So fing es an

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Nach einem langen und anstrengenden Tag lag ich einfach nur bis spät abends im Bett und guckte fern.
Als ich merkte, dass ich langsam immer müder wurde, beschloss ich, mir für die Nacht noch etwas zu trinken zu holen.

Total kaputt quälte ich mich ein letztes Mal aus dem Bett und lief zur Tür, nachdem ich den Fernseher ausgeschaltet hatte.

Mit einer Hand hielt ich die Türklinke fest, bevor ich noch ein gewaltiges Gähnen losließ und danach die Tür öffnete.

Sofort riss ich meine Augen auf und erschrak etwas, als ich Georgiana vor meiner Tür stehen sah.
Sie erstarrte in ihrer Haltung, weil sie bereits ihre Hand hob, als würde sie gleich an meine Tür klopfen.

Verwundert sah ich sie an, als ihr Atem stockte und weder sie noch ich wussten, was wir sagen sollten.

„Oh … hallo.“
Sprach ich überrascht und Georgiana schluckte.

„I-ich … ähm …“
Stotterte sie, weil sie wahrscheinlich genauso wenig wie ich diese Situation hatte kommen sehen.

Sie presste ihre Lippen aufeinander und je genauer ich sie ansah, desto mehr sah ich, dass es ihr definitiv nicht gutging.
Ich runzelte nachdenklich meine Stirn und beobachtete ihre Reaktion.

Georgiana starrte plötzlich an mir vorbei und holte Luft.
„K-kann ich reinkommen?“
Stotterte sie und ihr Kloß im Hals war mehr als deutlich zu hören.

Ich trat aus der Tür, damit sie an mir vorbeilaufen konnte.
In meinem leicht beleuchteten Zimmer sah ich, wie glasig ihre Augen waren und wie nervös sie an ihren Fingern herumspielte.

Es war ein seltsames Gefühl, die Queen persönlich in meinem Zimmer zu haben, da ich sonst nicht viel mit ihr zu tun hatte.

Ich kümmerte mich schon eine Weile um das Anwesen und sorgte grundsätzlich für Sauberkeit, dafür, dass Essen im Haus war, kochte gelegentlich für die Mitarbeiter, zumindest wenn sie es wünschten, und kümmerte mich um die Wäsche im Haus.

Die Tür war bereits geschlossen und ich lehnte mich mit meinem Rücken gegen sie, da ich noch nicht so ganz wusste, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte.

Ich beobachtete sie noch einen kurzen Moment, bis ich mich von der Tür wegdrückte.
Georgiana sah mich an und ich sah, wie sie ihre Trauer überkam.

Es dauerte keine zwei Sekunden, bis die erste Träne über ihre Wange kullerte und sie stockend einatmete.
Ich war überfordert, weil ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte, also handelte ich instinktiv ...

Ich lief zu ihr und im selben Moment sprach sie ...
„Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll ...“

Sie klang unsicher, aufgelöst und sehr verletzt. So habe ich sie noch nie erlebt.

Sanft legte ich meine Hände auf ihre Oberarme, während sie in Tränen ausbrach und mir darauf direkt in die Arme fiel.

Überfordert stand ich da, bevor ich langsam meine Arme um ihren Körper legte.
Langsam begann ich, meine Hände über ihren Rücken zu streichen und spürte, wie ihr Atem unter meinen Händen zitterte.

Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder beruhigte und sich aus meinen Armen löste.

Ihre Augen waren leicht gerötet und etwas geschwollen, während ich sie dabei ansah, wie sie ihre Tränen aus dem Gesicht wischte.

Georgiana atmete tief durch und versuchte, mich krampfhaft anzulächeln, was ihr jedoch nicht gelang.
„Bitte entschuldige … ich …“
stotterte sie und starrte kurz auf den Fußboden.

„Es ist okay … Man kann nicht immer so tun, als wäre alles in Ordnung.“
fügte ich mitfühlend an ihre Worte an und wartete kurz, bis sie mich ansah.

Sie muss immer noch sehr nervös gewesen sein, denn das war das erste Mal, dass ich gesehen habe, wie sie auf ihrer Unterlippe kaute und sich ihre Fingernägel in ihre blasse Haut bohrten.

„W-Wollen wir uns aufs Bett setzen?“
Fragte ich sie unsicher, weil ich nicht wusste, ob es überhaupt angebracht war.

Sie nickte etwas unbeholfen und ich lief auf die andere Seite des Bettes, während sie noch etwas unsicher durch die Gegend sah.
Als ich mich setzte, setzte auch sie sich endlich auf meine Seite des Bettes und machte es sich bequem.

Ich streckte meine Beine unter der großen Bettdecke aus, während sie lieber auf der Bettdecke lag und ihren Körper etwas zu mir drehte.

„Sie sehen erschöpft aus ...“,
merkte ich leise und behutsam an, während sie tief durchatmete.

Sie positionierte das Kissen so, dass sie ihren Arm etwas stützen konnte und mit ihrer Hand ihr Gesicht stützte.
„Ja … ich bin fix und alle. Meine PR-Leute und mein Privatsekretär sind der Meinung, dass es für eine Queen angebracht ist, dass sie verheiratet ist. Dazu kommt, dass es für mein Image wohl besser wäre …“
Sprach sie mit schweren Atemzügen und stoppte kurz, während sie auf die Bettdecke starrte.

„Ich weiß nicht, wie oft ich schon gesagt habe, dass ich das nicht möchte. Stattdessen bekomme ich nur Vorschläge, welcher Mann am besten zu mir passen könnte. Natürlich habe ich jeden abgelehnt …
Das Resultat davon … jetzt liegt ein fremder Mann in meinem Bett, der sich dazu bereit erklärt hat, und ich komme dadurch nicht zur Ruhe.“
Fügte sie hinzu und drückte ihren Kopf müde ins Kissen.
Entsetzt schluckte ich diese Information und starrte an ihr vorbei.

„Sie sollen einen wildfremden Mann heiraten, den Sie weder kennen noch lieben, und das nur wegen der PR …?“
Wiederholte ich ohne Sinn für Verständnis und beobachtete ihren leeren Gesichtsausdruck.

„Jaaa …“
Atmete sie leise aus und starrte weiter an mir vorbei.

Ich konnte ihr gerade nichts sagen, was ihr in irgendeiner Art und Weise helfen könnte, außer dass sie diese Nacht bei mir verbringen kann. Morgen würden die gleichen Probleme auf sie warten …

„Machen Sie die Augen zu und schlafen Sie etwas. Das geht für mich in Ordnung.“
Antwortete ich ihr sanft und lächelte ihr etwas aufmunternd zu.

Sie erwiderte das Lächeln kurz und atmete tief ein.
„Gott, ich komme mir so dumm vor, dass ich damit zu dir gekommen bin. Ich wusste aber nicht, wo ich sonst hätte hingehen sollen. Du bist die einzige Person, die mir nicht die ganze Zeit auf die Nerven geht. Du machst deine Arbeit. Sonderwünsche waren nie ein Thema für dich und du bist so ruhig und gelassen. Das schätze ich sehr an dir …“
Sprach sie immer leiser zu mir und schloss ihre Augen.

Ich war dankbar für diese Worte und auch, dass sie meine Arbeit schätzt.
Vorsichtig beugte ich mich daraufhin am Bett hinunter und holte die weiße Tagesdecke, die ich vorhin einfach nur auf den Boden schmiss, wieder nach oben.

Sanft beugte ich mich zu ihr und deckte sie behutsam zu.
Schnell versank sie in ihren Träumen und machte es sich etwas bequemer.

Ein letztes Mal beugte ich mich zu meiner Nachttischlampe und machte das Licht aus.
Etwas nachdenklich drehte ich mich um und dachte darüber nach, wie ich ihr vielleicht helfen könnte.

Meine Nacht verlief nicht ganz so ruhig wie ihre. Gelegentlich wurde ich wach und sah nach, dass ich ja nicht zu nah neben ihr lag.
Es war ein seltsames Gefühl, sie neben mir zu haben ... aber auch irgendwie schön ...

 

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