Kapitel 12 | The Resistance Breaks

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The Resistance Breaks
Kapitel 12


Charles



4. September 2023
Nahe Genua, Italien
4:03 Uhr



Dillo a Chales!"
Er konnte es kaum noch ertragen, zuzuhören.
No." Arthur weigerte sich weiterhin beharrlich, den Forderungen nachzugeben.
Was sollte er nur tun? Die hörten nicht auf.
Digli di venire!", hörte er den Kerl im Hintergrund schon wieder rumschreien.
No!" Er würde Arthurs Kampfgeist ja bewundern, wenn es nicht so schrecklich wäre und wenn er nicht so genau hören würde, dass sie ihm für jedes ‚Nein' wieder wehtaten.
Er wusste nicht, ob er seine Gefühle noch lange genug unterdrücken konnte.
Dovresti supplicarlo!" Die ließen nicht locker und sie würden solange weitermachen, bis sie bekamen, was sie wollten. So viel musste ihnen klar sein.
Er durfte nicht nachgeben. Es wäre ein schwerer Fehler, auf die Forderungen einzugehen, aber das würde nicht aufhören. Er konnte es nicht aushalten, wie Arthur sich wehrte, ohne dass es einen Unterschied machen würde. Das alles war so sinnlos.
Vai all'inferno!"

So schrecklich es war, aber er bewunderte seinen jüngeren Bruder. So viel Kampfgeist besaß in dieser Lage nicht jeder. Nur, wofür?
Ohne die Verantwortlichen ausfindig zu machen, war alles, was Arthur durchmachen musste umsonst. Da konnte ihm auch noch so bewusst sein, dass ein Nachgeben seinerseits nichts am Ergebnis änderte, aber es musste aufhören. Auf irgendeine Art musste das endlich aufhören. So langsam wollte sein Kopf sich an die irrationale Hoffnung klammern, dass er Arthur besser helfen könnte, wenn er ebenfalls dort wäre. Er war so zerrissen innerlich. Seinen Bruder weiter für sich leiden lassen, hielt er mental nicht aus. Nachzugeben würde bedeuten, dass er umsonst gekämpft hatte. Und am Ende brachte dieser Gestörte sie doch sowieso beide um.
Wie es aussieht, hab ich dich unterschätzt. Aber das passiert mir kein zweites Mal", hörte er ihren ernannten Feind zu seinem Bruder sagen. Von Arthur war nicht viel zu hören. Er unterdrückte das alles wohl immer noch so gut, wie er konnte. „Wie sieht's aus, Charles. Hast du endlich genug oder soll das ewig so weitergehen?"

Seine Hände ballten sich automatisch zu Fäusten. In diesem Moment fühlte es sich beinahe so an, als habe er genug Kraft, das Smartphone in seiner Hand zu zerstören. Was selbstverständlich nicht der Fall war. Doch noch bevor er antworten konnte, hörte Arthur erneut.
Charles, sei kein Idiot! Bitte, komm nicht her."
Arthur war so viel stärker als er selbst. Zumindest kam es ihm gerade so vor. Gegen seinen Bruder fühlte er sich gerade ziemlich schwach. Das mochte allerdings auch daran liegen, dass ihre Rollen so verteilt waren und nicht umgekehrt.
Das ist die falsche Antwort, Kleiner! Du willst wohl unbedingt noch ein paar Körperteile verlieren", wurde Arthur angedroht und bei den Geräuschen im Hintergrund, wusste er ja nie, ob die nicht ernstmachten, ob die Arthur nicht noch mehr antaten, als ihm die Fingernägel rauszureißen.
„Hör endlich auf! Ich tu's ja!", platzte es diesmal aus ihm heraus. Er konnte die entsetzten Blicke der Anwesenden deutlich auf sich spüren. Er hatte es nicht sagen wollen, nur er ertrug es nicht länger. Egal, was die Konsequenz war, es konnte doch unmöglich schlimmer werden als das, was gerade schon passierte.
Charles, nein!", hörte er Arthur widersprechen und auch die Verzweiflung, die ihn dabei überkam. Das war der Moment, in dem er sie wohl alle enttäuschte. Arthur, Lorenzo, seine Mutter, seine Freunde. Aber er hielt es keine Sekunde länger aus.
Na, endlich kommst du zur Vernunft", wurde er großzügig gelobt. Diese widerlichen, schleimigen Worte...
Es war nicht richtig, diesem Monster zu geben, was es wollte. Das alles hier war nicht richtig. In diesem Moment fühlte er sich, wie der größte Versager auf Erden, der nicht einmal seine Familie beschützen konnte.

„Wann und wo?", fragte er, bevor irgendwer noch weiteren Prostest äußern konnte und weil er diesen Arsch von weiteren, ekelhaften Worten abhalten wollte.
Ich werde dir eine Nachricht schicken. Meine Leute werden dich dort abholen und falls dir etwas an deinem Bruder liegt, kommst du besser alleine. Wenn sie mir berichten, dass sie auch nur einen einzigen Polizisten sehen oder jemanden, den sie nicht kennen, bring ich deinen Bruder sofort um."
Die Anweisung war mehr als deutlich. Jetzt konnte er nicht mehr zurück. Konnte er schon die ganze Zeit nicht mehr.
„Geht klar", willigte er ein. Verhandeln funktionierte mit solchen Kerlen leider nicht und er wollte es nur noch hinter sich bringen.
Dein Bruder ist ja doch nicht so dumm. Schade, dass er dich so lange hat leiden lassen. Das hätte nicht sein müssen." Konnte der nicht endlich still sein? Konnte der nicht endlich aufhören, seinen Bruder so zu quälen?
Du hast ja keine Ahnung", gab Arthur dennoch trotzig zurück, gab einfach nicht auf. Es klang, als würde Arthur davon ausgehen, dass er einen Plan hatte. Wenn es doch nur so wäre. Es fühlte sich so schrecklich an, dass sein Bruder so viel mehr Vertrauen in ihn setzte, als er verdiente.
Nun gut, ich denke, wir sollten dich mal ein wenig zu Atmen kommen lassen."

Das waren die letzten Worte, die er hörte, bevor das Gespräch beendet wurde.
Er hatte keine Ahnung, was diese Kerle jetzt schon wieder mit seinem Bruder machten. Dieses Unwissen war genauso wenig auszuhalten. Wie es ihm schon mehrmals durch den Kopf geschossen war: Das alles musste endlich ein Ende haben.
Doch natürlich war keiner der Anwesenden hier erfreut über seinen mentalen Einbruch.
„Was hast du getan?", wurde er fast direkt von Lorenzo gefragt, der ihn mehr als entsetzt ansah. Dabei müsste doch gerade er es verstehen.
„Was hätte ich machen sollen? Hättest du das noch länger ertragen?", entgegnete er aufgebracht. Das konnte er nicht glauben. Ihre brüderlichen Gefühle waren ganz sicher dieselben, nur...
„Nein, ich ertrage nichts davon und nun muss ich nicht nur ertragen, was Arthur passiert, sondern auch, was dir passiert!"
Dagegen ließ sich nichts sagen. Für Lorenzo musste das doppelt schlimm sein. Gar nicht daran zu denken, wie das für ihre Mutter sein würde.
Dass Pierre und Dennis auch alles andere als begeistert waren, verstand er. Selbst Daniel machte ein Gesicht, als sei nun endgültig alles verloren. Lediglich Estebans Blick war schwer zu deuten. Er schien erstaunlich ruhig zu bleiben.

„Wenn Charles sich und uns das Leben so schwer macht, dann muss er jetzt eben besonders clever vorgehen", warf Esteban auf einmal ein.
Pierre verdrehte fast sofort die Augen. „Esteban, das ist kein Spiel!"
„Weiß ich auch. Ich sag nur, dass wir jetzt eine noch bessere Strategie brauchen."
„Bitte sag mir, dass du dich nicht selbst meinst", seufzte Pierre auf.
„Aber ihr hattet doch eben diese Idee", meinte Daniel und sah zwischen ihm und Dennis hin und her. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren und was daraus machen, bevor dieser Penner dir seine Nachricht schickt."
Mehr konnten sie dann wohl wirklich nicht tun.
Er konnte nur darauf hoffen, dass Arthur noch ein bisschen durchhalten konnte.
Wenn er doch auch nur jemanden bei sich hätte, der ihn unterstützte...

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