", erklärte der Alte. „Aber sie sind auch nicht im Stande ihn aufzuhalten."

„Aber wenn es wahr ist", begann Avis, der am Tisch saß und sich durch das braune Haar fuhr, „und Major diesen Zauber geschaffen hat, der ihn vor Schaden bewahrt, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als an seine Vernunft zu appellieren."

„Tief geschlagene Wunden, heilen nicht narbenlos, Avis", sagte Filcusus, „und ein Opfer wird die Unschuldigen nicht retten. Der Fehler lag bei mir, ich hätte es viel früher erkennen müssen. Hätte anders handeln müssen."

Sanna hörte nicht weiter hin. Mit verschränkten Armen sah sie eine Weile aus dem Fenster und hoffte darauf, Leda zu sehen. Sie war in der letzten Nacht nicht zu ihrem Haus zurückgekehrt und Sanna sorgte sich.

Was war, wenn Leda alleine losgezogen war, um zu ihrem Stamm zurückzukehren?

Wenn sie dabei selbst angegriffen würde?

Oder feststellte, dass ihr Stamm für immer verloren war?

Konnten sie dann einander je wiederfinden?

Vielleicht war es auch das letzte Mal gewesen, dass sie sich gesehen hatten.

Sanna schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden und versuchte sich mit den bunten Wandteppichen abzulenken, die Filcusus' Wände schmückten. Die meisten von ihnen zeigten makellose reinweiße Drachen. Ihre schlanken Köpfe und grazilen Körper sahen anmutig und unfehlbar aus.

„Ich sehe, deine Begleitung findet Gefallen an den Eisdrachen", sprach Filcusus und zog damit wieder Sannas Aufmerksamkeit auf das Gespräch.

Sie wandte sich den beiden etwas zu und fragte: „Eisdrachen?"

„Für die Ælfen waren sie heilige Wesen", erklärte Filcusus und deutete auf einen der Teppiche, der Ælfenpriester vor einem Altar mit einem der Drachen zeigte. „Sie versuchten mit all ihrer Macht sie zu schützen und zu bewahren. Doch sie waren machtlos gegen die Gier der Erzmagier."

„Was haben sie getan?", fragte Sanna neugierig.

„Sie gejagt, ihrer Magie wegen, und der Drüsen, die es ihnen ermöglichte Eis zu speien. Daraus konnten sehr wertvolle magische Ingredienzien hergestellt werden, die für verschiedene mächtige Rituale notwendig waren. Sie jagten und töteten sie, bis es keine mehr gab. Nun sind sie bereits seit Jahrhunderten ausgestorben."

„So wie bald unser Volk", sagte Sanna traurig und ging zu den beiden Menschen hinüber.

„Wir werden es zu verhindern suchen", beschwor Avis.

„Wie?", fragte Sanna hoffnungslos.

„Ich werde zur Festung reisen", erklärte er bestimmt, „und versuchen Major zur Vernunft zu bringen."

Sanna zog kritisch die Brauen zusammen und legte den Kopf schief.

„Warum sollte er Euch anhören?", wollte sie wissen. „Filcusus sagte, er hasst die Menschen."

„Er wird es müssen!" Avis sah entschlossen zu Filcusus. „Und sei der Versuch auch zum Scheitern verurteilt, ich könnte es mir nicht verzeihen, es nicht versucht zu haben."

Der Alte nickte und schien keineswegs überrascht zu sein.

„Wenn du dies wirklich tun wirst, Avis", sprach er und gab Valerana ein Zeichen. „Dann solltest du nicht ohne das hier gehen."

Die Ælfin gab ihn eine kleine geschnitzte Holzschatulle, die Avis nur einen Spalt weit öffnete, hineinsah und sie wieder sorgfältig verschloss.

„Woher habt ihr es?", fragte er ernst.

„Vom Ælfenkönig Faldyr höchst persönlich, Avis. Es ist sein Geschenk an Euch, so wie Euer Mut Euer Geschenk an ihn ist."

„Dann besteht vielleicht Hoffnung", sagte er und starrte das Holzkästchen an.

„Ich würde Euch nicht ziehen lassen, wenn dem nicht so wäre."

Als Sanna und Avis am Abend zurück ins Haus kamen, das die Ælfen ihnen zur Verfügung gestellt hatten, nahm die Sangotin ihre Schwester sofort wahr

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Als Sanna und Avis am Abend zurück ins Haus kamen, das die Ælfen ihnen zur Verfügung gestellt hatten, nahm die Sangotin ihre Schwester sofort wahr. Avis erschreckte dennoch, als er mit der Öllampe den Raum ausleuchtete und Leda in einer Ecke sitzend vorfand.

„Du bist zurückgekehrt!", sprach Sanna erleichtert und ging näher an sie heran. „Ich fürchtete schon, dich zu verlieren."

„Ich kam, um dich zu holen!", gab Leda schlicht zurück. „Und ich möchte sofort aufbrechen."

„Aufbrechen? Wohin?"

„Nach Hause", gab Leda zurück.

Avis stellte die Lampe sachte auf den Tisch ab.

„Ich habe andere Pläne", antwortete Sanna mit zittriger Stimme.

Leda erhob sich und sie sah überhaupt nicht glücklich aus.

„Was für Pläne?", wollte sie wissen.

„Avis wird zur Festung des Magiers reisen", erklärte Sanna, ohne ihre Schwester anzusehen. „Und ich werde ihn begleiten."

„WARUM?", fuhr Leda sie laut an.

„Weil er auch uns bedroht, Leda", erwiderte Sanna ernst. „Weil er uns angegriffen hat und weil er die Schuld am Tod von Mifa und Löven trägt."

Leda verstummte.

„Wir werden niemals vor ihm sicher sein, Leda", sagte Sanna mit Nachdruck. „Wenn wir zurückkehren, wird es wieder einen Angriff geben. Immer wieder."

„Was können wir schon tun gegen jemanden der ... wie ein Schamane ist?"

„Das wird meine Aufgabe", sprach Avis ernst und trat an Sannas Seite. „Ich werde Euch beschützen!"

Leda verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und antwortete: „Wie wollt Ihr uns vor einem Magier beschützen?"

Der König des Waldes zog sein Schwert und hielt es in den Schein der Lampe, damit auch Leda es sehen konnte. Am Schaft von Chrysoryd glitzerte mit einem eigentümlichen Leuchten ein Chrysoberyll an der Stelle, an der zuvor ein Loch geklafft hatte.


Die Flamme MajorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt